Marco Wittler – Der Flug zum Mond

Marco Wittler – Der Flug zum Mond
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Impressum:
Marco Wittler
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Commander Finn und seine verwegene Crew
Band 01 – Der Flug zum Mond
www.commander-finn.de
www.commander-finn.com
Verlag '366 Geschichten' Hemer
Juli 2016
Alle Rechte am Werk liegen beim Autor:
Marco Wittler
Kuhbornstraße 17
58675 Hemer
www.366geschichten.de
Umschlagbilder:
Cover – Sabrina und Marco Wittler
Erstauflage
Herstellung: createspace.com
ISBN-13: 978-1534962569
ISBN-10: 1534962565
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Wir befinden uns in einer nicht
ganz so fernen Zukunft.
Es ist das Jahr 2024. Die
amerikanische
Weltraumbehörde NASA hat sich
vor ein paar Jahren dazu
entschlossen, wieder ein eigenes
Shuttleprogramm ins Leben zu
rufen, um von den russischen
Kollegen von ROSKOSMOS unabhängiger zu werden.
Seit dem letzten Start der alten Space Shuttles sind
mittlerweile dreizehn Jahre vergangen. Daher ist es
schon etwas ganz Besonderes, sich den Flug ins Weltall
live vor Ort in Florida anzuschauen.
Diese Idee hat, neben sehr vielen Menschen von der
ganzen Welt, der vierzehnjährige Finn aus Deutschland.
Er trifft sich mit seinen vier Freunden vor Ort, um sich
das Spektakel gemeinsam mit ihren Eltern anzusehen.
Doch dann kommt alles ganz anders als geplant. Trotz
der vielen Vorbereitungen und Sicherheitsvorkehrungen
durch die NASA geht etwas schief und verändert damit
alles.
»Der Flug zum Mond« ist als Band 1 der Auftakt zu
einer neuen Science Fiction Serie für Kinder. Jeden
Monat wird ein neuer Band erscheinen und die
Abenteuer um »Commander Finn und seine verwegene
Crew« fortsetzen.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
30. Dezember 2019 – Washington D.C., USA
Im Presseraum des Weißen Hauses wartete eine große
Gruppe Journalisten und Reporter von den
verschiedensten Zeitungen und Fernsehsendern auf die
amerikanische Präsidentin. So kurz vor Jahresende hatte
sie noch einmal zu einer Pressekonferenz geladen, um
ein paar wichtige Neuigkeiten persönlich der
Öffentlichkeit mitteilen zu können.
Noch wurde viel im Raum getuschelt. Man diskutierte
darüber, um welche wichtigen Themen es wohl gehen
könne.
Ein paar Minuten später öffnete sich eine Seitentür. Ein
paar große, kräftige Männer mit schwarzen Anzügen und
passenden Sonnenbrillen kamen mit schnellen Schritten
herein und verschafften sich einen Überblick. Einer von
ihnen nickte schließlich zur Tür. Die Präsidentin kam
lächelnd herein. Die anwesenden Journalisten erhoben
sich und warteten darauf, von der wichtigsten Frau der
Welt zum Sitzen aufgefordert zu werden.
»Setzen sie sich bitte, meine Damen und Herren.«,
begann die Präsidentin nach ein paar Sekunden.
»Ich freue mich, dass sie kurz vor Silvester so
zahlreich erschienen sind. Ich hoffe, dass es sich für sich
auch lohnen wird.«
Es wurde still. Nur noch das Klicken von Knöpfen an
Fernsehkameras, Aufnahmegeräten und Fotokameras
war zu hören.
»Ich habe am heutigen Tag ein Telefonat mit dem
russischen Präsidenten geführt. Inhalt dieses Gesprächs
war die gemeinsame Arbeit in der ISS, der
internationalen Raumstation.«
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Sie machte eine kurze Pause und ordnete noch einmal
ihre Unterlagen.
»Wie sie vielleicht wissen, laufen die Verträge über die
Nutzung im Jahr 2024 aus. Es wurde also langsam Zeit,
über eine mögliche Zukunft zu reden.
Nun muss man bedenken, dass die politischen
Verhältnisse zu den Russen seit Jahren nicht mehr die
Besten sind. Man könnte sagen, dass wir ein frostiges
Klima haben.
Aus diesem Grund hat sich der russische Präsident
entschlossen, die Verträge mit uns nicht weiter zu
verlängern. Im Sommer 2024 werden sie ihre Module
von der ISS abkoppeln und damit eine eigenständige
Raumstation aufbauen.«
Im Raum entstand leises Gemurmel. Die Anwesenden
waren sich der Konsequenzen offensichtlich bewusst.
»Ohne die russischen Module sind unsere eigenen
nicht mehr nutzbar. Sie würden unkontrolliert zur Erde
stürzen und in der Atmosphäre verglühen.
Ich bin der Meinung, dass unsere Wissenschaftler auch
in Zukunft eine Möglichkeit brauchen, ihre Forschungen
im Weltall fortzusetzen. Außerdem müssen wir
verhindern, dass sich die Russen uns gegenüber einen
Vorsprung erarbeiten. Unser Ziel ist noch immer die
erste bemannte Reise zum Mars. Ohne eigene
Raumstation wird das nicht möglich sein.
Aus diesem Grund habe ich vor einer Stunde mit
Vertretern der europäischen Weltraumorganisation ESA
gesprochen. Wir werden mit unseren ISS Modulen eine
neue Raumstation aufbauen, die ISS 2.«
Die Präsidentin machte wieder eine Pause und sah in
die Runde, bis die erste Frage gestellt wurde.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Frank Miller, New York Times. Wie sollen die neuen
Module ins All gebracht werden? Noch immer machen
das die Russen für uns. Ich gehe davon aus, dass sie,
trotz der hohen Einnahmen durch uns, dies bald nicht
mehr machen werden.«
»Sie haben Recht. Mit Auslaufen des Vertrags werden
auch die Transporte eingestellt.«
Sie seufzte.
»Schon seit Ende des Space Shuttle Programms zur
Jahrtausendwende haben wir eng mit Privatunternehmen
zusammen gearbeitet. Wie sie wissen, gab es schon
diverse Auftragsvergaben, um neue Shuttles und
Raumschiffe zu entwickeln, die unsere Astronauten und
Ausrüstungen ins All bringen sollten. Doch bisher ohne
größeren Erfolg. Noch immer gibt es viele Probleme,
regelmäßige Unfälle.
Wir werden in Zukunft auf diese Unternehmen
verzichten. Es hat sich gezeigt, dass wir diesem Weg
nicht vertrauen können. Ab sofort kümmern sich wieder
die Ingenieure der NASA allein darum.
Spätestens im Jahr 2024 werden wir in Eigenarbeit
neue Module für unsere Raumstation ins All bringen. Ein
entsprechender, finanzieller Etat wurde bereits in den
Haushalt eingebracht und entwickelt.
Am Ende dieser Pressekonferenz werden meine
Mitarbeiter entsprechende Unterlagen an sie verteilen.«
Sie sah noch einmal in die Runde.
»Noch Fragen? Keine? Dann bedanke ich mich für ihr
Kommen und ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche ihnen
noch einen guten Start ins nächste Jahr.«
Damit verabschiedete sich die Präsidentin und verließ
den Raum wieder durch die Seitentür, während die
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Journalisten bereits an ihren Handys hingen und die
Neuigkeiten in die Welt hinaus trugen.
4. Juli 2023 – Cape Canavaral, Florida, USA
Im
Pressegebäude
der
amerikanischen
Weltraumbehörde NASA saßen der Leiter der NASA,
General Haze, fünf Wissenschaftler und sechs
Astronauten hinter einem langen Tisch.
Ihnen gegenüber Journalisten aus aller Welt, die auf die
Präsentation des neuen Weltraumshuttles warteten. In
den letzten zweieinhalb Jahren war nichts nach außen
gedrungen. Die Geheimhaltung des Projekts war perfekt
gelaufen. Aber nun war es endlich so weit.
»Herzlich Willkommen, meine Damen und Herren.«,
begrüßte General Haze die geladenen Gäste.
»Schön, dass sie den Weg nach Florida gefunden haben
und dem derzeitig sehr schwülen Wetter trotzen.«
Er grinste wie ein kleiner Lausbub.
»Heute werden wir endlich das Geheimnis um die
Zukunft der amerikanischen und europäischen
Weltraumforschung lüften. Heute stellen wir ihnen und
der restlichen Welt unser neues Shuttleprogramm vor.
Ja, sie haben richtig gehört. Wir setzen unsere
Hoffnungenwieder auf Shuttles. Die Nutzung von
Einwegraketen erschien uns nicht mehr Zeitgemäß. Wir
wollen die Natur und den erdnahen Weltraum so wenig
wie möglich mit unserem Müll belasten.«
Auf einen Knopfdruck des Generals öffnete sich hinter
ihm ein roter Vorhang, der nun die Sicht auf eine große
Leinwand frei gab.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Die Maggellan. Unser neues Shuttle. Vor einem
Monat haben es unsere Ingenieure fertig gestellt. Es ist
ab sofort einsatzfähig.«
Tosender Applaus brandete dem General entgegen,
während eine Computersimulation zeigte, wie das
Shuttle über die Startbahn raste und sich in die Lüfte
erhob.
»Wie sie sehen, braucht unser Shuttle keine
Raketenbooster mehr. Er startet von allein wie ein
normales Flugzeug. Das verdanken wir den neuartigen
magnetoplasmadynamischen Antrieb. Labortests haben
eine Gasaustrittgeschwindigkeit von rund vierzig
Kilometern in der Sekunde ergeben. Wie sich das auf
unser Shuttle auswirkt, werden dann die Tests der
nächsten Monate ergeben.
Zunächst werden wir das Shuttle unbemannt in die
Luft bringen. Gesteuert wird es dann vom
Kontrollzentrum in Houston. Wenn die ersten Tests
abgeschlossen sind und wir sicher sein können, dass
unseren Männern nichts passiert, wird es die ersten
bemannten Flüge geben.
Am Ende steht dann der erste Start in den Weltraum,
der medienwirksam in die ganze Welt ausgestrahlt
werden soll. Die Planungen sehen dafür ...«
Er sah noch einmal in seinen Unterlagen nach, bevor er
weiter sprach.
»den kommenden Sommer vor. In einem Jahr also
haben wir wieder ein eigenes Raumfahrtprogramm. Von
da an ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir die
ersten Männer auf den Mars bringen.«
Die anwesenden Journalisten stimmten einen tosenden
Applaus an. So viel Begeisterung hatte es seit der
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Ankündigung durch Präsident Kennedy in den Sechziger
Jahren nicht mehr gegeben. Damals war der
Weltbevölkerung versprochen worden, den ersten
Menschen auf den Mond zu schießen.
»Und diese Männer ...«, fuhr General Haze nun fort,
»sind unsere sechs Astronauten, die die Testflüge und im
nächsten Jahr den Flug zum Mond vornehmen werden.«
Eine Stunde später standen sie alle gemeinsam auf dem
neuen Rollfeld, dass in den letzten zwei Jahren gebaut
worden war. Dort stand nun das neue Shuttle Maggellan.
Es war großzügig mit amerikanischen Fähnchen und
Wimpeln geschmückt worden. Das einzige, was bisher
fehlte, war der Name.
»Warum trägt das Shuttle noch keinen Namen, obwohl
es schon einen bekommen hat?«, wollte ein Journalist
wissen.
Der General drehte sich überrascht um.
»Stimmt. Der Name fehlt. Offensichtlich von den
Technikern vergessen worden. Aber das wird noch vor
dem ersten Testflug nachgeholt, das kann ich ihnen
versichern.«, erklärte er mit einem breiten Grinsen.
