Energie Illustration: Raffaela Breda. Piktogramme, Hintergrund: Freepik Stadt und Region St. Gallen auf dem Weg in die Zukunft Watt. Werte. Wende. Innovativ Die Wohnbaugenossenschaft St. Gallen baut zurzeit mit der «Sturzenegg» eine spezielle Siedlung. In ihr wird dezentral Energie produziert und diese intelligent gespeichert, gesteuert und zur Verfügung gestellt. u SEITE 4 Anders Der deutsche Soziologe Harald Welzer sagt im Interview, warum seiner Meinung nach der unkritische Glaube an Technik und Digitalisierung nicht zukunftsfähig ist. Welzer sprach an den Energietagen St. Gallen. u SEITE 7 Komplex An der Empa untersucht eine interdisziplinäre Forschungsgruppe, was für Auswirkungen technologische Neuerungen, etwa solche in der Energiethematik, auf die u SEITE 8 Umwelt und die Gesellschaft haben werden. St. Galler Tagblatt Stadt St. Gallen, Gossau und Umgebung . St. Galler Tagblatt Region Rorschach . Appenzeller Zeitung Sonderbeilage vom 28. Juni 2016 BACHELORSTUDIUM ERNEUERBARE ENERGIEN UND UMWELTTECHNIK Wissen in erneuerbaren Energien Know-how zu Prozessen in der Umwelttechnik Fachkompetenz in Ressourcenschonung und Energieeffizienz Solide Ingenieurgrundlagen Jetzt anmelden! > www.hsr.ch/eeu > [email protected] toggenburg «das sind wir» «Globi und die Energie» Die Natur liefert Alternativen. Heizplan bietet Lösungen. Das neue Kindersachbuch «Globi und die Energie» erzählt von der Energiezukunft im Energietal Toggenburg. Buchvorbestellung: www.globi-im-toggenburg.ch energietal toggenburg 9630 Wattwil www.energietal-toggenburg.ch Illustration: Copyright© Globi Verlag, Zürich · · · · Redaktion: Martin Wiesmann Redaktionelle Mitarbeit: Martin Brunner, Malolo Kessler, Bruno Knellwolf, Andreas LorenzMeyer, Christoph Sulser Layout: Sina Item, Raffaela Breda Verlag: St. Galler Tagblatt AG Fürstenlandstrasse 122 9001 St. Gallen Telefon 071 272 78 88 Druck: Tagblatt Print, NZZ Media Services AG, Im Feld 6, 9015 St. Gallen Gemeinsame Beilage von St. Galler Tagblatt Stadt St. Gallen, Gossau und Umgebung, St. Galler Tagblatt Region Rorschach, und Appenzeller Zeitung Wärmepumpen Solarthermie Photovoltaik LED-Beleuchtungen Inserate: NZZ Media Solutions AG Fürstenlandstrasse 122 9001 St. Gallen Telefon 071 272 77 77 Fax 071 272 73 17 [email protected] Leiterin Verkauf Beilagen: Marina Brezovac www.heizplan.ch Energie 3 Dienstag, 28. Juni 2016 Die Energiezukunft diskutiert Die diesjährigen Energie-Tage St. Gallen haben Ende Mai rund 500 Energiefachleute aus dem Bodenseeraum zusammengeführt, um ihr Wissen über erneuerbare Energien und Energieeffizienz auszutauschen. Die Veranstaltung ist ein fester Wert in manchem Terminkalender. ale und Quartiere der Zukunft und erhielten Einblicke, wie Forschungsresultate von der Empa und ihren Partnern in die Praxis umgesetzt werden, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. In Foren und Workshops wurden die Themen anschliessend vertieft, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten wertvolle Anregungen für den Transfer der Forschungsresultate für ihre eigenen Bauprojekte. Die nächsten Energie-Tage St. Gallen finden am 11. und 12. Mai 2017 in den Hallen der Olma Messen St. Gallen statt. (pd) Die vier Kongresse vom 26. und 27. Mai, durchgeführt in Messehallen der Olma, boten ein informatives Programm mit hochkarätigen Referenten. Sie garantierten einen spannenden Austausch von Wissen und Erfahrungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kongresse nutzten die Gelegenheit rege, um ihre Erfahrungen auszutauschen, Fragen aufzuwerfen und Visionen zu entwickeln. Die länderübergreifende Zusammenarbeit ist ein wichtiger Aspekt der Energie-Tage. Veranstalter sind jeweils die Universität St. Gallen, die Stadt St. Gallen, die Empa Akademie, das SCCER Future Energy Efficient Buildings & Districts und die Olma Messen St. Gallen. Das Bundesamt für Energie, die Ämter für Umwelt und Energie des Kantons und der Stadt St. Gallen und das World Resources Forum unterstützen die Energietage. In die Zukunft investieren Rund 100 Teilnehmende konnten sich am 5. Internationalen Geothermie-Kongress mit Fachreferenten aus dem In- und Ausland über mögliche Finanzierungs- und Entwicklungsstrategien der Tiefengeothermie austauschen. Gerade vor dem Hintergrund des gegenwärtig unsicheren energiewirtschaftlichen Umfelds wurde die Langfristigkeit von Investitionen in diese ökologische Energieerzeugung betont. Mit Praxisbeispielen aus Bayern und der Westschweiz erhielt das Publikum wertvolle Anregungen in Bezug auf konkrete Finanzierungsmodelle. Letztendlich herrschte Einstimmigkeit darüber, dass für eine steigende Lernkurve in der Schweiz insbesondere noch mehr Wissen über den Untergrund erlangt werden muss. Blick in erfolgreiche Projekte Der Energiekonzept-Kongress hat sich in der vierten Ausgabe zum nationalen Treffpunkt von Plattform rund um die Wende Bild: Stürmer Fotos Interessierte Zuhörerschaft am 7. St. Galler Forum für Management Erneuerbarer Energien, das Teil der Energie-Tage St. Gallen ist. Fachleuten rund um Energiekonzepte entwickelt. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto «Energiekonzepte: wer wagt, gewinnt!». Dabei erhielten die rund 160 Teilnehmenden Einblicke in erfolgreich umgesetzte Projekte aus Gemeinden im In- und nahen Ausland und die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Der Nachmittag bot die Gelegenheit, in praxisorientierten Foren verschiedene Themen zu vertiefen. Beispiele dafür sind die Finanzierung von Pro- duktionsanlagen oder 2000-Watt-Arealen. von Lust auf Elektromobilität Am 7. St. Galler Forum für Management Erneuerbarer Energien nahmen rund 170 Entscheidungsträger aus dem In- und Ausland teil. Unter anderem wurden die neuesten Trends bei Solarenergie, Batteriespeichern und innovativen Anlageinstrumenten diskutiert. In der abschliessenden Podiumsdiskussion stand die Frage im Vorder- grund, welche Marktchancen die globale Energiewende für Länder wie die Schweiz und Deutschland eröffnet. Zudem wurde das 6. Kundenbarometer Erneuerbare Energien in Zusammenarbeit mit Raiffeisen vorgestellt. Die repräsentative Umfrage zeigt in diesem Jahr ein grosses Interesse Schweizer Konsumenten an sauberer Mobilität. So würden 55 Prozent der Befragten gerne einmal ein Elektroauto ausprobieren, und 25 Prozent könnten sich sogar vorstellen, in den nächsten zwei Jahren ein Elektroauto zu kaufen. Transfer in die Praxis anstreben Beinahe 50 Prozent des Endenergiebedarfs der Schweiz entfallen auf Gebäude. Dieser Anteil soll in den nächsten 20 Jahren um den Faktor 3 sinken. Unter dem Motto «Von der Forschung in die Praxis» informierten sich rund 80 Fachleute aus Industrie und Verwaltung am 2. Fachkongress Energie + Bauen zu den Themen energieeffiziente Gebäude, Are- Die Energie-Tage sind eine Wissens- und Community-Plattform rund um die Energiewende. In St. Gallen treffen sich Experten und Praktiker aus dem In- und Ausland, um sich über den heutigen Stand und die neuesten Entwicklungen in der Energietechnologie zu informieren und auszutauschen. Die Kongresse und Foren sprechen jeweils unterschiedliches Fachpublikum aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und öffentlicher Hand an. Die Energie-Tage St. Gallen bieten damit eine Plattform, auf der sich interessierte Anwender und Energiefachleute aus der Schweiz und dem grenznahen Ausland austauschen, informieren und vernetzen können. Veranstalter der Energie-Tage St. Gallen sind die Universität St. Gallen, die Stadt St. Gallen, die Empa sowie die Olma Messen St. Gallen. Im Internet gibt es weitere Informationen unter: energie-tage.ch (pd) «Kleines Budget, starke Verankerung» Die Energietage St. Gallen haben sich über die vergangenen Jahre zu einer stark beachteten Plattform zum Thema Energiezukunft im Bodenseeraum entwickelt. Rolf Wüstenhagen von der Universität St. Gallen hat sie mitgeprägt und spricht im Interview darüber. und Kantonen über gelungene Beispiele der Umsetzung vor Ort austauschen. Die einzelnen Konferenzorganisatoren greifen zudem immer wieder neue Themen auf – so kam letztes Jahr das Thema Energie und Bauen hinzu, und dieses Jahr gab es einen Workshop zur Elektromobilität. MARTIN WIESMANN Herr Wüstenhagen, wie ist das entstanden, was sich heute Energietage St. Gallen nennt? Rolf Wüstenhagen: Es gibt seit vielen Jahren eine Zusammenarbeit zwischen der Stadt St. Gallen und der Universität in Energiefragen. Nachdem 2011 der erste Geothermiekongress und das zweite St. Galler Forum für Management erneuerbarer Energien stattgefunden hatten, haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir die Kräfte bündeln können. Hat zum Entstehen der Energietage St. Gallen auch beigetragen, dass es hier eine Universität und die Empa gibt, und dass die Olma-Messen auch eine Kongress-Infrastruktur zur Verfügung stellen können? Wüstenhagen: Wenn man aus zwei einzelnen Fachtagungen einen grösseren Anlass gestalten möchte, braucht man einerseits die Infrastruktur dafür, andererseits weitere Content Provider – und da waren die Olma-Messen St. Gallen und die Empa mit ih- Bild: pd Rolf Wüstenhagen begleitet die Energietage St.Gallen seit Beginn. rem hiesigen Standort natürlich die naheliegenden Partner. Sehen Sie in der inhaltlichen Entwicklung der verschiedenen Diskussionsplattformen an den Energietagen St. Gallen Trends und Fortschritte? Wüstenhagen: Das Spektrum reicht von global denken bis lokal handeln: Innerhalb von zwei Tagen diskutieren Manager und Investoren aus aller Welt die neuesten Trends im Bereich Erneuerbare Energien, während sich nebenan Vertreter von Gemeinden Was kann denn überhaupt von solchen Regionalen Energietagen an Wirkung ausgehen? Es nehmen ja nicht Staatsmänner mit Entscheidungsbefugnissen teil. Wüstenhagen: Die Energiezukunft wird ja nicht nur vom Staat geprägt – Entscheidungen fallen auf vielen Ebenen. Unternehmer, Investoren, Vertreter der nationalen und lokalen Politik und letztendlich auch die Konsumenten leisten alle einen Beitrag. Und diese Gruppen sprechen an den Energietagen miteinander. Trifft für die Energietage St. Gallen vielleicht auch etwas zu: «klein, aber fein». Man kann sich vorstellen, dass es in einer überschaubaren Struktur brennende Themen rascher auf die Traktandenliste schaffen als an einer grossen «Klimakonferenz». Wüstenhagen: Die dezentrale Struktur ist sicher eine Stärke der Energietage, wenn es darum geht, neue Themen frühzeitig zu erkennen und auf die Agenda zu bringen. Unter den Teilnehmern waren dieses Jahr übrigens auch ei- Person Rolf Wüstenhagen Rolf Wüstenhagen (46jährig) lehrt seit 2003 an der HSG. Seit 2009 leitet er am Institut für Wirtschaft und Ökologie den Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien. Dieser befasst sich mit dem Entscheidungsverhalten von Energiekonsumenten und -investoren und dem Zusammenspiel von Politik und Geschäftsmodellen bei der Verbreitung erneuerbarer Energien. Er ist der erste seiner Art an einer führenden europäischen Wirtschaftsuniversität. (wie) nige Trendscouts grösserer Anlässe auf nationaler Ebene. Es ist fast wie im Fussball: Wir haben nicht das Budget eines FC Basel, aber kurze Entscheidungswege, eine starke Verankerung in der Region und eine Portion Mut zum Risiko. Kann irgendwie überprüft werden, ob an den Energietagen eingebrachte Ideen oder initiierte Weiterentwicklungen es auch bis in die Praxis schaffen? Gibt es Beispiele? Wüstenhagen: Ein Beispiel ist das «Kundenbarometer erneuerbare Energien», dessen Ergebnisse die Universität St. Gallen seit 2012 jährlich in Zusammenarbeit mit Raiffeisen an den Energietagen vorstellt, und die der Bank Impulse für die Weiterentwicklung ihres Produktsortiments gibt. Ein zweites Beispiel: Zwar war das St. Galler Geothermie-Projekt leider nicht von Erfolg gekrönt, aber dank des Geothermiekongresses können nun Akteure in anderen Landesteilen, zum Beispiel in Genf, von den gemachten Erfahrungen profitieren. 4 Energie Dienstag, 28. Juni 2016 Zuerst eine Siedlung, dann die Stadt In St. Gallen entsteht eine Wohnsiedlung, die den Energieverbrauch der Bewohner steuert. Weitere Projekte von der Art der «Sturzenegg» sollen folgen. Die Wohnbaugenossenschaft St. Gallen nimmt als Bauherrin eine Vorreiterrolle ein und kooperiert dafür mit den Stadtwerken. zung der hauseigenen Energiequellen und die Energieeffizienz zu steigern, ohne dass irgendwelche Komforteinbussen hinzunehmen sind. Eine spezielle App, die «Sturzen-App», hilft den Mietern, den Energieverbrauch in der Wohnung zu überblicken. Man kann darüber auch den Verbrauch der Gesamtüberbauung abrufen. Die App dient zudem als digitaler Marktplatz. Zum Beispiel lassen sich hier Gegenstände teilen: Wer eine Bohrmaschine braucht, schaut per App nach, welcher Nachbar eine besitzt, und leiht sie sich von diesem aus. Ausserdem sind Informationen zur Wohnung, etwa Bedienungsanleitungen, verfügbar. Der Mieter kann über die App auch den Hausabwart oder die Verwaltung kontaktieren. ANDREAS LORENZ-MEYER Songdo bedeutet Insel der Pinien. Den lyrischen Namen trägt eine Planstadt am Gelben Meer, bei der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Sie wird, wenn sie fertig ist, ein hochmodernes Finanz- und Wirtschaftszentrum sein, ausgestattet mit Universitäten, Schulen, Krankenhäusern. Und einer ausgefeilten Energieversorgung. Ganz Songdo ist nämlich vernetzt. Überall gibt es Sensoren, die Daten sammeln und so den Energieverbrauch senken. Hält sich zum Beispiel gerade niemand in einem Raum auf, wird der auch nicht beheizt. Das soll Einsparungen von über 30 Prozent bringen im Vergleich zu konventionellen Städten. Songdo, ein Vorbild in Sachen Energieeffizienz. Intelligent gesteuert Was die Südkoreaner im grossen durchführen, plant St. Gallen vorerst im kleinen. Am Westrand der Stadt errichtet die Wohnbaugenossenschaft St. Gallen eine Siedlung mit 69 Wohnungen, verteilt auf 3 Mehrfamilienhäuser. Das Besondere daran: die dezentrale Energieproduktion und – speicherung und die intelligente Steuerung der Energieproduktion. Dafür