20. Juli 2024 – in einer kleinen Stadt im Sauerland
»Los, Papa. Beeil dich. Das Flugzeug fliegt sonst ohne
uns ab. Dann werden wir alles verpassen. Und das werde
ich dir nie verzeihen.«
Finn klopfte immer wieder gegen die Tür der Toilette.
Aber von drinnen bekam er nur ein leises Stöhnen als
Antwort.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Musst du gerade jetzt Durchfall bekommen? Kannst
du das nicht irgendwie auf nächste Woche verschieben?
Du weißt doch, wie wichtig mir das ist.«
Finn zog das zerknitterte Foto aus der Hosentasche,
das er nun schon seit fünf Monaten tagtäglich mit sich
herum trug und es immer wieder ansah.
»Das Shuttle wird nicht auf uns warten. Es hebt auch
ohne uns ab. So wichtig sind wir nicht.«
Auf dem Foto war das brandneue Shuttle der NASA
abgebildet. Die amerikanische Weltraumbehörde hatte es
vor einem Jahr vorgestellt und seitdem nur ein paar
Testflüge innerhalb der Erdatmosphäre unternommen.
Aber in zwei Tagen war der erste richtige Flug ins All
geplant. Dann sollten sechs amerikanische Astronauten
zur Internationalen Raumstation ISS fliegen, um den
Neuanfang als ISS 2 in die Wege zu leiten.
Finn hatte die letzten zwölf Monate Tag und Nacht
davon geträumt, bei diesem besonderen Ereignis dabei
zu sein. Ein halbes Jahr hatte er gebraucht, um seine
Eltern von dieser Idee zu überzeugen. Und nun stand der
Flug nach Amerika kurz bevor.
»Papa, nun mach schon. So einen Start erlebt man nur
ein einziges Mal im Leben. Ich will beim ersten Mal
dabei sein und es mir anschauen.«
Wieder erklang das Stöhnen. Dann war das Reißen des
Toilettenpapiers zu hören, gefolgt von der Spülung.
»Vergiss nicht, dir die Hände zu waschen, da sind jetzt
ganz viele Bakterien dran. Du willst schließlich
niemanden anstecken.«
Die Hände wurden ausgiebig gewaschen. Nach etwa
einer Minute kam Papa heraus und atmete tief durch.
»Du siehst ja schrecklich aus.«
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Finn dachte kurz nach. Aber dann verwarf er seinen
Gedanken sofort wieder.
»Normalerweise würde ich dir ja anbieten, dass wir zu
Hause bleiben und du dich im Bett erholen kannst. Aber
in diesem Fall machen wir wohl lieber eine Ausnahme
und sehen zu, dass wir rechtzeitig am Flughafen sind.
Heute kann ich einfach keine Rücksicht auf dich
nehmen.«
Papa seufzte und ging in die Küche. Warum musste er
ausgerechnet diese Woche das Opfer eins Magen-DarmInfekts werden, der schon seit einiger Zeit in
Deutschland wütete.
»Ist schon in Ordnung. Versprochen ist versprochen.
Außerdem kann ich so kurz vor dem Flug die Tickets
nicht mehr zurückgeben. Ich nehme eine Tablette und
hoffe, dass es mir dann in ein paar Stunden wieder
besser geht.«
Draußen auf der Straße hupte ein cremefarbenes
Fahrzeug.
»Nimm die Tablette unterwegs. Das Taxi ist da.«
Papa steckte seine Medikamente in die Hosentasche,
griff nach dem Koffer und verließ mit seinem Sohn das
Haus.
»Dann muss ich Mama eine WhatsApp schicken. Ihr
jetzt noch einen Zettel zu schreiben wird zu knapp.«
Er schloss die Haustür ab und nahm auf dem Vordersitz
Platz.
»Es geht zum Flughafen Düsseldorf.«, gab er die
Anweisung an den Fahrer, bevor er endlich seine
Tablette nehmen konnte. Er würgte sie trocken den Hals
hinunter, da er in der Eile seine Wasserflasche auf dem
Küchentisch vergessen hatte.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Bäh, ohne Getränk schmeckt sie doppelt so
widerlich.«
Das Taxi setzte sich in Bewegung. Würden sie den
ersten Flieger zum großen Flughafen in Frankfurt am
Main noch erreichen?
Der Taxifahrer gab jedenfalls ordentlich Gas und flog
regelrecht um die Kurven.
20. Juli 2024 – Cape Canavaral, Florida, USA
In der Shuttlehalle herrschte reges Treiben. Überall
liefen Techniker und Ingenieure hin und her. Sie alle
waren damit beschäftigt, den ersten amerikanischen Start
ins All seit dreizehn Jahren vorzubereiten. Über allem
wachte General Haze von seinem Büro aus, damit der
Zeitplan eingehalten werden konnte.
»Major Tomlins, kommen sie umgehend in mein Büro.
Wir müssen den Ablauf noch einmal durchgehen.«
Er ließ den Knopf der Gegensprechanlage los. Nur
Sekunden später stand der Major im Türrahmen des
Büros und salutierte.
»Nehmen sie die Hand runter, Tomlins. Wir haben jetzt
Wichtigeres zu erledigen.«
Tomlins setzte sich in einen der zwei Ledersessel, die
vor dem großen Eichenschreibtisch standen, öffnete eine
Ledermappe und holte ein paar Zettel hervor.
»Wir sind dem Zeitplan um ein paar Stunden voraus,
Sir. Die Vorbereitungen werden gegen Abend
abgeschlossen sein. Unsere Leute werden also nicht, wie
geplant, die Nacht durcharbeiten müssen. Morgen früh
werden dann die beiden Shuttles aus der Halle befördert.
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Das Testschiff wird in den Museumsblock überführt,
während das neue Schiff zur Startbahn transportiert
wird.«
Haze nickte zufrieden. Er liebte es, wenn alles
funktionierte. Der erste Flug ins All seit so langer Zeit.
Es sollte der Höhepunkt seiner Karriere werden.
»In Ordnung, Major. Sobald unsere Leute fertig sind,
sollen sie sich in die Betten hauen, noch einmal eine
Mütze voll Schlaf nehmen und sich gründlich auf
Morgen vorbereiten. Die Ingenieure sollen noch einmal
alle Testroutinen durchlaufen lassen. Wir dürfen uns
keinen Fehler erlauben. Die ganze Welt schaut uns auf
die Finger. Vor allem die Russen sind neugierig auf
unseren derzeitigen Stand der Technik. Ich bin schon
sehr gespannt, ob ihnen die Augen aus den Höhlen
fallen, wenn sie bemerken, dass wir ein paar große
Überraschungen eingeplant haben, mit denen niemand
rechnet.«
Tomlins nickte. Er stand auf und salutierte noch ein
weiteres Mal, bevor er wieder verschwand, um die
erteilten Befehle weiter zu geben.
Der General seufzte.
»Der Junge wird es nie lernen, etwas lockerer zu
werden.«
Drei Stunden später waren die Vorbereitungen im
Shuttlehangar beendet. Der Dienst habende Ingenieur
sah sich noch einmal um. Zufrieden ließ er seinen Blick
über die beiden Shuttles gleiten.
»Das ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Wir
schicken endlich wieder Astronauten ins All und ich darf
bei diesem großen Projekt dabei sein.«
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Er grinste wie ein kleines Kind, dem man gerade ein
neues Spielzeug geschenkt hatte. Doch nur einen
Moment später verschwand das Lächeln wieder.
»Oh, nein. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Wie
konnten diese Idioten das nur vergessen.«
Er zog sofort ein Funkgerät aus der Tasche.
»Meyers an technische Abteilung. In der Shuttlehalle
wurde schlampig gearbeitet. Auf den Raumschiffen
fehlen noch immer die Namen. Wie kann man so etwas
nur übersehen? Und das ein ganzes Jahr lang? Wie oft
soll ich noch darauf hinweisen? Das muss heute Nacht
noch erledigt werden.«
Die Techniker entschuldigten sich sofort für ihren
Fehler. Der Stress der letzten Monate hatte sie für diese
Kleinigkeiten vergesslich werden lassen.
»Der General wird uns allen den Kopf abreißen, wenn
irgendwo etwas nicht nach Plan läuft.«
Meyers beendete die Verbindung und schüttelte den
Kopf.
»Wenn man sich nicht um alles selbst kümmert.«
Dann verließ er die Halle, setzte sich in seinen Wagen
und fuhr gähnend in seine Unterkunft.
20. Juli 2024 – Flughafen Frankfurt / Main
»Papa, ich will ja nicht drängeln, aber das war gerade
schon der dritte Aufruf, dass wir unser Flugzeug
besteigen sollen. Hast du nicht schon im ersten Flugzeug
lange genug auf der Toilette gesessen? Ich will jetzt nach
Amerika fliegen. Das ist super wichtig.«
Finn konnte nur noch den Kopf schütteln. So viel
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Durchfall konnte doch ein einzelner Mensch nicht
haben. Irgendwann mussten doch Magen und Darm
völlig leer sein.
»Wenn es sein muss, fliege ich auch ohne dich.«
Doch dann kam Papa aus der Toilette. Er stöhnte noch
immer und hielt sich den Bauch.
»Geht schon irgendwie. Ich schaff das schon. Wenn
doch bloß endlich die Tabletten wirken würden.«
Sie mühten sich den Gang hinunter, bis sie vor einer
lächelnden Stewardess standen, die nach den Tickets
fragte.
»Vielen Dank, die Herren. Wenn sie mir die
Bemerkung gestatten, es wurde Zeit, dass sie kommen.
Sie sind die letzten Passagiere, auf die wir noch gewartet
haben. In etwa drei Minuten wären wir sonst ohne sie
abgeflogen.«
Papa entschuldigte sich für die Verspätung und
schlurfte dann die Gangway hinunter.
»Ich wünsche ihnen noch einen angenehmen Flug.«
Finn verdrehte die Augen, denn er konnte sich lebhaft
vorstellen, wie viel Flugzeit er allein verbringen würde.
»Zum Glück sitzen wir in der Nähe der Toiletten. Dann
musst du nicht zu weit laufen, wenn es wieder los geht.«
Papa kniff die Augen zusammen und drückte seinem
Sohn die Tickets in die Hand.
»Ich glaub, es ist schon wieder so weit.«
Dann stürmte er ins Flugzeug und verschwand hinter
einer Tür, auf der ganz groß ›WC‹ geschrieben stand.
»Das kann ja ein toller Urlaub werden. Ich hoffe nur,
dass er mir nicht den Shuttlestart vermasselt.
Finn begab sich zu seinem Platz. Davor und dahinter
blickte er in die Gesichter weiterer Kinder.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Stargirl?«, fragte er unsicher.
Das Mädchen mit den langen, blonden Haaren begann
zu lächeln.
»Dann musst du wohl Rover sein.«
Finn nickte verlegen, als er sich setzte und sich die
anderen Kinder vorstellen ließ.
»Da haben wir noch Sun, Mars Explorer und Saturn 5.
Mit dir wäre dann der Clan komplett an Bord.«
Finn grinste. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Seine
Freunde, die er über ein Internetforum kennengelernt
hatte, waren mit ihm auf dem Weg nach Amerika. Die
Weltraum verrückten Kids trafen sich hier das erste Mal
und würden sich gemeinsam den Start des neuen
Shuttles anschauen.
»Dann kann ja nichts mehr schief gehen.«
Doch genau in diesem Moment hörte er einen Mann in
dunkler Uniform, der immer wieder mit der Faust gegen
die Toilettentür klopfte.
»Hören sie? Kommen sie sofort da raus. Sollten sie da
drin Waffen oder Drogen mit sich führen, dann haben
wir zwei gleich ein großen Problem.«
Finn erschrak.
»Entschuldigt mich, Leute. Ich muss meinem Vater
helfen, sonst fliegt er gleich als Terrorverdächtiger aus
dem Flieger. Dabei hat er nur ständig Durchfall.«
21. Juli 2024 – Cape Canavaral, Florida, USA
Die Tore der großen Halle öffneten sich. Die
aufgehende Sonne warf ihre ersten Strahlen in das Innere
des Gebäudes und streifte dabei sanft über die weiße
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Lackierung der beiden Raumfähren.