sind die St. Galler Stadtwerke verantwortlich, die sich das Konzept zusammen mit der Genossenschaft ausgedacht haben. Die Basis der Energieversorgung bilden zwei Blockheizkraftwerke im. Sie liefern die Wärme für Heizung und Warmwasser. Zudem produzieren sie Strom, als Ergänzung zu den drei Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Blockheizkraftwerke lassen sich flexibel ansteuern. Steht in der Siedlung nicht genug Solarstrom zur Verfügung, springen sie ein. Hinzukommt später, nach dem ersten Betriebsjahr, ein zentraler Batteriespeicher. Der wird mit überschüssigem Strom geladen. Und dann wieder entladen, wenn die Bewohner die Elektrizität benötigen. Auch die Wettervorhersage wird ins Energiesystem miteinbezogen. Man prognostiziert damit die Erträge der Solaranlagen und erstellt die Fahrpläne der Blockheizkraftwerke. An einem sonnigen Tag etwa verbrauchen die Bewohner die elektrische Es geht auch ohne eine App In den Wohnungen wird ebenfalls Energie gespart. Die Duschwannen haben einen integrierten Wärmetauscher. Das senkt die Nebenkosten und damit die Bruttomiete. Das Ablesen der Zählerdaten für Wärme-, Strom- und Wasserverbrauch läuft automatisch ab. Doch wie gehen die Stadtwerke mit dem Datenschutz um? Bei dem Energiekonzept fallen viele persönliche Daten an. «Das Thema ist uns sehr wichtig», betont Huwiler. Als Energiedienstleister passe man die Praxis laufend den geltenden nationalen Datenschutzvorgaben an. Selbstverständlich kann auch jeder Bewohner frei wählen, ob er die Sturzen-App überhaupt verwenden möchte. Bilder: WBG St. Gallen (oben), www.zebra.ch (unten) Das künftige Gesicht der Siedlung Sturzenegg (oben) und die Grossbaustelle im Mai 2016. Energie zuerst selber. Dann wird damit der Batteriespeicher geladen und die Produktion der Blockheizkraftwerke auf den Abend und die Nacht verschoben. Die Mieter können so bei idealen Verhältnissen zuerst den vor Ort produzierten Strom beziehen. Marco Huwiler von den Stadtwerken: «Die technischen Komponenten unseres Systems sind, wenn man sie einzeln betrachtet, nicht neu. Aber in ihrer Kombination doch einzigartig.» Unkompliziert für Bewohner Wer in der Siedlung wohnt, muss sich mit den Details der Energieerzeugung nicht weiter auskennen. Auf komplizierte Technik hat man bewusst verzichtet. Es geht darum, die Nut- E-Mobile dienen als Speicher Die Gebäude werden dem ökologisch anspruchsvollen Minergie-A-Standard entsprechen. Ab Herbst 2017 ziehen die Mieter ein. Von den 69 Wohnungen sind bereits 40 reserviert. «Wir rechnen mit Vollvermietung bei Erstbezug», so Jaques-Michel Conrad von der Wohnbaugenossenschaft. Das Projekt sei im Vergleich zu anderen dieser Grösse nicht wesentlich teurer. Die ContractingLösung mit den Stadtwerken im Bereich Energie könne mit jeder anderen Lösung konkurrieren. Bedenken wegen des Datenschutzes habe niemand geäussert. Vor dem Erstbezug informiert man die Mieterschaft aber noch einmal über die Datenspeicherung. Zum Konzept gehört auch, die E-Mobilität der Bewohner zu fördern. Insgesamt sind sechs Stellplätze mit Ladestationen für Autos mit Elektroantrieb vorgesehen, drei Aussenstellplätze, drei Garagenstellplätze. Weiter ist eine Zusammenarbeit mit dem Carsharing-Anbieter Mobility geplant. Dessen Elektrofahrzeuge, zwei an der Zahl, dienen bei Nichtgebrauch als Energiespeicher. Das Projekt bringt allen Beteiligten nur Vorteile, findet Huwiler. Die Wohnbaugenossenschaft als Bauherrin kann neue Mietergruppen ansprechen und neue Konzepte testen. Die Mieter wohnen in einem modernen Gebäude mit ökologischem Mehrwert. Und die Stadtwerke sammeln Erfahrungen mit vernetzter, dezentraler Energieproduktion sowie -speicherung und lernen beim intelligenten Steuern und Regeln eines Energiesystems dazu. Huwiler: «Solche Systeme sieht das Energiekonzept 2050 der Stadt St. Gallen für die Zukunft ja vermehrt vor.» Optimierung Energiesystem Bei dem Energiekonzept geht es um den ökologischen Umbau der Energieversorgung. Und da spielt Photovoltaik eine wichtige Rolle. «Blockheizkraftwerke wie die in der Überbauung Sturzenegg ergänzen den Ausbau von Solarstrom in idealer Weise», sagt Huwiler. «Sie können jederzeit als Stromerzeuger einspringen, vor allem im Winter, wenn die Solarstromproduktion viel geringer als im Sommer ist.» Momentan basieren Blockheizkraftwerke in St. Gallen auf Erdgas, also einem fossilen Energieträger. Man plant aber, den Anteil von Biogas und synthetischem Gas weiter zu erhöhen. So wird das gesammelte Grüngut aus der Stadt zu Biogas aufbereitet und in das öffentliche Erdgasnetz eingespeist. Das Projekt Sturzenegg soll den Grundstein für die Optimierung des gesamten städtischen Energiesystems bilden. Huwiler: «Als Testumfeld im kleinen gehen wir später über zur Umsetzung im grossen.» Weitere Siedlungen nach dem Modell Sturzenegg zu konzipieren und zu steuern, ist also geplant.» Datenaustausch in der Smart City Der Begriff «Smart City» bezeichnet im allgemeinen die Vernetzung einer ganzen Stadt. Alles ist miteinander verbunden: Strassenlampen, Ampeln, Autos, Ticketautomaten, Sammelcontainer, Haushaltsgeräte, Energieerzeugungsanlagen. Die Vernetzung soll hohe Lebensqualität sichern, gleichzeitig den Ressourcenverbrauch niedrig halten. Das kann in Zukunft zum Beispiel so aussehen: In den Wohnungen sind Smart Meter installiert, intelligente Stromzähler. Sie haben Internetverbindung und registrieren unter anderem den aktuellen Strompreis. Ist dieser niedrig, weil die Sonne scheint und die Solaranlagen in der Umgebung viel Strom produzieren, geht die vorher befüllte Waschmaschine automatisch an. Ihr Besitzer muss gar nicht da sein. Alles läuft von selbst. Hohe Ansprüche an Sicherheit So weit ist es noch nicht. Aber das technische Fundament für die künftige Smart City St. Gallen wird schon gelegt. Man baut das Glasfasernetz aus und erweitert es um eine strahlungsarme Funktechnik, den Long-Range-Standard, kurz LoRa. IBM und Cisco haben ihn entwickelt. Die St. Galler Stadtwerke testeten LoRa im Rahmen des Pilotprojekts «Smartnet». Es kann viele Objekte vernetzen, so lassen sich Strassenlampen fernsteuern, Stromzähler auslesen und Das Energiekonzept 2050 «St. Gallen ist auf dem Weg in eine ‹saubere Energiezukunft›». So lautet das Oberziel des Energiekonzepts 2050, das sich auf die Bereiche Strom, Wärme und Mobilität bezieht. Die CO2-Belastung durch die städtische Energieversorgung soll sinken, die Energieeffizienz verbessert, der Anteil erneuerbarer Energien vergrössert werden. Viele kleinere Einheiten wie Photovoltaikanlagen auf den Hausdächern führt man dabei zu einem virtuellen Kraftwerk zusammen. Läuft es wie geplant, halbiert sich der Gesamtenergiebedarf für Raumwärme und Warmwasser bis 2050. Und der Anteil fossiler Brennstoffe sinkt auf weniger als 25 Prozent. (alm) die Belegungen von Aussenparkplätzen erfassen. Letzteres würde Autofahrern in St. Gallen künftig das Leben erleichtern. Sie müssten nicht lange nach einem freien Parkplatz suchen. Er wird ihnen auf dem Display angezeigt. Bei dem ganzen Datenverkehr muss jedoch die Datensicherheit gewährleistet sein. Und da kann es Probleme geben. Anfang des Jahres wurde ein Sicherheitsleck im Zürcher Prime Tower ausgemacht. Dieses Gebäude ist stark vernetzt. Übers Internet liess sich ermitteln, welche Parkplätze im Haus wann belegt waren. Diese Daten, so hiess es, hätten Einbrecher für sich nutzen können. Zudem wäre es für Aussenstehende möglich gewesen, die Steuerung der ganzen Anlage zu übernehmen, etwa Schranken willkürlich auf- und zuzuschliessen. Die IG Smart City Städte wie Winterthur, Basel, Zürich und Genf, aber auch St. Gallen haben sich auf Initiative des Bundes zur IG Smart City zusammengeschlossen. Diese hat das Ziel, die Diskussion über den Smart-City-Ansatz anzuregen und diesen weiterzuentwickeln. «Eine der grossen Herausforderungen für Smart-City-Projekte ist es, dass dafür oftmals eine einwandfreie Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen nötig ist, was nicht immer einfach zu erreichen ist», sagt Benjamin Szemkus, Projektleiter von Smart City Schweiz. (alm/wie) Energie 5 Dienstag, 28. Juni 2016 Hausmodernisierung planen: 1 ● 2 ● 3 ● Sanierungskonzept Baubegleitung Ersatzneubau Haus dämmen: 4 ● 5 ● 6 ● 7 ● 8 ● 9 ● Dach Estrichboden Fassade Kellerdecke Fenster Komfortlüftung Effiziente Haustechnik: 10 ● 11 ● 12 ● 13 ● Elektroboiler-Ersatz Anschluss ans Fernwärmenetz Elektroheizungs-Ersatz Blockheizkraftwerk (Wärme und Strom) Erneuerbare Energien: 14 ● Warmwasser-Solaranlage (Sonnenkollektor) 15 Solarstrom-Anlage ● (Photovoltaik) 16 Erdsonden-Wärmepumpe ● (Erdwärme) Bild: Amt für Umwelt und Energie Stadt St. Gallen Wie ein Haus energetisch sinnvoll modernisiert werden kann, zeigt diese Grafik. Ansatzpunkte zur Energieeinsparung gibt es viele. Wer umdenkt, wird gefördert Kanton und Stadt St. Gallen haben sich in ihren Energiekonzepten hohe Ziele gesteckt. Die Bevölkerung muss dabei den Wandel zu erneuerbaren Energien und höherer Energieeffizienz mittragen. Motivieren sollen Förderbeiträge – den Durchblick im Beitragsdschungel zu erlangen, ist nicht einfach. MALOLO KESSLER Die Kohlendioxidemission bis im Jahr 2020 um 20 Prozent reduzieren: Das ist das Ziel, das sich der Kanton St. Gallen in seinem Energiekonzept gesteckt hat. Ein solches Konzept hat auch die Stadt St. Gallen. In diesem sieht sie unter anderem vor, bis 2050 den Gesamtenergiebedarf für Raumwärme und Warmwasser zu halbieren. Damit haben sich Stadt und Kanton ehrgeizige Ziele gesteckt. Ziele, die sich nur erreichen lassen, wenn die Bevölkerung umdenkt. Woher gibt es wofür Geld? Anreiz zum Umdenken sollen Fördermassnahmen bieten. Wer auf erneuerbare Energien, einen tieferen Verbrauch und einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen setzt, wird finanziell unterstützt. Nur: Von wem genau? Und welche Bedingungen müssen erfüllt werden? Fragen, mit denen sich sowohl Hausbesitzer als auch Unternehmen konfrontiert sehen. Es gibt mittlerweile Fördergelder von Bund, Kantonen und einzelnen Gemeinden. Die Förderlandschaft ist bisweilen also für Laien – und sogar für Fachpersonen – ziemlich undurchschaubar. Und sie ist stetig im Wandel. So hat beispielsweise der Kanton kürzlich drei neue Fördermassnahmen lanciert (siehe dazu der Artikel unten). «Die rasante Zunahme der Förderprogramme in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass es immer schwieriger wird, den Überblick über die verschiedenen Fördermassnahmen zu behalten», sagt Philipp Egger, Geschäftsleiter der Energieagentur. Die Energieagentur verhilft, genauso wie das städtische Kundenzentrum für Energie- und Umweltfragen, zum Durchblick im Fördergelderdschungel und bietet kostenlose, niederschwellige Beratungen in allen Energiefragen (siehe Box). Beliebter Elektroboiler-Ersatz Kantonal gefördert werden verschiedene Bereiche der Energiepolitik, wobei der Schwerpunkt auf dem Gebäudesektor liegt. Dazu gehören nicht nur Sanierungen, sondern auch Investitionen in erneuerbare Energien. In Sonnenkollektoren etwa, die zur Wassererwärmung und Heizungsunterstützung dienen. Im Jahr 2015 sind gemäss Statis- tik der Energieagentur für diese Massnahme kantonsweit rund 300 finanzielle Beiträge gesprochen worden. Damit ist der Einbau von Sonnenkollektoren die zweitbeliebteste Massnahme. Die beliebteste Massnahme, also jene, für die am häufigsten Fördergelder beantragt wurden, ist der Ersatz von Elektroboilern. Ein Drittel der Wohneinheiten ist derzeit noch mit einem solchen ausgestattet. Wer nun seinen Elektroboiler zum Beispiel mit einem Wärmepumpenboiler auswechselt, erhält vom Kanton einen Pauschalbeitrag von 1000 Franken. Im Jahr 2015 konnten laut Egger so über 500 Elektroboiler ersetzt werden. «Generell stellen wir fest, dass viele bereit sind, im Gebäudesektor etwas zu machen», sagt er. «Der Verkehrssektor hingegen hinkt etwas hinterher.» Wer Förderbeiträge beantragen möchte, dürfe vor allem aber eines nicht vergessen: «Der Antrag muss vor der Umsetzung der Massnahme passieren – und ja nicht erst danach.» Die Wärme grösstes Potenzial Das gilt natürlich auch in der Stadt St. Gallen. Sie setzt in ihrem Energiekonzept 2050 auf drei Schwerpunkte: Wärme, Elektrizität und Mobilität. Bislang sei vor allem der Bereich Wärme gefördert worden, sagt Harry Künzle, der Leiter des Amts für Umwelt und Energie. «Dies, weil da sowohl der grösste Handlungsbedarf als auch der grösste Handlungsspielraum für die Stadt besteht.» Bei der Stadt anzahlmässig am häufigsten beantragt werden Fördergelder laut Künzle von privaten Hauseigentümern. Finanziell fallen aber die KMU und institutionellen Liegenschaftsbesit- zer unter dem Strich mehr ins Gewicht: Die Förderbeträge pro Gesuch seien da jeweils höher. 172 500 Franken Fördergelder Am beliebtesten sind Wärmedämmmassnahmen. Also etwa der Ersatz alter Fenster oder Arbeiten an Hausfassaden. In den vergangenen Jahren hat die Stadt für solche Massnahmen im Schnitt jährlich 150 Gesuche bewilligt und ausbezahlt. Ebenfalls beliebt sind Fernwärmeanschlüsse mit durchschnittlich 30 bewilligten Gesuchen. Ein sol- Anlaufstellen für Fragen rund um Energie Seit gut dreieinhalb Jahren hat der Kanton St. Gallen eine Anlaufstelle für Energiefragen: die Energieagentur, deren Gründung damals gesamtschweizerisch eine Pioniertat war. Die Aufgabe der Agentur ist, die energiepolitischen Aktivitäten des Kantons St. Gallen, der Gemeinden und der Wirtschaft aufeinander abzustimmen und die verschiedenen Massnahmen zu bündeln. Als spezielle Dienstleistung be- rät die Energieagentur die Gemeinden bei der Auslegung von kommunalen oder regionalen Förderungsprogrammen. Weitere Informationen gibt es unter www.energieagentur-sg.ch. Für die Stadtbevölkerung bietet die Stadt St. Gallen im Kundenzentrum für Energie und Umweltfragen an der Vadianstrasse eine Energieberatung an. Weitere Informationen dazu finden sich unter www.stadt.sg.ch. (mk) cher wurde auch bei der Sanierung der Schulanlage Feldli im Sömmerli-Quartier in St. Gallen installiert. Das Schulhaus auf städtischem Boden ist ein Paradebeispiel für eine nachhaltige Sanierung. Die umfassenden Sanierungsarbeiten haben, inklusive der energetischen Massnahmen, insgesamt zwölf Millionen Franken gekostet. Aus dem Fördergeldertopf kamen 172 500 Franken: 125 000 Franken für Wärmedämmung, 39 000 Franken für Wärmerückgewinnung und 8500 Franken für den Fernwärmeanschluss. 