»Da stehen sie, Mrs. President.«, wurden sie von
General Haze stolz präsentiert.
»Shuttle Magellan wird in etwa einer halben Stunde
zum Museumsblock gebracht. Dort können dann die
Schaulustigen das erste Mal einen Blick hinein werfen
und schauen, womit unsere Astronauten heute Abend ins
All starten.«
Sie sahen zur anderen Seite.
»Das eigentliche Shuttle wird dreißig Minuten später
den Weg zur Startbahn beginnen.«
Die Präsidentin nickte zufrieden.
»Und sonst läuft alles nach Plan?«
Der General sah auf eine Liste.
»Der Countdown läuft. Die Fernsehteams stehen
bereit. Der Start wird in einhundertzweiundsiebzig
Länder übertragen. Die ersten Zuschauer haben sich
auch schon auf den Tribünen und an den Zäunen
eingefunden. Ich kann ihnen versichern, dass alles so
läuft, wie wir es besprochen haben. In zehn Stunden
brechen für unser Land neue Zeiten an. Der Reise ins All
und später zum Mars steht nichts mehr im Wege.«
»Und die besprochenen Extras sind noch nicht nach
außen gedrungen?«
»Nein. Die absolute Geheimhaltung hat funktioniert.
Die Russen werden vor Neid platzen. Erst während der
Pressekonferenz werden wir die Karten offen legen.«
Die Präsidentin war sichtlich zufrieden. Sie ließ sich
mit einer schwarzen Limousine zu einem speziellen
Gebäude bringen. Von dort aus würde sie den besten
Ausblick zur Startbahn haben.
Währenddessen ging Haze noch einmal alles durch.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Dann sah er sich ein letztes Mal die beiden Shuttles an.
Irgendwas kam ihm seltsam vor. Stimmte da vielleicht
etwas nicht?
»Ist sicher nur ein falsches Gefühl. Ich bin
überarbeitet, angespannt und müde. Wird wohl Zeit für
einen großen Pott schwarzen Kaffee.«
Eine Stunde später saß General noch einmal vor er
Presse. Dieses Mal allerdings allein mit seinem
Adjutanten Major Tomlins.
»Herzlich Willkommen zur letzten Pressekonferenz
vor dem Start unseres Shuttles. Ich hätte gern noch die
Präsidenten zur einen Seite gehabt und unsere
Astronauten zur anderen. Aber die Präsidentin befindet
sich bereits in ihrem Beobachtungsraum und die
Astronauten, wie sie sich vielleicht denken können,
sitzen bereits im Shuttle bereit.«
General Haze machte eine kurze Pause und wartete, bis
die Journalisten ihre Notizen gemacht hatten.
»Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich ihnen
eine paar Überraschungen verkünden darf.
Nummer Eins betrifft den Namen des Shuttles. Wir
haben über unsere Profile in den sozialen Medien sehr
viele Vorschläge bekommen, wie es benannt werden soll.
Die drei meist genannten Namen kamen in die engere
Wahl. Wir haben uns gegen 'Enterprise' entschieden.
Schon das allererste Space Shuttle ist nach dem
Raumschiff der bekannten Fernsehserie der Sechziger
Jahre benannt worden. Ich glaube, wir alle sind der
Meinung, dass zu viele Wiederholungen irgendwann
langweilig werden.
Der zweite Vorschlag lautete 'Millenium Falcon'. Aber
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
da unser Shuttle das Kessel-Rennen nicht in weniger als
zwölf Parsec schaffte, kam uns diese Benennung
ziemlich vermessen vor.
Am Ende blieb schließlich eine Idee, die mit unserer
eigenen Raumfahrtgeschichte zu tun hat. Der erste
Mann, der von der NASA zum Mond geschickt wurde,
der erste, der jemals seinen Fuß in den Mondstaub
gesetzt hat, war Neil Alden Armstrong. Ihm zu Ehren
soll vom heutigen Tag an unser neues Weltraumshuttle
den Namen Armstrong tragen.«
Auf großen Leinwänden wurde das Bild des Shuttles
überall hin übertragen. Im Presseraum, im
Museumsblock und vor den Zuschauertribünen konnte
man nun miterleben, wie ein Techniker eine weiße
Klebefolie von der Außenhülle des Shuttles abzog und
damit den Namen 'ARMSTRONG' freilegte.
Tosender Applaus war überall zu hören. Erst als dieser
abebbte sprach General Haze weiter.
Die zweite Überraschung ist eine viel größere.
Angekündigt war, dass die Armstrong die vierhundert
Kilometer zur ISS fliegen wird, um dort die Abspaltung
von den russischen Modulen vorzubereiten. Diese
Mission wurde auch geplant, allerdings anders
terminiert. Sie wird in einem Monat stattfinden.
Stattdessen befindet sich das heutige Ziel rund
eintausend Mal so weit von der Erde entfernt. Unsere
Astronauten werden nach zweiundfünfzig Jahren endlich
wieder auf dem Mond landen.«
Den anwesenden Journalisten stockte der Atem. Für
ein paar Sekunden war es absolut still. Doch dann
brachen sie in lauten Jubel aus. Lediglich ihre russischen
Kollegen blieben still.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Ja, sie haben richtig gehört. Wir landen wieder auf
dem Mond. Bei unserer Mission geht es darum, zu
testen, wie schnell unser Shuttle mit seinem neuen
Antrieb am Ziel ankommt, wie gut Landung und
Neustart funktionieren. Damit werden wir erneut
Geschichte schreiben.
Und nun warten wir darauf, dass es los geht.«
Die deutsche Besuchergruppe war nach einem langen
Flug im Museumsblock angekommen und hatte dort die
Pressekonferenz mit Freude und Erstaunen verfolgt. Finn
hatte alle seine Freunde und deren Mütter, Väter oder
Eltern bei sich. Nur sein eigener Vater stürmte ständig
davon. So war es auch in dem Moment, als sie endlich
das Testshuttle betreten durften.
»Tut mir leid, Kleiner. Geh ohne mich. Ich muss schon
wieder zur Toilette.«
Er hielt sich beide Hände auf den Bauch und stürmte
davon. Finn konnte nur den Kopf schütteln und seufzte.
»Ach, wisst ihr was, Kinder? Dann bleiben wir auch
hier draußen und schauen uns das Schmuckstück mit der
nächsten Gruppe an. Es wäre doch bestimmt eine tolle
Sache, wenn ihr allein als Team dort rein gehen könntet,
oder?«
Der Vater von Emma, die im Internet alle nur als
Stargirl kannten, sprach das aus, was sich alle erhofft
hatten.
»Also, alles an Bord.«, rief Finn grinsend und stürmte
die Treppe hinauf.
Beinahe hätten sie nicht an Bord gehen dürfen. In der
Zugangsschleuse stand ein grimmig schauender Soldat,
der die Kinder erst einmal zur Ruhe zwang. Sie mussten
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
langsam gehen und durften nicht zu laut reden. Doch
damit konnten sie abfinden. Er ließ sie passieren.
»Ist das nicht irre? Wir stehen tatsächlich in einem
waschechten Raumschiff.«, staunte Finn.
»Ich meine, ich bin gerade vierzehn Jahre alt und darf
mich zumindest hier drin umschauen. Wer kann das
schon von sich behaupten?«
»Raumschiff?«, fragte Emma erstaunt.
»Das Ding war doch nur in der Atmosphäre. Wer weiß,
ob es überhaupt luftdicht ist und Hitzeschutzkacheln
besitzt. Das war doch nur der Testflieger.«
Doch Finn wusste es besser.
»Nein, nein. Habt ihr denn nicht die ganzen Berichte
gelesen, die ich im Forum geschrieben habe? Die beiden
Schiffe gleichen sich von vorn bis hinten. Sie sind
absolut
identisch.
Lediglich
die
Computerprogrammierung ist anders. Es wird sogar
darüber nachgedacht, die Magellan später auch noch ins
All zu schicken.«
»Das ist vollkommen richtig.«, mischte sich der Soldat
in gebrochenem Deutsch ein.
»Die Kosten für die Shuttles sind zu hoch, um die
Magellan hier stehen zu lassen. Sobald wir zwei
Raumschiffe brauchen, wird es umprogrammiert und
kann ins All starten.«
Er lächelte nun das erste Mal. Er hatte nicht erwartet,
dass diese Kinder bereits so viel über das Schiff wussten.
»Und nun nehmt in den Stühlen Platz. Wir starten die
Simulation.«
Er schloss das Zugangsschott. Finn und seine Freunde
setzten sich in die gemütlichen Sitze, schnallten sich an
und warteten darauf, dass auf den Monitoren der
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Countdown beginnen würde. Es dauerte nicht lange, da
wurden ein paar Zahlen eingeblendet und überall
leuchteten unzählige bunte Bedienpulte, Touchscreens
und Knöpfe auf.
»Wahnsinn.«, hörte man aus fünf Mündern flüstern.
Die Kinder staunten Bauklötze, so begeistert waren sie
von diesem einmaligen Augenblick. Dann ertönte eine
Signal aus Finns Handy.
»Du meine Güte. Wir verpassen ja alles.«
Er wurde plötzlich hektisch, als er einen Blick auf das
Display geworfen hatte. Es sollte nur noch eine Minute
dauern, bis die Armstrong ihren ersten Start absolvieren
sollte.
»Wir müssen hier raus. Sofort!«
Er schnallte sich ab. Seine Freunde taten es ihm gleich.
Sie stürmten zum Schott und hätten fast den Soldaten
umgerempelt.
»Wir müssen aussteigen. Wir wollen den Start sehen.«
Der Soldat nickte. Er legte seine Hand auf ein
Bedienfeld und tippte einen Code ein. Das Schott blieb
allerdings verschlossen.
»What?«
Er war verwirrt und sprach nun englisch.
»Sitzen wir hier fest?«, wollte Emma wissen und
drehte sich entsetzt im Kreis, in der Hoffnung, dass es
einen Notausgang geben würde. Den gab es allerdings
nicht.
»Irgendwas stimmt da nicht.«, murmelte General Haze
immer noch vor sich hin.
Er konnte nicht sagen, was es war. Aber in seinem
Magen fühlte sich etwas schrecklich falsch an.
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
»Wenn ich nur wüsste, was es ist.«
»Alles in Ordnung, General?«, fragte die Präsidentin,
der er mittlerweile Gesellschaft leistete und wandte ihren
Blick kurz von der Startbahn ab.
»Oh, sicher, natürlich. Es könnte nicht besser sein.«
Die Präsidentin sah wieder zum Shuttle zurück und
grinste über das ganze Gesicht.
»Ich bin auf ihre letzte Überraschung gespannt. Sind
sie sicher, dass die Geheimdienste unserer russischen
Freunde nichts darüber in Erfahrung gebracht haben?«
Haze schüttelte den Kopf. Er hatte die
Sicherheitseinheiten selbst geleitet und die höchsten
Standards eingeführt. Es konnte unmöglich etwas nach
draußen durchgesickert sein.
»Die Öffentlichkeit weiß mittlerweile, dass wir einen
magnetoplasmadynamischen Antrieb benutzen, um das
Shuttle selbstständig ins All zu bringen. Aber da gibt es
etwas, von dem nur wenig eingeweihte wissen.«
Die Präsidentin zog die Augenbrauen hoch und bekam
einen ernsten Gesichtsausdruck.
»Sie haben Geheimnisse vor mir? Das möchte ich
nicht noch einmal hören. Also, um was handelt es sich?«
Der General wurde nervös. Eigentlich hatte er das
Geheimnis für sich behalten wollen, nun war es ihm aber
doch heraus gerutscht.