1000 Elektroautos im Jahr 2020 Derzeit beschäftige sich die Stadt allerdings nicht mehr nur mit baulichen Massnahmen. «Der Bereich Mobilität steht bei uns immer mehr im Fokus», sagt Harry Künzle. Denn Elektrofahrzeuge sind auf den St. Galler Strassen noch rar: Im Moment gibt es etwa 100. Das Ziel der Stadt ist, dass es bis im Jahr 2020 deren 1000 sind. Daher sollen ab Herbst auch Privatpersonen, die ein Elektroauto kaufen, dafür einen Förderbeitrag erhalten: Je nach Energieeffizienz des Fahrzeugs bis zu 5000 Franken. Geld für drei neue Fördermassnahmen MALOLO KESSLER Für den Ersatz von Elektroboilern oder den Einbau von Sonnenkollektoren bietet der Kanton St. Gallen schon länger Förderbeiträge. Kürzlich hat der Kanton St. Gallen sein Förderprogramm um drei Massnahmen erweitert: Neu gibt es seit diesem Frühling finanzielle Beiträge für Wärmepumpen, Beratungen und für alternative Wärmenetze. Geld für Modernisierung Die erste Förderungsmassnahme betrifft die Modernisierung von bestehenden Einfamilienund Mehrfamilienhäusern sowie für Dienstleistungs- und Schulgebäude. Wer sich entscheidet, vor der Modernisierung ein Konzept erstellen zu lassen, kann da- für beim Kanton einen Beitrag beantragen. Anschliessend kann er sich aus dem gut 130köpfigen Expertenpool der Energieagentur St. Gallen einen Berater aussuchen. Dieser erstellt dann ein detailliertes Konzept mit Modernisierungsvorschlägen. So werden etwa der energetische Zustand und der Energieverbrauch des Gebäudes beurteilt, und es wird evaluiert, ob es sich für Solarenergie eignen würde. Weiter werden Überlegungen zu Aufstockung oder Anbauten angestellt und Kostenschätzungen zu den Massnahmen abgegeben. Die Erstellung eines Konzepts wird mit einem Förderbeitrag unterstützt, die Konzepte werden von der Energieagentur überprüft. Werden danach Massnahmen umgesetzt, gibt es nochmals einen Beitrag. Ein Beispiel: Der Eigentümer eines Einfamilienhauses lässt ein Modernisierungskonzept erstellen. Dafür erhält er 4500 Franken Fördergeld. Im Konzept wird der Einbau von Sonnenkollektoren empfohlen, welchen der Eigentümer innerhalb von zwei Jahren realisiert. Für die Umsetzung dieser Massnahme bekommt er 3000 Franken, hinzu kommt der Bonus für die Konzeptumsetzung, der 2500 Franken beträgt. Damit belaufen sich die Fördergelder in dieser Beispielrechnung auf insgesamt 10 000 Franken. Bild: Energieagentur St. Gallen Zusammen mit einem Berater der Energieagentur St. Gallen wird ein detailliertes Konzept mit Modernisierungsvorschlägen erstellt. Wärmepumpen fördern Die zweite neue Fördermassnahme betrifft Wärmepumpen. Hausbesitzer, die ihre Öl- oder Gasheizung durch eine solche ersetzen wollen, können einen Beitrag beantragen. Ausserdem wird auch der Einsatz von Stromund Wärmeproduktionszählern, welche die Effizienz von Wärmepumpen aufzeigen, gefördert. Das sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Pumpen. Unterstützung für Anergienetze Mit der dritten Massnahme, die vor allem Unternehmen und die öffentliche Hand betrifft, werden sogenannte Anergienetze finanziell unterstützt. Über solche Netze wird Wasser mit einer Temperatur von etwa 8 bis 20 Grad transportiert. Die Wärme, die zum Beispiel aus geklärtem Abwasser stammt, wird bei den Verbrauchern mittels Wärmepumpen auf die gewünschte Temperatur gebracht. 6 Energie Dienstag, 28. Juni 2016 Geniessen und dabei Gutes tun Essen und Trinken gehören zu jenen Momenten, in denen man gerne zurücklehnt und geniesst. Noch grösser wird der Genuss, wenn die Umwelt ebenfalls profitiert, ohne dass der Komfort verlorengeht. MARTIN BRUNNER In ihrem Energiekonzept 2050 hat sich die Stadt St. Gallen auf die Fahne geschrieben, ihren Anteil zur Energiezukunft beizutragen. Wärme, Strom und neu auch Mobilität gehören zu den grossen Stossrichtungen, in denen viel Spar- und Effizienzpotenzial liegt. Ein kleiner, nicht unbedeutender Teil davon ist das Projekt «clevergeniessen in St. Gallen», bei dem es um die Zutaten für einen energiebewussten und klimafreundlichen kulinarischen Genuss geht. Hochbeete sind beliebt Nicht Verzicht, sondern bewusstes, lustvolles Handeln und Nachhaltigkeit stehen dabei im Vordergrund. Dass unter diesen Vorgaben das «Urban Gardening» auftaucht, also das Gärtnern in der Stadt, gehört zum Konzept. Städtische Konsumentinnen und Konsumenten sollen erfahren, dass trotz vielen Bauten und Strassen in einer Stadt viel Essbares wachsen kann. «Aktuell sind die Hochbeete an vier Standorten, die bei der Bevölkerung auf grosses Interesse stossen», sagt Karin Hungerbühler, stellvertretende Leiterin des Amtes für Umwelt und Energie. «Viele haben richtig Spass, selber Hand anzulegen.» Sie erwähnt aber auch Wildpflanzen, die überall in der Stadt wachsen und die in einem Gericht wunderbar schmecken. Warum also nicht einen Schritt weitergehen und selber auf dem Balkon oder auf einer Terrasse ei- Lustvolle Umsetzung Im Rahmen von «clevergeniessen» entstanden in St. Gallen überall Anlässe für umweltfreundliches Handeln. Es gibt Kurse zu «Essbare Wildpflanzen in der Stadt», «Kreative Kräuterküche», «Kochen mit Wurzeln und Wildfrüchten», «Balkongärtnern», «Unkraut, Kreuz oder Segen» usw. Die Brache im Lachenquartier steht Hob- bygärtnern offen. Kinder beschäftigen sich als Gartenkinder mit dem Gärtnern. Restaurants bemühen sich, mit regionalen Produkten zu kochen. «Wir können unsere Energieziele nur erreichen, wenn wir unser Verhalten ändern», sagt Karin Hungerbühler. «Das kann und soll aber auf lustvolle Art geschehen.» (mab) Kompostieren Küchenabfall von Würmern zersetzen lassen Bild: mab Beim Kochen fallen täglich viele organische Abfälle an. Diese landen meist im normalen Müll, der danach aufwändig verbrannt werden muss. Einfamilienhausbesitzer haben es einfach. Sie können sich als umweltschonende Lösung ihren eigenen Kompost einrichten. Für sie steht die Kompostberatung von Entsorgung St. Gallen mit Rat und Tat zur Verfügung. Schwieriger wird es für Mieter. Ab 1. Januar 2017 bietet Entsorgung St. Gallen die Grüngutabfuhr für Speisereste, Rüstund Gartenabfälle. In Gossau halten Kathrin und Magnus Hälg (im Bild) eine wirksame Methode bereit. In einem balkonfähigen System machen sich Würmer leise und effizient ans Werk. Sie zersetzen den Küchenabfall geruchslos und verwandeln ihn in wertvolle Erde, die gleich für die nächste Aussaat dienen kann. Weitere Infos unter www.naturwurm.ch. (mab) nen kleinen Garten einrichten? Gemüse und Kräuter, Beeren und Früchte, selber gehegt und gepflegt, steigern den Genuss um ein Vielfaches. Und das Amt für Umwelt und Energie steht mit Rat und Tat zur Seite. Regionale Produkte geniessen Doch