»Nun ja, es handelt sich um den Startvorgang. Wir
benutzen eine Art Energiefeld. Es ist in der Lage unser
Shuttle in die Luft zu heben. Senkrecht nach oben.
Unsere Wissenschaftler haben es durch Zufall entdeckt
und können die Funktion selbst nicht genau beschreiben
oder definieren. Es sieht wohl so aus, dass es die
Schwerkraft in seinem Inneren aufhebt. Dadurch bringen
25
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
wir die Armstrong geräuschlos ins All. Man sieht nicht
einmal etwas davon. Es ist physikalisch eigentlich
unmöglich, aber es funktioniert trotzdem. Unseren
russischen Freunden werden die Augen aus den Köpfen
fallen, wenn sie nicht erkennen können, um was für
einen Antrieb es sich bei uns handelt. Es wird keine
Flammen geben, keine Zündung. Es wird aussehen, als
würde die Armstrong von Geisterhand angehoben.
Zusätzlich spüren unsere Astronauten nichts vom Start.
Das Shuttle kann also sehr hoch beschleunigen, ohne die
Männer im Inner zu gefährden.«
Nun war Haze von Stolz erfüllt. Nur zu gern hätte er
noch viel mehr erzählt, aber nun stand der Start kurz
bevor.
»Zwanzig!«, sagte eine Stimme, die aus einem kleinen
Lauchtsprecher ertönte.«
»Jetzt wird der bordinterne Computer von der
Bodenkontrolle abgekoppelt. Das Shuttle übernimmt alle
Funktionen. Unsere Astronauten übernehmen also
sämtliche Kontrollen. Wir sind nur noch Zuschauer.
Dadurch haben wir auch die Möglichkeit, das Shuttle auf
der dunklen Seite des Mondes zu landen oder auch auf
dem Mars.«
»Zehn!«
»Jetzt aktiviert sich das Energiefeld.«
»Sieben!«
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Russen jetzt schon
nervös werden, weil nirgendwo etwas zu sehen ist.«
»Zwei!«
Der General begann zu schwitzen, da ihm nun wieder
sein ungutes Gefühl in den Kopf kam.
»ABRECHEN!«, rief er entsetzt.
26
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
»Eins!«
»DEN START SOFORT ABBRECHEN!«
»Null! Zündung!«
Die Zuschauer auf den Tribünen und an den Zäunen
hielten den Atem an. Aber dann geschah nichts. Das
Shuttle blieb an Ort und Stelle. Es bewegte sich keinen
einzigen Zentimeter. Irgendwas war schief gelaufen.
Doch dann passierte etwas völlig Unvorhergesehenes.
Im Museumsblock begannen Menschen zu schreien. Sie
rannten durcheinander, sich gegenseitig um und
versuchten, irgendwo Schutz zu finden.
»Was geht hier vor, General?«
Die Präsidentin fuhr herum und sah sich verwirrt um.
Die Armstrong stand noch immer an ihrem Platz. Das
Publikum auf den Tribünen wurde ungeduldig und nun
schien auch noch im Museum ein Tumult auszubrechen.
»Das ist alles ein Fehler, ein großes Missverständnis.
Ich habe versäumt, die letzten Vorbereitungen zu
kontrollieren. Ich ...«
Haze stammelte nur noch vor sich hin, bevor er
langsam seine Mütze vom Kopf nahm.
»Mrs. President, ich weiß, dass eine Entschuldigung
dafür nicht ausreicht, daher muss ich mit sofortiger
Wirkung von meinem Dienst zurücktreten.«
»Reden sie keinen Blödsinn, Mann. Was passiert
hier?«
Und dann konnten sie es alle sehen. Während die
Armstrong noch immer auf dem Boden stand und sich
nicht vom Fleck bewegen wollte, startete im
Museumsblock die Magellan Richtung Weltraum.
27
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Die … Techniker haben in der Nacht … die falschen
Namen … auf die Shuttles gepinselt. Sie wurden …
vertauscht.«
Haze brach in sich zusammen. Er erlitt einen
Schwächeanfall, während das Gesicht der Präsidentin rot
wie ein gekochter Krebs wurde.
»Sie verdammter Idiot.«, brüllte sie und verließ in
schnellem Schritt den Beobachtungsraum.
»Ich brauche sofort meine Berater. Notfallsitzung!«
Plötzlich spielten die Kontrollen verrückt. Es schien,
als würde die Magellan zum Leben erwachen. Sie bebte
leicht.
»Zwanzig!«, sprach eine Computerstimme.
»Das glaub ich jetzt nicht.«, war Finns unsichere
Stimme zu hören.
»Ist das immer noch Teil der Simulation?«, fragte er
den Soldaten, der gerade blass wurde.
»No … äh, nein.«
Finn drehte sich zu seinen Freunden um. Er wusste
nicht, ob er weinen, lachen, in Panik verfallen oder
hysterisch werden sollte.
»Zehn!«
»Leute, ich bin mir nicht sicher, ob ich euch das gerne
sagen will oder nicht, aber wir sind hier nicht an Bord
der Magellan.«
Sie sahen ihn verwirrt an. Sie hatten ihn zwar
verstanden, wollten aber nicht glauben, was sie da
hörten.
»Fünf!«
»Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht. Es muss
eine Verwechslung stattgefunden haben. Wir sind hier an
28
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Bord der Armstrong und werden gleich abheben.«
»Eins! … Null! Zündung!«
Tatsächlich bewegte sich das Shuttle langsam aufwärts.
Zuerst waren es nur wenige Zentimeter. Doch dann
wurde es immer schneller. Sekunden später brach es
durch das Dach des Museums.
»Verdammt. Und mein Vater sitzt auf der Toilette und
bekommt das mal wieder nicht mit. Das wäre
unglaublich cool, wenn er das mit seinem Handy filmen
würde.«
Finns Vater trat gerade wieder auf den Flur, als er den
Countdown hörte.
»Zehn!«
Er warf einen Blick auf die Uhr, dann auf die
Megallan. Das Zugangsschott war noch immer
verschlossen.
»Oh, nein. Die Kids sitzen jetzt da drin und verpassen
den Start. Und dabei sind wir extra so weit dafür gereist.
Das ist doch ein blöder Zufall.«
»Zwei!«
Plötzlich spürte er ein seltsames Kribbeln auf der Haut.
»Eins!«
Vorsichtig tippte er mit dem Finger an die Wand,
bekam aber keinen elektrischen Schlag.
»Aufgeladen bin ich nicht. Wo kommt das bloß her?«
»Null! Zündung!«
Finns Vater hatte die anderen Eltern erreicht und
gesellte sich wieder zu ihnen, als sich das Shuttle
langsam erhob.
»Was zum Teufel ...«
Die Menschen begannen zu schreien. Sie liefen hin
29
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
und her, suchten vergeblich nach Schutz.
»Weg hier!«, rief Emmas Vater.
Da brach das Raumschiff auch schon durch das Dach
und flog davon.
21. Juli 2024 – An Bord des Shuttles Armstrong
Panik brach aus. Nicht bei den Kindern, dafür aber bei
ihrem unfreiwilligen Begleiter. Major Emmerson war
kreidebleich im Gesicht geworden. Er versuchte Luft zu
holen, aber das gelang ihm nur schwer.
»Wir müssen etwas unternehmen. Wir müssen den
Start abbrechen.«, rief Finn und setzte sich in den Sitz
des Kommandanten.
»Die Station in Houston hat ja keine Möglichkeit mehr,
in die Steuerung einzugreifen. Das wird alles vom
Bordcomputer gemacht. Sie können nur noch
beobachten.«
Emmersons Angst steigerte sich weiter. Er stürmte
zwischen die Kinder und begann zu schreien.
»Don't touch anything. You're no authorized to do
something like this.«
Verwirrt sahen sie ihn an. Das schien den
amerikanischen Soldaten etwas zu beruhigen. Er atmete
tief durch, bevor er alles noch einmal in deutscher
Sprache wiederholte.
»Sorry. Nichts anfassen. Ihr dürft das nicht. Ihr seid
dazu nicht ausgebildet.«
Emma musste lachen, als sie das hörte.
»Hey, Mann. Dann setzen sie sich hier hin und bringen
sie uns wieder zurück zur Erde. Das Shuttle ist nämlich
30
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
darauf programmiert auf schnellstem Wege zum Mond
zu fliegen. Und wie es aussieht, war nicht unbedingt
vorgesehen, dass wir die ersten Menschen in diesem
Jahrtausend sind, die ihren Fuß dort oben in den Staub
setzen.«
»Ich muss den Kontrollcenter anfunken.«
Emmerson
setzte
sich
an
die
Kommunikationskontrollen und betätigte vorsichtig
einen Knopf nach dem anderen.
»Tja, wie es aussieht, hat unser Major keine Ahnung
von dem, was er da gerade macht.«
Finn klatschte sich mit der flachen Hand an die Stirn
und schob Emmerson zur Seite.
»Dabei stehen die Grundfunktionen jedem im Internet
zur Verfügung. Man muss sich nur mal informieren. Los,
Alex, kümmer dich mal darum.«
Alex, den sie im Internet nur mit Mars Explorer
anredeten, schob den Major sanft zur Seite und nahm
nun selbst an den Kontrollen Platz.
»Hier Shuttle Magellan – äh – Armstrong. Wie auch
immer. Kann mich da unten jemand hören?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis auf dem Funkkanal
etwas zu hören war. Zuerst rauschte es, dann folgte ein
Knistern. Zuletzt waren aufgeregte Stimmen zu hören,
die wild durcheinander sprachen.
21. Juli 2024 – NASA Kontrollcenter Houston /
Texas
Die Katastrophe war perfekt. Das Shuttle stand noch
immer am Boden der Startbahn. Stattdessen flog nun
31
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
das leere Testshuttle in diesen Sekunden durch die
wenigen Wolken, die den Himmel bedeckten. General
Haze war nicht erreichbar und die Präsidentin hatte sich
noch nicht zu Wort gemeldet.
»Was geht denn da in Florida vor sich?«, wollte
General Clark von seinen Leuten wissen.
»Wie konnte das passieren? Ich brauche Antworten
und zwar sofort. Außerdem muss ein Trupp Soldaten und
Sanitäter zum Museum geschickt werden. Wenn
Schaulustige verletzt oder getötet wurden, gibt das eine
ganz
schlechte
Presse
für
das
neue
Raumfahrtprogramm.«
Er sah auf die riesigen Monitore, die an der Wand
installiert waren und das fliegende Raumschiff zeigten.
Wäre es das richtige Shuttle gewesen, hätte es sich um
einen Traumstart gehandelt.
»Warum mussten die Ingenieure auch darauf bestehen,
alle Steuerungen dem Bordcomputer zu überlassen. Das
haben wir nun davon. Das war die dümmste Idee, seit
Anbeginn der Raumfahrt.«
Grimmig nahm er die frisch gefüllte Tasse Kaffee und
wollte sie in einem Zug leer trinken, als plötzlich die
Stimme eines Kindes aus den Lautsprechern erklang.
»Hier Shuttle Magellan – äh – Armstrong. Wie auch
immer. Kann mich da unten jemand hören?«
Im Kontrollcenter wurde es still. Alle Anwesenden
sahen sich fragend an. Doch dann wurde es nur noch
lauter, als alle plötzlich durcheinander redeten. Niemand
wusste, was dort vor sich ging und wer den Funkspruch
abgesetzt hatte.
»Ruhe, verdammt noch mal.«, brüllte der General und
versuchte seine Leute zur Ordnung zu rufen.
32
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
»Verbindet mich sofort mit dieser Person.«
Ein Techniker kam sofort mit einem Headset
angelaufen, welches sich Clark auf den Kopf setzte.
»Hier spricht General Clark vom Kontrollcenter
Houston. Wer spricht dort und wie sind sie an Bord
unseres Shuttles gelangt? Handelt es sich um eine
Entführung und wie sind ihre Forderungen?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Antwort erklang.
»Mal ganz langsam. Wer redet denn hier von einer
Raumschiffentführung? Wenn hier jemand entführt
wurde, dann sind das wir.«
Alex versuchte ruhig zu bleiben und schilderte in
kurzen Sätzen, was geschehen war. Währenddessen
nickte der General immer wieder und machte sich einige
Notizen.
»In Ordnung. Wir melden uns gleich wieder. Ich muss
erst mit den Ingenieuren besprechen, wie wir die Lage
unter Kontrolle bringen. Houston Ende.«
Clark legte das Headset zur Seite und winkte einige
Leute heran, mit denen er sich in sein Büro zurück zog.
»Punkt Eins: Es wird sofort eine Nachrichtensperre
verhängt. Wenn etwas davon an die Medien dringt, sind
wir geliefert. Wir brauchen sofort einen PR-Berater, der
den Menschen diese Sache so gut wie möglich verkauft.
Die Reporter sollen sich für eine Pressekonferenz in
einer Stunde bereit halten. Und schafft mir die
Präsidentin irgendwie her. Die Frau darf jetzt auf keinen
Fall untertauchen.«
Ein Mann nickte und verließ sofort den Raum.
»Punkt Zwei: Ein Team soll sich um die Leute im
Museumsblock kümmern. Wer verletzt wurde, wird
verarztet. Wer etwas weiß und gesehen hat, muss vor der
33
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Presse abgeschirmt werden. Alle sollen Ruhe
bewahren.«
Wieder wurde das Besprechungsteam um eine Person
kleiner.
»Und jetzt Punkt Drei: Unsere Computerfreaks sollen
heraus finden, wie wir den Bordcomputer überlisten. Sie
sollen sich in das System hacken. Und wenn das nicht
klappt, sollen sie sich ein paar Internetkids zur Hilfe
holen. Die können doch schließlich alles. Wir brauchen
schnellstens Ergebnisse. Wir können schließlich keine
Kinder auf den Mond schießen.«
Der General trat wieder in den großen Kontrollraum
und setzte sich erneut das Headset auf den Kopf.
»Hier Houston. Ich rufe das Shuttle Armstrong. Bitte
melden sie sich.«
21. Juli 2024 – An Bord des Shuttles Armstrong
»Hier
spricht
Alex
Bauer,
Übergangskommunikationsbediener.«
Seine Freunde sahen ihn fragend an.
»Übergangsbediener? Was soll das denn sein?«
»Mir ist so schnell nichts besseres eingefallen. Ich bin
keine Soldat und kein Astronaut, also kann ich doch
schlecht Offizier sagen, oder?«
Er wandte sich den Kontrollen zu und drückte einen
Knopf.
»Hallo General, schön von ihnen zu hören, was können
wir für sie tun?«
Alex konnte sich das Grinsen nicht verkneifen.
»Hier General Clark. Wir arbeiten unter Hochdruck an
34
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
einer Lösung des Problems. Wir sind bestrebt, die
Armstrong wieder runter zu holen. Zuvor möchte ich
aber mit dem Offizier sprechen, der sich mit an Bord
befinden sollte. Als Soldat ist es seine Pflicht das
Kommando zu führen.«
Alex seufzte.
»Ich würde ihn nur zu gern ans Mikrofon holen, aber
es gibt da ein Problem. Der Mann wurde beim Start
hysterisch. Er bekam Panik und ist momentan nicht
ansprechbar. Ansonsten sind wir hier noch zu fünft. Wir
sind zwischen zwölf und vierzehn Jahre alt.«
»Fünf?«, sprach der General flüsternd und holte
anschließend tief Luft, um sich zu beruhigen.
»Also, wie gesagt, wir arbeiten an dem Problem. Ihr
fasst bitte nichts an, außer das Funkgerät meldet sich.
Wir machen euch für jeden Schaden verantwortlich.«
»Und wer übernimmt den Schaden, wenn uns hier drin
etwas passiert?«, brüllte Finn von seinem Platz aus. »Wir
sind Minderjährige. Da unsere Eltern nicht bei uns sein
können, übernehmen automatisch sie die Fürsorgepflicht
für uns fünf, General. Ich glaube, das wiegt schwerer, als
ein Lackschaden in der Außenhülle des Shuttles, falls
wir nicht richtig einparken können.«
Aus dem Lautsprecher war nur ein leises Grummeln zu
hören.
»Vielleicht sollten sich jetzt etwas beeilen, General.
Uns läuft die Zeit davon.«, schlug Finn vor und deutete
auf einen Monitor.
»Was soll das bedeuten? Wollt ihr uns in dieser
Situation drohen?«, fauchte Clark zurück.
»Das nicht. Aber hier läuft gerade ein Countdown ab.
In einer Minute und vierundzwanzig Sekunden passiert
35
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
etwas.«
Alle Augen blickten auf den Monitor, der stumm und
unaufhaltsam rückwärts zählte.
»Was kann das nur bedeuten?, fragte Leonie.
»Ich bin mir nicht sicher.«, antwortete Finn. »Aber ich
habe da so eine ungute Ahnung.
21. Juli 2024 – Kontrollcenter Houston / Texas
»Was hat das zu bedeuten? Was bedeutet der
Countdown?«, wollte General Clark erfahren.
»Sir, die Armstrong wird gleich in die zweite Phase
eintreten. Haben sie das vergessen?«, kam die prompte
Antwort.
»Gleich wird der magnetoplasmadynamische Antrieb
gezündet. Ab diesem Zeitpunkt gibt es kein Zurück
mehr. Das Shuttle wird so stark beschleunigt, dass wir es
nicht mehr vom Kurs abbringen können, bevor es den
Mond erreicht hat.«
General Clark nickte. Er kannte die Einzelheiten,
musste sie sich nur wieder ins Gedächtnis zurück holen.
»Wie lange brauchen unsere Experten zur
Überbrückung der Computersteuerung?«
»Das wissen sie selbst nicht. Aber es könnte sein, dass
sie
es
nicht
rechtzeitig
schaffen.
Die
Sicherheitsschranken sind ziemlich stark. Damit sollte
verhindert werden, dass Hacker unser Shuttle
übernehmen und steuern können. Jetzt kämpfen wir
selbst dagegen an. Wir sollten sämtliche Vorkehrungen
treffen, damit den Kindern nichts passiert.«
Clark drückte auf die Sprechtaste und gab ein paar
36
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Anweisung per Funk durch.
»Also gut. Unsere Leute arbeiten fieberhaft an eurer
Rettung. Es könnte aber sein, dass sie es nicht rechtzeitig
schaffen, bevor der neue Antrieb gezündet wird. Setzt
euch in die vorgesehenen Plätze und schnallt euch an.
Sorgt dafür, dass Major Emmerson ebenfalls versorgt
wird. In seinem Zustand wird er sich wohl nicht allein
sichern können.«
Finn antwortete sofort.
»Dann übernehme ich als Ältester von uns das
Kommando, bis sich die Situation so weit beruhigt hat,
dass ich es an einen Erwachsenen übergeben kann. In
Ordnung, General?«
Finn grinste über das ganze Gesicht.
»In Ordnung.«, erwiderte der General Zähne
knirschend, weil ihm nichts anderes übrig blieb. »Aber
sobald Major Emmerson wieder auf den Beinen ist,
übergibst du es ihm.«
21. Juli 2024 – Shuttle Armstrong
Finn hatte noch immer seinen Blick auf den
Countdown gerichtet.
»Es wird Zeit. Die sollen sich mal beeilen. Es sind
noch neunundzwanzig Sekunden. Ich glaube, wir sind
gut beraten, wenn wir uns anschnallen. Ich gehe jede
Wette ein, dass sie das nicht schaffen.«
Er drehte seinen Kopf zu Emma, die direkt neben ihm
saß.
»Ich habe unglaublich große Angst.«, flüsterte er ihr
zu. »Aber verrat es den anderen bitte nicht.«
37
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Sie hielt ihm ihre Hand hin, die er dankbar in seine
nahm.
Die Kinder sahen gespannt auf den Monitor. Die
Zahlen ratterten runter und wurden von einer leisen
Stimme begleitet.
»Vier … Drei … Zwei … Eins … Null.«
»Es ist so weit. Haltet euch fest.«
»Zündung des Haupttriebwerks.«
In der Armstrong wurde es laut. Von einem Moment
auf den anderen wurden die Insassen in ihre Sitze
gepresst. Die Geschwindigkeit der Raumfähre
beschleunigte sich äußerst schnell. Das war kein
Vergleich mit den alten Space Shuttles. Hier war etwas
ganz anderes am Werk.
»Das ist also der neue magnetoplasmadynaische
Antrieb. Unglaublich, wie irre schnell der ist.«, war Paul,
der sich im Forum immer nur Saturn 5 nannte,
begeistert. »Wenn man ihn einmal komplett
ausgesprochen hat, ist man schon einmal zum Mond,
drumherum und wieder zu Hause.«, witzelte er, um seine
Nervosität vor den anderen zu verbergen.
»Ob die Sterne gleich als lange Streifen zu sehen
sind?«, warf Leonie ein.
»So ein Blödsinn.«, kam es von Alex. Das ist ist die
Realität. Wir sind hier nicht bei Star Trek und werden
nicht schneller als das Licht fliegen.«
»Ich bin schon gespannt, wie lange unser Flug dauern
wird. Bestimmt wird er einiges kürzer sein, als bei der
ersten Mondlandung 1969.«, versuchte Finn seine
Freunde auf andere Gedanken zu bringen.
Dem stimmten die anderen zu. Sie alle sahen begeistert
aus den Fenstern, als ihr Raumschiff die Erdatmosphäre
38
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
verließ, der Himmel schwarz wurde und die Sterne
auftauchten.
»Ist das nicht wunderschön? Einfach unglaublich.«,
schwärmte Leonie ›Sun‹.
»Und schon bald werden wir auf dem Mond landen.
Wir werden die ersten Kinder der Menschheitsgeschichte
sein, die auf ihm einen Spaziergang machen dürfen.«
»Spaziergang?«, fragte Alex.
»Wie willst du denn das Shuttle verlassen, wenn wir
erst da oben angekommen sind? Finn wird wohl ein
Raumanzug so eben passen, weil er so groß ist, aber dir
fehlen dafür noch ein paar Zentimeter.«
Leonie seufzte. Dass sie so klein war, gefiel ihr selbst
nicht. Aber daran ließ sich so schnell nichts ändern.
»Egal. Dann bleibe ich am Fenster sitzen und mache
ein paar Erinnerungsfotos von euch.«
21. Juli 2024 - Etwa 400 Kilometer über der Erde
»Was ist das da vorn?«, fragte Emma und zeigte mit
den Fingern durch die große Frontscheibe des Shuttles.
»Wo denn?« Finn sah nichts.
»Fast genau vor uns. Da glitzert irgendwas und kommt
uns immer näher.«
Finn sah noch einmal genauer hin.
»Stimmt. Jetzt sehe ich es auch. Ich bin mir aber nicht
sicher, was das sein könnte.«
Er holte sein Handy aus der Tasche und startete eine
seiner vielen Weltraum-Apps.
»Ich hab da so eine Ahnung, bin mir aber noch nicht
sicher. Warte bitte einen Moment.«
39
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Emma kam von hinten und legte ihren Kopf auf Finns
Schulter, damit sie besser sehen konnte.
»Nun mach es doch nicht so spannend. Ich bin doch so
neugierig.«
»Warte. Ich habs gleich.«
Schließlich nickte er, um sich seine Ahnung selbst zu
bestätigen.
»Da vorn ist die ISS. Wir werden gleich die
Internationale Raumstation passieren. Wenn ich richtig
liege, werden nur ein paar wenige Kilometer zwischen
uns liegen. Wir werden sie sehr gut sehen können.«
»Das ist ja cool.«, freute sich Emma.