nicht alle Menschen verfügen über einen grünen Daumen. Für jene empfiehlt Karin Hungerbühler, beim Kauf der Lebensmittel auf kurze Transportwege und lokale/regionale Produkte zu achten, wo immer das möglich ist. «Was in unserer Umgebung wächst, kommt in der Energiebilanz sehr gut weg», sagt sie. «Das gilt ebenso für unseren zweiten Pfeiler, die saisonalen und frischen Produkte. Fallen Lagerung und Transport weg, so wirkt sich dies positiv auf den Energieverbrauch aus.» Zudem schmecken solche Produkte oft besser, weil sie in der Regel natürlich gewachsen sind, reif geerntet werden und ihre wertvollen Inhaltsstoffe voll entwickeln können. Zu «clevergeniessen» gehört aber auch ein Bereich, der für Fleischliebhaber heikel werden könnte. «Fleisch verschlingt in seiner Produktion in Form von Wasser, Futter und Boden sehr viel Energie. Treibhausgase ent- Bild: pd Die Hochbeete an vier Standorten in der Stadt St. Gallen sind Teil des Projekts «clevergeniessen». stehen.» Für Hungerbühler ist aber klar, dass ein Verzicht auf Fleisch nicht für alle die Lösung sein kann. Diese sieht sie vielmehr in einem bewussten, massvollen Konsum und in der Regionalität, auch mit Rücksicht auf die tiergerechte Haltung. Foodwaste vermeiden Fehlt noch der Schritt in die Küche. Der Fokus liegt hier auf der schonenden und energiebewussten Zubereitung der Speisen. Karin Hungerbühler empfiehlt, beim Kochen einen Pfannendeckel zu verwenden, den Kühlschrank auf die richtige Temperatur einzustellen, Geräte immer vollständig vom Strom zu nehmen usw. Das letzte Stichwort des Projektes ist der «Foodwaste». Rund ein Drittel aller noch geniessbaren Lebensmittel landet heute im Abfall. Das ist nicht nur Energie, die ungenutzt verpufft. Für Karin Hungerbühler ist dieser Bereich deshalb von besonderer Bedeutung. «Eine gute Möglichkeit zur Vermeidung von Foodwaste ist, sich vor dem Einkauf genau zu überlegen, was und wie viel man braucht», betont sie. «Spontane Einkäufe lohnen sich meist nicht, denn sie können viel Abfall verursachen.» «2000 Watt sind möglich» 2000 Watt pro Person und Jahr. Das scheint bei einem derzeitigen Wert von über 5000 Watt fast unmöglich. Trotzdem verfolgen genau dieses Ziel viele Schweizer Städte, darunter auch St. Gallen und Gossau. Die Energie war bis vor wenigen Jahren noch kaum ein Thema. Sie war da und man verbrauchte sie. Heute aber ist klar, dass die Ressourcen nicht unendlich lange reichen werden. Vor allem Erdöl dürfte schon bald knapp werden. Ein mögliches und realistisches Gegensteuer bildet die 2000-Watt-Gesellschaft. Sie steht für eine nachhaltige Gesellschaft, die mit weniger Energieverbrauch keinen Komfort einbüssen muss. Umweltbewusst handeln Mit etwas unter 5000 Watt pro Jahr und Person im Jahr 2014 ist die Schweizer Bevölkerung weit weg vom Ziel. Das schreckt Karin Hungerbühler nicht ab. «Wir schaffen die Energiewende und die 2000-Watt- Gesellschaft», sagt die stellvertretende Leiterin des Amtes für Umwelt und Energie der Stadt St. Gallen mit Überzeugung. «Deshalb ist sie auch Ziel unseres Energiekonzepts 2050.» Sie begrüsst dabei, dass umweltbewusstes Handeln ein Trend geworden ist. Minergiehäuser, Elektroautos, Ökostrom, LED-Technik, effizientere Geräte und vieles mehr tragen entscheidend zum Ziel bei. Darum werden sie in der Stadt St. Gallen auch gefördert. Verschiedene Energieversorger der Region offerieren ihren Strombezügern unterschiedliche Varianten beim Strommix. Auf Nachhaltigkeit ohne Komforteinbusse Die Grafik zeigt den Energiebedarf pro Kopf, angegeben als Dauerleistung in Watt. Ziel ist es, die 2000-Watt-Gesellschaft bis ins Jahr 2050 erreicht zu haben. 5000 4000 3000 2000 1000 0 2010 Wärme 2050 Elektrizität Quelle: EnergieKonzept der Stadt St. Gallen/Grafik: St. Galler Tagblatt Ziel Mobilität diesem Weg können die Verbraucher mitbestimmen, wie ökologisch die verbrauchte Energie sein soll. Eigenes Verhalten ändern Karin Hungerbühler weist darauf hin, dass bald einmal die Grenzen der Effizienz erreicht sein werden. Die Technik ist irgendwann mal ausgereizt. «Es ist deshalb entscheidend, dass wir auch unser eigenes Verhalten anschauen», betont sie. «Nur so sind die 2000 Watt realistisch.» Als gute Möglichkeiten erwähnt sie «clevergeniessen in St. Gallen» (siehe Artikel oben). Aber auch weniger Wohnraum pro Person und gemeinschaftliches Wohnen spart Energie. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kann man der Umwelt Gutes tun. Mit der Anpassung des eigenen Lebensstils scheint also die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft durchaus möglich zu sein, bei gleich hohem Komfort und ohne Verzicht. «Unsere Vision kann ein Gewinn an Lebensqualität sein, wenn wir wissen, dass wir uns für unser Klima und für unsere Zukunft einsetzen. Mit kleinen Schritten kommen wir mit Sicherheit an unser Ziel.» (mab) Energie 7 Dienstag, 28. Juni 2016 «Weniger ist weniger» Weitermachen wie bisher sei ein Wagnis, sagt der deutsche Soziologe Harald Welzer von Futurzwei – Stiftung Zukunftsfähigkeit in Potsdam, der an den Energie-Tagen in St. Gallen referiert hat. Die Digitalisierung führe in die falsche Richtung und nur zur Steigerung des Konsums. Zudem kann das Lehrpersonal damit in der Regel viel schlechter umgehen als die Schüler selber. Durch eine solche Massnahme einer Schule wird ein grundfalsches gesellschaftliches System unterstützt. BRUNO KNELLWOLF Herr Welzer, vor der Bahnschranke stehen minutenlang zwanzig Autos – bewegungslos. 17 Fahrer schaffen es trotzdem nicht, den Motor abzustellen. Der Klimawandel interessiert die nicht. Harald Welzer: Sie interessieren sich vielleicht schon. Aber nur abstrakt und nicht konkret. Die ausbleibende Verhaltensveränderung trotz aller Warnungen ist darauf zurückzuführen, dass wir alle dazu neigen, nach aktuellen Opportunitäten zu entscheiden. Man kann total besorgt sein wegen des Klimawandels, aber dennoch denken, für mein Kind ist es doch viel sicherer, wenn ich es mit einem möglichst grossen und schweren Auto 500 Meter in den Kindergarten fahre. Warum wehrt sich niemand gegen die negativen Seiten der Digitalisierung? Welzer: Weil die gesellschaftlichen Eliten – Politik, Wirtschaftsunternehmen und Universitäten – genauso auf den Quatsch hereinfallen wie die normalen Bürger auch. Sie hören immer nur von der Technologie der Zukunft, von Segnungen der Industrie 4.0. Besser wäre, den Diskurs darüber zu führen, was wir überhaupt davon brauchen. Was davon macht unser Leben schlechter? Interessant ist ja auch, dass die Energiefrage im Kontext der Digitalisierung überhaupt nie ein Thema ist. Ausser die ständige Behauptung, dass damit alles effizienter werde und so Energie spare. Das ist derselbe Unsinn wie der mit dem papierlosen Büro. Die Digitalisierung trägt nur zur Steigerung der Umsatzgeschwindigkeit bei. Die Digitalisierung ist eine Fortsetzung der fossilen Steigerungswirtschaft. Warum ist das so? Welzer: Das ist ein Kardinalbeispiel für fehlgegangene Kommunikation. Man glaubt, Menschen verändern etwas, weil man