»Ich hole sofort mein Handy und mache ein paar
Fotos. Das muss einfach sein. Diese Gelegenheit
bekomme ich nie wieder. Vielleicht gibt es dafür sogar
einen Preis für das beste Foto des Jahres.«
Sie flitzte los und suchte nahe des Eingangsschotts
ihren Rucksack und wühlte darin herum. Nach einer
Weile fand sie es und hielt es triumphierend in die Luft.
»Da ist es ja.«
Dann kam sie zurück zur Frontscheibe und sah hinaus.
»Wie? Was?«, war sie entsetzt. »Wie soll ich denn jetzt
noch ein Foto machen?«
Emma konnte gerade noch sehen, wie das Shuttle an
der Raumstation vorbei raste.
»Warum sind wir schon vorbei? Ich hab doch gar nicht
so lange gebraucht.«
Finn grinste.
Die ISS hat nur 109 Meter Spannweite. Das ist nicht
viel. Und wir sind mit dem neuen Antrieb extrem
schnell. Das war leider nur eine Sache von Sekunden.«
Emma verzog das Gesicht zu einem enttäuschten
40
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Schmollmund.
»Aber vielleicht haben wir während des Rückflugs
noch eine Chance für ein tolles Foto.«, sprach Finn
schnell weiter.
»Vielleicht können wir sogar andocken und die
Astronauten besuchen. Wir sollten mal mit General
Clark darüber reden. Das wäre doch eine geniale
Erweiterung der Mission. Was meinst du?«
Emma Gesicht strahlte wieder.
»Du bist echt der Beste, Finn. Dich muss man einfach
mögen.«
Dann drückte sie ihn an sich, bis beide knallrot im
Gesicht wurden und schnell wieder in ihren Sitzen Platz
nahmen.
21. Juli 2024 – Kontrollcenter Houston
Es ware ein paar Stunden vergangen. Im
Kontrollzentrum hatte sich die erste Aufregung langsam
gelegt. Mittlerweile arbeiteten die Techniker und
Ingenieure daran, die Kinder in einem Stück auf den
Mond zu bringen. An eine Umkehr war eh nicht mehr zu
denken.
Über die bestehende Funkverbindung hatten die
eigentlichen Astronauten erklärt, wie man das Shuttle
steuern und landen musste. Dank einer Bildübertragung
konnten sie den Kindern von der Maggellan aus jeden
einzelnen Knopf und jedes Bedienmodul im Detail
zeigen.
Inzwischen hatte sich die Aussicht stark verändert. Der
Mond schien nun viel größer zu sein als die Erde, so
41
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
kurz stand die Landung bereits bevor.
»Ihr taucht nun in die heiße Phase ein.«, erklärte
General Clark.
»Die Armstrong wird in dreißig Sekunden mit dem
Bremsmanöver beginnen. Schnallt euch an und wartet
ab.«
Die jungen Passagiere hatten erwartet, beim Einsetzen
der Bremsdüsen nach vorn in die Anschnallgurte
gerissen zu werden. Sie spürten allerdings nichts. Es
war, als würden sie in einem Container voll Watte sitzen.
»Irgendwie langweilig, oder?«, kommentierte Paul
dieses Gefühl.
»Sie scheinen ein Gravitationsfeld im Innern des
Shuttles zu haben, dass uns vor jeder Art
Beschleunigung schützt. Deswegen schwebt auch keiner
von uns durch die Gegend.«
Die Mondoberfläche kam immer näher. Selbst die
kleinsten Krater waren nun mit dem bloßen Auge zu
erkennen.
»Wo ist denn unser Landeplatz?«, funkte Finn zur
Erde.
»Das Shuttle ist auf den Krater Copernikus
programmiert. Er befindet sich relativ nah am
Mondäquator, auf der derzeit beleuchteten Seite des
Vollmonds. Es war vor einigen Jahrzehnten bereits
geplant gewesen, einen bemannte Mondlandung dort
durchzuführen. Nun holen wir es endlich nach.«, kam
die Antwort zurück.
»Copernikus ist einer der Gründe, warum das Shuttle
ein eigenes Steuerungssystem besitzt und nicht von uns
kontrolliert wird. Wir nehmen an, dass die knapp vier
Kilometer
hohen
Kraterwände
teilweise
den
42
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Funkverkehr stören werden. Daher ist es besonders
wichtig, dass der Bordcomputer alles übernehmen kann
– oder die Besatzung, falls ersterer ausfällt.. Macht euch
also darauf gefasst, dass ihr alles im Kopf habt, was euch
unsere Astronauten erklärt haben.«
Das war der Moment, in dem sich der Magen des
Generals verkrampfte. Er traute den Kindern nicht zu,
allein mit dem Raumschiff umzugehen.
»Geht klar. Das packen wir schon. Das haben wir in
unzähligen
Computersimulationen
zu
Hause
ausprobiert.«, war sich Finn sicher.
Auf den Monitoren leuchtete wieder ein Countdown
auf.
»Sechzig Sekunden bis zur Landung.«, sprach eine
künstliche Stimme aus den Lautsprechern.
Inzwischen war der Flug stark abgebremst worden und
die Geschwindigkeit verringerte sich immer weiter.
»Fünfzig Sekunden bis zur Landung.«
Die Kinder waren aufgeregt. Würden Computer und
Autopilot die Armstrong sicher auf die Mondoberfläche
bringen? Konnte so kurz vor Ende des Fluges noch
etwas schief gehen?
»Vierzig Sekunden bis zur Landung.«
Nun stand die Armstrong völlig still.
»Antischwerkraftfeld aktiv. Leite Landung ein.«
Das Shuttle kam der Oberfläche nun langsam näher.
»Dreißig Sekunden bis zur Landung. Alle Systeme
stabil«
»Was ist, wenn die Staubschicht so hoch ist, dass wir
darin versinken?«, wollte Leonie plötzlich wissen.
»Keine Sorge.«, wurde sie von Finn beruhigt.
43
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
»Die anderen Mondlandungen sind auch nicht darin
versunken. Uns wird also nichts passieren.«
»Zwanzig Sekunden bis zur Landung.«
Die Kinder saßen in ihren Sitzen und sahen sich
gegenseitig unsicher an. Um sich etwas zu beruhigen,
hielten sie sich nun alle an den Händen und gaben sich
so ein wenig Mut.
»Zehn Sekunden bis zur Landung. Landestützen
werden ausgefahren.«
Major Emmerson hielt die Anspannung nicht mehr aus.
Er hatte zwar einen Großteil des Fluges nicht
mitbekommen, dafür war er aber nun hellwach. Er
versuchte sich aus seinen Gurten zu lösen. Er wollte – er
musste – raus.
»Ich brauche Luft. Ich ersticke. Ich muss das Shuttle
sofort verlassen.«
Er zerrte verzweifelt an seinen Gurten und seine
Atmung ging immer schneller.
»Verdammt! Lasst mich endlich hier raus!«
»Fünf Sekunden bis zur Landung.«
Der
Computer
überwachte
selbständig
alle
Lebensfunktionen der Passagiere und regulierte
automatisch alles, um die Menschen vor Schaden zu
bewahren. Also straffte er Emmersons Gurte und hielt
ihn richtig fest.
»Drei … Zwei … Eins …«
Finn hielt die Luft an und schloss die Augen.
Unbewusst klammerte er sich an den abgeschalteten
Steuerknüppeln vor sich fest.
»Null.«
Ein leichter, fast nicht zu merkender Ruck ging durch
das Shuttle.
44
Marco Wittler – Der Flug zum Mond
»Landung ist erfolgt. Abweichung vom festgelegten
Ziel beträgt zwei Komma vier Zentimeter. Autopilot
schaltet nun ab.«
Lauter Jubel war nun aus fünf Mündern zu hören.
Major Emmerson sank in sich zusammen und atmete tief
ein und aus.
»Herzlichen Glückwunsch.«, ertönte nun wieder die
Stimme von General Clark.
»Ihr seid die ersten Kinder auf dem Mond. Genießt
diesen Augenblick.«
Es wurde still in den Lautsprechern, aber die
Verbindung bestand weiterhin. Offensichtlich wollte der
General noch etwas sagen.
21. Juli 2021 – Kontrollcenter Houston
Der General stand im Kontrollzentrum und sah auf die
unzähligen Monitore. Überall ratterten unendlich viele
Daten herunter. Endlich konnten sie alle erleichtert
durchatmen. Die Kinder hatten die Landung geschafft.
»Ihr könnt euch jetzt eine knappe Stunde lang
ausruhen. Danach melden wir uns wieder bei euch. Alle
Fernsehsender der ganzen Welt warten schon geduldig
auf die ersten neuen Bilder vom Mond. Wir werden also
eine Live-Schaltung zu euch machen. Diese
Überraschung wird wohl die ganze Erde aus den Socken
hauen.«
Mit diesen Worten wurde die Verbindung
unterbrochen.
»Hoffentlich können wir der Welt diese Sensation auch
also solche verkaufen.«, murmelte der General.
45
Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
21. Juli 2024 - Shuttle Armstrong
»Fernsehen? Wir kommen ins Fernsehen? Aber ich
weiß doch gar nicht, was ich sagen soll.«
Finn wurde nervös. Alles Mögliche hatte er erwartet,
aber keinen Auftritt im Fernsehen.
»Damit hättest du aber schon rechnen müssen.«, wurde
er von Leonie unterbrochen.
»Wir sind die ersten Kinder auf dem Mond. Das ist
einfach eine unglaubliche Sensation.«
Dem stimmten natürlich alle zu.
»Where is the camera?«
Major Emmerson sah sich um und sah in allen
Stauräumen nach, bevor ihm bewusst wurde, dass er
deutsch sprechen musste.
»Wo ist die Kamera?«
Er fand sie hinter der letzten Klappe, die er öffnete und
brachte sie oberhalb des Steuerpultes an. Er drückte
einen Knopf und stellte eine drahtlose Verbindung mit
dem Kommunikationssystem her.
»Sonst wird man euch nicht sehen können.«
»Oh je.«, erklang Emma gespielt verzweifelt.
»Wo ist denn hier das Bad? Ich muss doch noch meine
Frisur richten. So, wie ich jetzt aussehe, kann ich mich
unmöglich im Fernsehen präsentieren.«
Sie erntete die erwarteten Lacher der anderen.
»Dann sollten wir uns mal überlegen, was wir der Welt
mitteilen möchten.«, unterbrach Finn seine Freunde.
»Ein kleiner Schritt für einen Vierzehnjährigen, aber
ein großer Sprung für alle Kinder und Jugendlichen ...«
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Er grinste breit und lehnte sich gemütlich zurück. Auf
diesen Moment und diesen Satz hatte er sich schon den
ganzen Flug über gefreut. Nun hatte er endlich die
Gelegenheit bekommen, ihn auszusprechen.
ENDE
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Commander Finn und seine verwegene Crew sind
unbeschadet auf dem Mond gelandet. Damit ist die Reise
aber noch lange nicht vorbei. Vor ihnen liegt immerhin
noch der Rückflug zur Erde.
Doch bevor es so weit ist, erleben sie noch das eine
oder andere Abenteuer.
Im nächsten Band stellen sie sich den unzähligen
Fragen der Journalisten von Fernseh- und
Radiosendern. Bei ihrem ersten Spaziergang über die
Mondoberfläche wartet schon die nächste große
Überraschung auf sie, mit der niemand gerechnet hat.
Der Titel des zweiten Bandes lautet:
»Der Terrorzwerg«
und erscheint am 01.08.2016
in den e-Book Formaten epub, pdf und mobi
auf der Internetseite
www.commander-finn.de
oder
www.commander-finn.com
und als Taschenbuch bei amazon.de
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Commander Finns Lexikon
Mond
Mit dem Begriff 'Mond'
bezeichnet man kleinere
Himmelskörper, die um
einen Planeten kreisen.
Ihre Anzahl kann sehr
unterschiedlich sein. Der
Planet
Merkur
hat
beispielsweise
keine
Monde, die Erde einen und der Jupiter sogar ganze
fünfundsechzig Stück.
Im vorliegenden Roman dreht sich aber alles um den
Erdmond, der unter Wissenschaftlern und in der Science
Fiction oft als 'Luna', den lateinischen Wort für Mond,
bezeichnet wird.. Er hat einen Durchmesser von 3476
Kilometern. Damit hat die Erde, die er umkreist einen
vier Mal so großen Durchmesser.
Er ist von uns rund 363.300 Kilometer entfernt. Das
kann mal mehr und mal weniger sein, da seine
Umlaufbahn nicht ganz rund ist.
Auf seiner Oberfläche gibt es keine Atmosphäre. Somit
ist ein Leben auf ihm unmöglich. Wenn man längere Zeit
auf ihm verbringen will, muss man Raumanzüge tragen
oder eine Raumstation errichten.
Der Mond braucht fast achtzundzwanzig Tage, um die
Erde einmal zu umrunden. Die gleiche Zeit braucht er,
um sich einmal um sich selbst zu drehen. Daher sieht
man immer die selbe Seite von ihm. Seine Rückseite
kennt man nur durch Fotografien. Man nennt sie die
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
'dunkle Seite des Mondes'. Dunkel ist ist trotzdem nicht.
Sie bekommt genau so viel Sonnenlicht ab, wie der
restliche Mond.
Die Oberfläche ist von Kratern übersät, da immer
wieder kleinere und größere Felsbrocken auf ihm
einschlagen.
Im Jahr 1969 landeten das erste Mal Menschen auf
dem Mond. Der Amerikaner Neal Armstrong durfte als
erster einen Fußabdruck im Mondstaub hinterlassen.
Dabei sprach er folgende Worte: ›Ein kleiner Schritt für
einen Menschen, aber ein großer Sprung für die
Menschheit.‹
Mittlerweile gibt es sogar
ein Mondauto, dass noch
immer dort oben steht
und darauf wartet, ein
weiteres Mal gefahren zu
werden.
Magnetoplasmadynamischer Antrieb
Dabei handelt es sich
um
eine
neuartige
Antriebsform, die nicht
etwa
der
Fantasie
entspringt,
sondern
bereits erfunden wurde
und derzeit auf der Erde
in Laboren getestet wird.
Mit Hilfe von elektrischem Strom wird ein starkes
magnetisches Feld erzeugt. Sehr hoch erhitztes und
ionisiertes Gas (dazu eignen sich Argon, Lithium und
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Wasserstoff besonders gut) strömt mit Hilfe des
Magnetismus sehr schnell aus der Brennkammer hinaus.
In
Laborversuchen
wurden
dabei
Gasgeschwindigkeiten von 144.000 Kilometern pro
Stunde erreicht. Das sind rund vierzig Kilometer in der
Sekunde.
Wenn ein Raumschiff dadurch ebenfalls so schnell
würde, könnte es den Mond in zweieinhalb Stunden
erreichen. 1969 brauchten die Astronauten der NASA
dafür ganze drei Tage.
NASA
Die
amerikanische
Weltraumbehörde
NASA
(Abkürzung für ›National Aeronautics and Space
Administra-tion‹) wurde 1958 gegründet.
Die NASA bezeichnet als ihre Vision „das Leben hier
zu verbessern, das Leben nach draußen auszudehnen
und Leben da draußen zu finden“. Daraus ergibt sich die
Mission „unseren Heimatplaneten zu verstehen und zu
schützen, das Universum zu erforschen und nach Leben
zu suchen und die nächste Generation von Forschern zu
begeistern“.
In der Zeit seit ihrer Gründung hat die NASA
unzählige Flüge ins Weltall unternommen. Dabei hat sie
Menschen hinauf und
herunter gebracht, den
Mond besucht, Satelliten
ausgesetzt,
erforschte
unser Sonnensystem von
der Sonne bis zu seinen
Grenzen und mit ihren
Space Shuttles an der
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
internationalen Raumstation gebaut.
Im Sommer 2011 startete das letzte Space Shuttle zu
einer Mission. Danach wurden alle Raumschiffe ins
Museum gebracht. In den folgenden Jahren ist die NASA
auf die Hilfe der russischen Raumfahrtbehörde
angewiesen.
ROSKOSMOS
Die Weltraumbehörde Russlands arbeitet mit der
NASA an vielen Projekten zusammen. Unter anderem
gehört dazu der Betrieb der Internationalen Raumstation
ISS.
Außerdem übernimmt ROSKOSMOS sämtliche
Raumflüge für die NASA, egal ob es sich um den
Transport
von
Astronauten
oder
Ausrüstungsgegenständen handelt.
Dafür muss die Regierung der Vereinigten Staaten von
Amerika jedes Jahr viele Millionen Dollar bezahlen.
esa
Die esa ist eine europäische Raumfahrtbehörde. Sie
wird von vielen europäischen Staaten betrieben. Dazu
gehört auch Deutschland. Die esa hat, wie auch die
NASA, keine eigenen Shuttles. Ihre Astronauten und
Wissenschaftler nehmen dafür die Hilfe von
ROSKOSMOS in Anspruch.
Satelliten schießt die esa allerdings selbstständig ins
All. Dafür nutzt sie ihren Raumfahrhafen im
südamerikanischen Kourou.
Im Lexikon erklären wir euch alle schwierigen und
unbekannten Begriffe des aktuellen Bandes.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Neuigkeiten aus Raum und Zeit
In den Neuigkeiten berichten wir jeden Monat über die
interessantesten Dinge aus der Raumfahrttechnik, der
Weltraumforschung und allem, was sich zwischen der
näheren Umgebung der Erde und den entferntesten
Grenzen des Universum gerade tut.
Heute geht es an dieser Stelle um Apps für Handys und
Tablets, mit denen man in die unendlichen Weiten des
Weltraums eintauchen kann.
ISS onLive
Diese App findest du für dein Handy oder Tablet im
App-Store. Nach der Installation kannst du dir live
anschauen, wo sich die Internationale Raumstation
gerade befindet und wo sie ihre nächsten Runden über
die Erde ziehen wird.
Außerdem kann man sich live Übertragungen aus der
ISS anschauen und die Astronauten und Wissenschaftler
bei ihrer Arbeit zuschauen. Im Wechsel dazu gibt es auch
Außenkameras, die auf die Oberfläche der Erde zeigen.
Wem das nicht reicht, kann sich auch NASA-TV
anschauen. Das ist ein eigener Fernsehsender der
amerikanischen Raumfahrtbehörde.
Das Ganze ist allerdings in englischer Sprache.
Solar System Scope
In dieser App kannst du dir unser Sonnensystem von
außen anschauen. In einer Simulation sieht man die
einzelnen Planeten, wie sie sich um die Sonne drehen.
Dabei stehen sie so, wie sie es aktuell im Weltall sind.
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Zusätzlich kann man sie einzeln vergrößern und sich
ihre Planetensysteme mit ihren Monden und vielen
Informationen ansehen.
Wem das nicht reicht, der kann auch am Kalender
drehen und sich anschauen, wie sich die Planeten auf
ihren Laufbahnen weiter bewegen.
Mondphasen
Diese App zeigt dir den Mond, wie er aktuell am
Himmel aussieht.
Zusätzlich sieht du, wie weit er sich gerade von der
Erde befindet und durch welches Tierkreiszeichen er sich
gerade bewegt.
Man kann den Mond vergrößern und verkleinern und
bekommt noch ein paar Informationen über die
einzelnen Mondkrater und die Landeplätze aller
bisherigen Mondmissionen.
Auch hier kann man am Kalender drehen.
Sternatlas
In Sternatlas kann man sich den Sternenhimmel
ansehen. Du sieht die einzelnen Sternbilder, Sterne,
Planeten und Galaxien mit ihren Namen und kannst dich
genauer über sie informieren.
Wenn du deinen aktuellen Standort angibst, siehst du
alles auf die Minute genau und kannst endlich
herausfinden, wie der eine oder andere helle Punkt am
Himmel heißt und zu welchem Sternbild er gehört.
Damit könntest vielleicht sogar den Weg zum Mars
und anderen Planeten finden, wenn es denn schon
schnelle Raumschiffe für jeden gäbe.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Die Kurzgeschichte des Monats:
Das kleine Mädchen vom anderen Stern
Das kleine Mädchen saß auf seiner grünen Welt und
sah zum dunklen Sternenhimmel hinauf. Über ihr
glitzerten unzählige kleine helle Punkte.
»So viele Sterne.«, staunte es dann immer wieder.
Doch an diesem Abend entdeckte es etwas Neues. Ein
neuer Stern war dort oben erschienen.
»Nanu? Wer bist du denn?«, wollte das kleine
Mädchen wissen.
In ihrer Neugier holte es ein Fernrohr aus seiner
Tasche und besah sich den Neuling genau.
»Oh, ist das eine schöne Welt.«, begann es sofort zu
schwärmen.
Es hatte einen kleinen Planeten entdeckt, der von
grünen Erdteilen und noch mehr blau glitzerndem
Wasser bedeckt war.
»Wie gerne würde ich dort hin reisen und mich einmal
umschauen. Es muss ein richtiges Paradies sein.«
Es überlegte, wie es die weite Reise schaffen könnte.
Es dauerte eine ganze Nacht und einen weiteren Tag, bis
ihm eine Idee in den Kopf kam.
Das Mädchen lief in sein kleines Haus und holte einen
bunten Sonnenschirm hervor.
»Los, Wind, blase. Puste mich hinauf in den Himmel
zu dieser paradiesischen Welt.«
Es spannte den Schirm auf, hielt ihn hoch und wurde
sogleich von einem Windstoß ergriffen und hinweg
geweht.
Die Reise war anstrengend und lang. Das Mädchen
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
musste ständig aufpassen, den Stock seines Schirms
nicht los zu lassen. Doch dann hatte sie die Welt mit den
grünen Erdteilen und blauen Ozeanen erreicht.
Die kleinen Füße des Mädchens landeten auf frischen,
grünen Grashalmen, die unter der Sohle kitzelten.
»Es ist wirklich schön hier. Aber dieses Paradies ist
viel größer als meine Welt und scheint viele schöne
Geheimnisse für mich bereit zu halten.«
Es sah sich um und entdeckte schon mit dem ersten
Blick unzählige Pflanzen, Büsche, Bäume und Kräuter,
die es noch gar nicht kannte. Fröhlich begann es über die
Wiese zu tanzen. Doch nach ein paar Metern blieb es
überrascht stehen, als es unter seinen Füßen etwas
anderes spürte.
»Oh, nein, was ist denn das?«
Eine braune, stinkende Masse klebte unter beiden
Füßen. Das Mädchen war in einen großen Hundehaufen
getreten.
»Das ist ja eklig.«
Es sah sich um und entdeckte weitere Häufchen in
verschiedenen Größen.
»Macht denn hier niemand sauber?«
Angewidert öffnete es seinen Schirm und ließ sich ans
Meer tragen. Doch als es sich dort umsah, war es
schockiert.
»Was ist denn das für ein Dreck?«
Schwarze Teerklumpen schwappten auf dem Wasser
und wurden mit jeder Sekunde ans Ufer gespült.
»Wo kommt das denn alles her?«
Mitten auf dem Meer entdeckte das Mädchen eine
große Fabrik.
»Das ist eine Ölbohrplattform.«, erklärte ein alter
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Mann, der gerade über eine Düne ans Wasser gekommen
war.
»Sie holen das Öl aus der Erde und machen daraus
Benzin, Plastik, Farben und viele andere nützliche
Dinge. Das haben sie uns immer erzählt. Aber seit dieses
Ungetüm dort steht, hat es alle Strände in der Umgebung
mit seinem Dreck verseucht.«
Der alte Mann sah müde und enttäuscht aus.
»Aber wie könnt ihr das nur mit eurer Welt machen?
Liebt ihr sie denn nicht?«, wollte das Mädchen erbost
wissen.
Der Alte zuckte mit den Schultern und bat das
Mädchen, ihm zu folgen. Hinter den Dünen zeigte er ihr
eine große Deponie.
»Wir Menschen haben wohl aufgehört, an unsere Welt
zu denken, denn wir denken nur noch an uns selbst.
Alles, was wir nicht mehr brauchen, und das ist sehr viel,
werfen wir weg. Die Dinge werden an Orten, wie diesem
gesammelt. Irgendwann schütten sie Erde darüber und
vergessen, was sie hier angestellt haben. Alles andere
wird verbrannt und verpestet unsere Luft.«
Das hatte das Mädchen auch schon festgestellt. Seit sie
auf diesem falschen Paradies angekommen war, kratzte
es seltsam in ihrem Hals und es musste ständig husten.
»Die Abgase von den Autos und den Fabriken steigen
in die Luft auf. Dadurch wird es immer wärmer. Eines
Tages, so sagen unsere Wissenschaftler, wird das Eis
unserer Pole schmelzen und die Küstenländer
überschwemmen und weg spülen. Aber daran sind wir
alle selbst schuld, weil uns die Welt egal geworden ist.«
Der alte Mann seufzte traurig und wollte dem
Mädchen noch andere Dinge zeigen. Aber es hatte genug
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
gesehen. Auf so einer schmutzigen Welt wollte es keine
weitere Minute ihres Lebens verbringen. Es
verabschiedete sich, klappte den Sonnenschirm auf und
flog wieder zurück nach Hause.
Auf dem Heimweg dachte es voller Zorn an die
Menschen dieser einstmals schönen Welt, wie
verschwenderisch und gedankenlos sie damit umgingen.
»Wie schön, dass das Wasser steigen und dann alles
fort spülen wird. Vielleicht bekommt diese Welt dann
noch einmal die Chance neu anzufangen.«
Doch dann verflog dieser Zorn und das Mädchen
wurde sehr traurig. Es dachte an die Menschen, die ihre
Heimat verlieren würden. Es sah noch einmal zurück
und entdeckte ein paar Kinder, die traurig aus den
Fenstern sahen. Sie hatten bestimmt keine Schuld daran,
wie verkommen ihre Welt geworden war.
»Ich werde bald zu euch zurück kommen. Und dann
werde ich euch helfen, euren schönen blauen Planeten in
ein Paradies zurück zu verwandeln.«
Als das Mädchen wieder auf seiner kleinen grünen
Welt landete, hatte es bereits eine neue Idee im Kopf. Es
holte einen Beutel aus seinem Haus und stopfte ihn mit
Pflanzensamen voll.
»Ich werde mit den Kindern dieser Welt neu anfangen.
Wir werden gemeinsam neue Blumen, Büsche, Bäume
und Kräuter pflanzen.«
Fröhlich singend tanzte es dann über seine Wiese und
freute sich bereits auf seinen nächsten Besuch auf der
grünen und blauen Welt.
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Finns erstes Kommando
Finn stand im Flur vor dem großen Kalender, den Mama
an die Wand gehängt hatte. Lesen konnte er noch nicht,
aber trotzdem wusste er ganz genau, was für den
morgigen Tag eingetragen war: 'Finns sechster
Geburtstag'.
»Mein sechster Geburtstag. Endlich.«
Der sechste Geburtstag. Das war etwas ganz Besonderes.
Nicht so gewöhnlich, wie der Vierte oder Fünfte. Es war
der Sechste. Schon bald würde er in die erste Klasse der
Grundschule gehen dürfen. Dann würde er kein kleines
Kindergartenkind mehr sein.
»Dann gehöre ich endlich zu den Großen.«
Er dachte nach.
»Dann werde ich auch keine Kinderspiele mehr machen.
Ich bin ab Morgen ein großer Junge. Dann spiele ich
auch nur noch Sachen, die die Großen gern machen.«
Was das sein sollte, wusste er selbst nicht. Aber er nahm
sich vor, nie wieder im Sandkasten zu spielen.
Finn lief in sein Zimmer und sah sich um. »Aber was
spielen große Jungs?«
Er sah nichts. Nur zu gern hätte er seine alten Spielzeuge
aus den Regalen geräumt und Neue besorgt. Aber was
bloß?
»Vielleicht fällt mir Morgen früh etwas ein. Denn jetzt
bin ich ja noch klein.«
Er machte sich zum Schlafen fertig, ließ sich von Mama
noch eine Gute Nacht Geschichte vorlesen und freute
sich beim Einschlafen auf Morgen.
Am nächsten Morgen war Finn schon sehr früh wach.
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Als dann endlich der Wecker klingelte, sprang er sofort
von seinem Bett in seine Klamotten und Schuhe.
»Ich bin wach! Ich bin wach!. Jetzt bin ich sechs. Ich bin
ein großer Junge!«
Finn stellte sich vor den großen Spiegel im Flur, in dem
sich Mama jeden Tag ihre schicken Kleider ansah.
»Ist ja seltsam.«, murmelte Finn enttäuscht. »Ich sehe
gar nicht größer aus. Ist irgendwie alles wie gestern.«
Er zuckte mit dem Schultern. »Ich gehöre jetzt trotzdem
zu den Großen.«
Als er später im Kindergarten war, überlegte er ziemlich
lange, womit er sich die Zeit vertreiben sollte. Sein
Freund Lukas lud ihn ein, gemeinsam eine Sandburg zu
bauen.
»Sandburgen? Nicht mit mir.«, lehnte Finn ab. »Das ist
was für Kleine. Als großer Junge macht man sowas nicht
mehr.«
Lisa, ein Mädchen, mit dem er schon öfter gespielt hatte,
kam mit einer anderen Idee auf ihn zu.
»Magst du mit mir Vater, Mutter, Kind spielen? Ich bin
die Mama, du der Papa und meine Püppi ist unser Baby.
Ist doch cool, oder?«
Finn verdrehte aber nur die Augen.
»Ich mache keine Kindergartenspiele mehr. Ich bin sechs
Jahre als. Das ist nichts mehr für mich.«
So ging es den ganzen Tag weiter. Finn wollte nichts mit
den anderen Kindern spielen. Er wusste auch nicht, was
er als großer Junge spielen sollte. Niemand war da, um
ihm einen Tipp zu geben. Leider gab es im Kindergarten
keine anderen großen Jungs, denn Finn war der Älteste
hier.
Unzufrieden verzog er sich in den Gruppenraum und
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
setzte sich an einen der Tische. Er holte sich ein Blatt
Papier, einen Buntstift und begann, etwas zu kritzeln.
»Was wird denn das?«, fragte Kindergartentante Fritzi.
»Ich schreibe.«, antwortete Finn genervt.
»Ich versuche jedenfalls zu schreiben. Ist gar nicht so
einfach, wenn man die Buchstaben nicht kennt. Aber
große Jungs müssen das können.«
Fritzi setzte sich lächelnd mit an den Tisch.
»Aber warum willst du unbedingt schreiben können?
Das lernst du doch bald in der Schule.«
»Weil ich jetzt sechs Jahre alt bin. Ich bin ein großer
Junge.
Und
große
Jungs
machen
keine
Kindergartenspiele mehr.«
»Hm.«, machte Fritzi.
»Ich glaube, ich habe da eine Idee. Als ich sechs wurde,
wollte ich auch keine Kindergartenspiele mehr machen.
Und meine Kindergartentante hat mir dann einen ganz
tollen Tipp gegeben. Sie schlug mir ein ganz neues Spiel
vor. Es heißt 'Kindergarten.«
»Kindergarten?«, fragte Finn.
»Was soll das denn für ein komisches Spiel sein? Das
hört sich aber gar nicht cool an.«
»Das ist es ja gerade. Es ist so cool, dass es die anderen
gar nicht bemerken. Man tut so, als wäre man ein kleines
Kindergartenkind. Aber weil man schon groß ist, kennt
man bei allen Spielen die Regeln und ist meist besser als
die anderen.«
Das leuchtete ein. Finn grinste und lief nach draußen.
»Danke, Fritzi. Ich gehe jetzt Kindergarten spielen.«
Am Abend kam Papa von der Arbeit. Finn zeigte ihm
stolz seine vielen Geburtstagsgeschenke, die er am
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Commander Finn und seine verwegene Crew – Band 01
Nachmittag bekommen hatte. Danach erzählte er ihm
von seinem großen Problem. Er hoffte darauf, dass Papa
ihm zeigen konnte, was große Jungs gern spielen.
Immerhin war Papa auch mal ein Junge.
»Hm.«, machte Papa. »Lass uns mal in dein Zimmer
gehen. Wir schauen uns einfach um und finden was für
dich.«
Während Papa sich alle Schränke und Regale ansah,
blickte Finn gelangweilt aus dem Fenster und sah zum
dunklen Himmel hinauf. Plötzlich hatte er einen Einfall.
»Jetzt weiß ich es.«, rief er. »Ich will Astronaut spielen
und in den Weltraum fliegen. Das machen wirklich nur
große Jungs.«
Wieder machte Papa »Hm. Ich kann aber nichts finden.
Keine Spielzeugraumschiffe, keine Astronautenfiguren.
Du hast auch keine Bücher über den Weltraum. Da wirst
du noch etwas warten müssen.«
Finn schüttelte den Kopf.
»Keine Spielzeuge. Ich will richtig Astronaut spielen.
Oder noch besser: Ich will ein Raumschiffkommandant
sein. Dann kann ich auf meinem bequemen
Kommandantensessel sitzen und meiner Mannschaft
Befehle geben.«
Er dachte an eine Serie, die vor ein paar Tagen im
Fernsehen lief. Darin war es auch so gewesen.
»Wir haben kein Raumschiff.«, entschuldigte sich Papa.
»Brauchen wir auch nicht.«
Finn verdrehte die Augen.
»Wir spielen doch nur. Können wir nicht aus unserem
Auto ein Raumschiff machen? Mein Kindersitz ist der
Kommandantensessel und du bist der Pilot. Gemeinsam
fliegen wir dann von einem Planeten zum nächsten.
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Marco Wittler – Der Flug zum Mond
Papa schwieg und dachte wohl noch über diesen
Vorschlag nach.
»Bitte, bitte, bitte.«, bettelte Finn.
»Na gut. Zieh dir deine Jacke an. Wir fliegen in ein paar
Minuten ab.«
Kurze Zeit später saßen sie zu zweit im Auto.
»Maschinen starten.«, befahl Finn.
Papa drehte den Zündschlüssel um.
»Steuermann, bringen sie uns raus.«
Papa gab langsam Gas und fuhr den Wagen von der
Garage auf die Straße.
»Wo soll es hingehen, Sir? Welche Richtung?«, fragte er
nach hinten.
Finn dachte nach. Sollte es zum Mond gehen? Zur
Sonne? Oder irgendwohin, wo noch nie ein Mensch
zuvor gewesen war?
Schließlich erinnerte er sich an eines seiner
Lieblingsbücher, das ihm Mama so oft vorgelesen hatte.
»Flieg einfach vorbei am zweiten Stern von rechtsund
dann immer geradeaus bis zur Morgendämmerung.«
»Aye, Sir.«, antwortete Papa und fuhr los.
Finn setzte sich seinen Fahrradhelm auf, den er nun als
Astronautenhelm benutze. Dabei grinste er von einem
Ohr zum anderen.
»War gut, dass mir Mama immer wieder Peter Pan
vorgelesen hat. Aber ab jetzt will ich nur noch
Weltraumgeschichten vor dem Schlafen hören.«
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