ihnen Daten liefert zum Klimawandel. Es wäre doch viel interessanter, darüber zu sprechen, wie beschränkend es für das arme Kind ist, wenn es ständig in einen solchen Panzerwagen steigen muss, anstatt sich selber den Ort mit Freunden zu erschliessen. Man hätte dann ein positives Argument, das automatisch zu einer Verhaltensänderung im gewünschten Sinne führen könnte. Das erzeuge ich nicht, indem ich abstrakt über Dinge spreche, welche die Menschen scheinbar nicht betreffen. Eine abstrakte, ferne Bedrohung. Gibt es eine Übersättigung durch Katastrophenbilder? Welzer: Ja, total. Nicht nur eine Übersättigung durch Bilder, sondern auch durch UntergangsRhetorik. Wenn wir bis 2050 den Wandel nicht schaffen, dann ist das Verhängnis nicht aufzuhalten und so weiter. Menschen unter 50 in unseren Ländern haben nie etwas anderes gehört. Aber der Untergang trifft nicht ein. Die Untergangsrhetorik gehört zum gesellschaftlichen Normalbestand, hat aber keine Anbindung an die Wirklichkeit. Untergangsrhetorik ist nicht «Untergangsrhetorik gehört zum gesellschaftlichen Normalbestand.» motivierend. Im Gegenteil: Wenn die Welt eh untergeht, dann mach ich lieber noch Party. Trotzdem hat die Wissenschaft die Pflicht, Fakten zu liefern. Welzer: Die Wissenschaft ist aber nicht in der Pflicht, diese vernünftig zu kommunizieren. Das können Sie nicht. Klimaforscher verstehen nichts von Kommunikation. Sie malen den Teufel an die Wand und propagieren sinnlose Ziele. Mit dem 2-Grad-Ziel für die Erderwärmung haben sie sich in eine Falle begeben. Was sollten die Forscher tun? Welzer: Sie müssten sich die Frage stellen, wie man Praxisveränderung erzeugen kann. Die erzeuge ich nicht nur durch Aufklärung, sondern durch Vorleben einer anderen Haltung. Ich kann Bewusstsein für klimaneutralen Verkehr nur dadurch herstellen, indem ich klimaneutralen Verkehr bereitstelle. Die Schweizer Bahn ist ein gutes Beispiel. Die Es fehlt die Reflexion beim Thema Digitalisierung. Welzer: Genau. Weil diese Firmen ein derart gutes Marketing haben, fällt nicht auf, dass der Digitalisierungs-Kaiser ziemlich nackt ist. Zieht man ihm den Stecker, funktioniert er nicht mehr. Gesellschaftlicher Fortschritt war bis anhin immer eine Erhöhung von Autonomie: Menschen sind freier, sie leben länger, sie können mitentscheiden. Digitalisierung ist das Gegenteil. Die Gesellschaft ist abhängig von einer Technologie, die viel Energie frisst. Das ist nicht smart, das ist dumm. Noch herrscht die Vorstellung, dass Digitalisierung die Dinge besser macht. Das macht sie nicht. Es dient nur zur Steigerung des Konsums. «Untergangsrhetorik ist nicht motivierend», sagt Harald Welzer am Nationalen EnergiekonzeptKongress in St. Gallen. Bild: Michel Canonica Schweiz hat die höchste Zugdichte überhaupt. Nicht weil die Leute an den Klimawandel denken, sondern weil ein gutes Bahnangebot zur Verfügung steht. Trotzdem bleibt das individuelle Bedürfnis für individuelle Mobilität stark. Welzer: Das reduziert sich in unseren Gesellschaften. Für junge Menschen ist das eigene Auto kein Lebensziel mehr. Für Menschen meiner Generation war das Auto alles. Das mag stimmen in Bezug auf die Mobilität. Gleichzeitig führt die Digitalisierung aber wieder zu mehr Individualität. Welzer: Erst wenn die Kosten und Belastungen wegen des eigenen digitalen Leben zu gross werden, wird es eine Veränderung geben. Ich weiss von vielen Leuten, auch von meinem Sohn, dass dieses permanente OnlineSein, dieses dauernde Mitmachen-Müssen, diese permanente Überwachung eine grosse Belastung darstellt. Viele sagen, da muss ich mitmachen, will es Harald Welzer Gewagt ist nur das Weitermachen wie bisher Am 4. Nationalen Energiekonzept-Kongress in St. Gallen Ende Mai hatte der Soziologe Harald Welzer seinen grossen Auftritt. Der 57jährige Direktor von Futurzwei – Stiftung Zukunftsfähigkeit in Potsdam zeigte auf, warum es gewagt sei, so weiterzumachen wie bisher. Welzer ist Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg. Daneben lehrt er an der Universität St. Gallen. Die Schwerpunkte seiner Forschung und Lehre sind aktuell kulturwissenschaftliche Klimafolgenforschung sowie Transformationsdesign. Der Autor diverser Bücher erscheint in einem Ranking des GottliebDuttweiler-Instituts von 2013 unter den hundert wichtigsten Vordenkern weltweit. (Kn.) Harald Welzer Soziologe und Sozialpsychologe, Direktor Futurzwei, Potsdam aber nicht. Da braucht es starke Veränderungen. Bereits sehe ich viele Studenten, die wieder ein altes Handy haben statt eines Smartphones. wird nicht, wie auch nicht darüber, was in so einem eleganten elektronischen Ding steckt. Wie viele Hunderttausende Transportkilometer dafür nötig waren. Könnte das zu einer Entschleunigung führen? Welzer: Das wäre zu hoffen. Die Fortschrittsversprechen durch die Digitalisierung lösen sich ja nicht ein. Die Leute haben noch weniger Zeit. Sie sind noch gestresster. Die Menge an sinnloser Kommunikation erhöht sich stündlich. Aber natürlich ist das Marketing für diesen digitalen Kram unheimlich gut. Deshalb haben viele Phantomschmerzen, wenn sie ihr Smartphone nicht zur Verfügung haben. Wäre weniger mehr? Welzer: Ich halte den Spruch für falsch. Weniger ist weniger. Wenn ich sage, weniger ist mehr, bleibe ich im selben Denken verhaftet. Da kriege ich ja noch mehr, wenn ich schlau bin. Das Weniger ist eine Entlastung. Das Mehr wird immer mehr zur Belastung – noch mehr Kaufentscheide, zu viel Preisvergleiche, zu viel vollgestellte Wohnungen. Weniger ist deshalb eine höhere Lebensqualität. Warum ist es gelungen, den Leuten einzureden, online einkaufen sei eine gute Sache? Welzer: Wahrscheinlich weil das Argument der Bequemlichkeit gerade bei Leuten, die glauben, keine Zeit zu haben, gut angekommen ist. Ein Teufelskreis. Das Digitale frisst ihnen die Zeit weg, weshalb sie keine Zeit haben, ins Geschäft zu gehen, um sich beraten zu lassen. OnlineEinkauf suggeriert Bequemlichkeit, Schnelligkeit, Minderung des eigenen Aufwands. Dass dadurch die Warenströme vergrössert werden, ist da egal. Welzer: Darüber gesprochen Die Digitalisierung scheint unaufhaltsam. Auch am Gymnasium macht der Trend nicht halt, wo neu Laptop-Klassen installiert werden. Bücher statt Laptops an einer Kantonsschule? Welzer: Das halte ich für total falsch. In der Schule ist man sich einig, dass man generalistisches Wissen braucht, weil unsere Welt sich so schnell verändert, dass man flexibel sein muss. Um das herstellen zu können, brauche ich genau das, was Schulen immer vermittelt haben: Grundrechenarten, höhere Mathematik, Fremdsprachen und so weiter. Ich brauche nicht diese elektronischen Dinger, die in wenigen Jahren sowieso veraltet sind. Wie soll man positiv formulieren? Welzer: Man muss konkrete Geschichten erzählen und Situatio- «Das Marketing für diesen digitalen Kram ist unheimlich gut.» nen schaffen, in denen erfahrbar wird, dass eine Kultur des Wenigers ein Mehr an Lebensqualität mit sich bringt. Das erzählen jene, die ihr Leben dementsprechend verändert haben. Da müsste man genau bei der Smartphone-Jugend ansetzen, was schwierig sein könnte. Welzer: Das glaube ich nicht. Ich habe sogar eine gegenteilige Theorie. Ich glaube, dass unsere Generation der Erwachsenen so fasziniert ist, weil alles so neu ist. Und so bequem. Die Kinder haben aber nie eine andere Welt kennengelernt. Wogegen rebellieren sie aber normalerweise? Gegen das, was sie für selbstverständlich halten. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass diese Generation der Natives und der noch Jüngeren am ehesten die kritischen Punkte sieht. Harald Welzer: Die smarte Diktatur – der Angriff auf unsere Freiheit. S. Fischer Verlag 2016, Fr. 28.90 8 Energie Dienstag, 28. Juni 2016 Einfache Antworten gibt es nicht Studie als Grundlage Die Wissenschaft ist dafür da, Erkenntnisse zu sammeln, Bestehendes zu hinterfragen und Denkanstösse zu liefern. Bis jedoch neues Gedankengut auf breiter Basis gesellschaftlich akzeptiert wird, braucht es manchmal seine Zeit. Kalorien zur Verfügung zu haben. Während der E-Biker die Strecke abfährt und ins Ziel gelangt, ohne dass sein Körper viel Energie dafür aufwenden musste, hat der gewöhnliche Velofahrer einen erhöhten Stoffwechsel. Die aufgenommene Nahrung wurde verbrannt, um seine Muskeln und schliesslich sein Gefährt anzutreiben. Hier stellt sich nun die Frage, wie viel Energie dazu verwendet werden musste, damit die aufgenommene Nahrung hergestellt, transportiert und gekocht werden konnte. Falls sich der Fahrer hauptsächlich durch Fleischkost ernährt hat, geht nach der Studie das E-Bike sogar als Gewinner hervor, auch wenn bei der Fabrikation desselben die Umwelt um ein Vielfaches mehr belastet wird als bei einem Rennrad. Denn nur schon die Energie, die zum Kochen benutzt wird, fällt teilweise mehr ins Gewicht als der entsprechende Fahrstrom, den ein E-Bike benötigt. CHRISTOPH SULSER Technische Neuerungen werden nicht nur als Chance verstanden, sondern treffen oftmals auch auf Vorbehalte. Man liest vermehrt von der digitalen Revolution, welche die Arbeitswelt radikal verändern wird. Oder von der Energiewende, bei der durch die Herstellung erneuerbarer Energien einerseits positive Effekte für die Umwelt erzielt werden, andererseits aber auch Verlierer entstehen: Beispielsweise die Kraftwerksbetreiber, die am herkömmlichen Weg der Energiegewinnung festhalten und langsam ihr Monopol verlieren. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass solch technologische Umwälzungen und die dadurch entstehenden Veränderungen in der Gesellschaft nichts Ungewöhnliches sind. Aufgrund der Ungewissheit, was der Fortschritt mit sich bringt, ist es jedoch verständlich, dass ein solcher Wandel Unbehagen auslösen kann. Bleibt die Frage, ob die Veränderungen mehr Chancen oder aber mehr Risiken für die Gesellschaft mit sich bringen. Technik und Gesellschaft Auf diese Frage eine einfache Antwort zu geben, ist kaum möglich, denn die Thematik ist schlicht zu komplex. Dieser Tatsache ist sich auch Marcel Gauch bewusst, der als Projektmanager am «Technology & Society Lab» der Empa in St. Gallen arbeitet. «Die Leute wollen entweder ein ‹Ja› oder ein ‹Nein› hören. Ein ‹Kommt drauf an› passt da nicht rein», sagt er. Bei Gauchs Abteilung handelt es sich um eine interdisziplinäre Forschungsgruppe, die technologische Neuerungen und deren Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft untersucht. Dabei wird eine ganzheitliche Betrachtungsweise angestrebt, das heisst möglichst viele Faktoren sollen in die Studien mit einfliessen und werden über einen längeren Zeitraum betrachtet. Strom ist nicht gleich Strom Im Bereich der Mobilität bedeutet dies beispielsweise, dass nicht nur ein Lebensabschnitt eines Fahrzeugs, sondern seine ganze Lebensspanne betrachtet wird. Von der Fabrikation über die Betriebszeit bis hin zur Ent- Bild: Fotolia Eine E-Bike-Fahrt ist je nach Betrachtung weniger umweltbelastend als jene mit dem normalen Velo. sorgung des Vehikels. Des Weiteren wird einberechnet, mit welchem Treibstoff das Fahrzeug angetrieben wird. Mit herkömmlichen fossilen Brennstoffen wie Benzin oder Diesel oder mit Strom. Bei letzterem stellt sich wiederum die Frage, ob der Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonnenenergie oder Wasserkraft stammt oder aber von herkömmlichen Kraftwerken. Ein Elektroauto, das mit Strom aus Kohlenkraftwerken angetrieben wird, hat dann eben keine bessere Ökobilanz als ein herkömmlicher Mittelklassewagen, der mit Diesel unterwegs ist. Um die Ecke denken Die Thematik ist oft kompliziert. Als Konsument geht man davon aus: Wo grün draufsteht, ist auch grün drin. Doch ganz so einfach ist es nicht. Um diese Komplexität zu veranschaulichen, hat Marcel Gauch ein Gedankenspiel durchgeführt und zwei Velofahrer miteinander verglichen. Der eine sitzt auf einem gewöhnlichen Rennrad, der andere auf einem E-Bike. Beide Fahrer radeln über die gleiche Strecke, wobei am Schluss gemes- sen wird, wer von beiden die Umwelt mehr belastet hat. Aus dem Bauch heraus würde man sofort sagen, dass der herkömmliche Velofahrer die Umwelt gar nicht belastet hat, da weder Schadstoffe ausgestossen noch Strom verbraucht wurde. Doch wenn man einen Schritt weiter denkt, sieht die Sache et- was anders aus: Es lässt sich aus energetischer Sicht berechnen, wie viel Energie ein Velofahrer benötigt, um eine bestimmte Strecke zu meistern. Das weiss jeder Teilnehmer an der Tour de Suisse, der vor und während dem Rennen Energie in Form von Spaghetti, Fleisch oder Bananen zu sich nehmen muss, um die benötigten Treibhausgase pro Kilometer Fährt ein E-Auto mit Strom aus Kohle, so schneidet es schlechter ab als eines mit Verbrennungsmotor. Mit dem CH- und dem Europäischen Strommix ist es im Vorteil (Treibhausgase). Zertifizierter Strom CH Strommix CH Kombikraftwerk EU Strommix EU Kohlekraftwerk EU Auto benzinbetrieben Strasseninfrastruktur Herstellung Auto Betrieb der Fahrzeuge Quelle: TA-SWISS Studie/Grafik: St. Galler Tagblatt Gegebenes hinterfragen «Mit solchen Fragestellungen verletzt man ein Tabu», sagt Marcel Gauch. Es komme dann manchmal zu heftigen Gegenreaktionen. Dabei geht es der Wissenschaft nicht darum, das eine oder das andere gegeneinander aufzuwiegen, sondern sie will Gegebenes hinterfragen und weiterdenken. Das Interessante dabei sei der Umstand, so Gauch, dass eine solche Studie derartige Emotionen hervorrufe. Ähnlich verhalte es sich bei einem Vergleich von Autos – das eine mit Verbrennungsmotor, das andere mit Elektroantrieb. Für Marcel Gauch ist klar: Ein Umsteigen auf Fahrzeuge, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, ist für die Umwelt zwingend notwendig. Das Festhalten an vermeintlich Bewährtem sei in den Köpfen aber sehr stark. «Skeptiker bauen sich die wildesten Argumente zusammen, um ihre Standpunkte zu unterstreichen», sagt Gauch. Erneuerbare Energien und somit umweltschonende Techniken halten zunehmend auch in der Mobilität Einzug – auch wenn es Zeit braucht und lange dauert, bis der Widerstand bröckelt und die Bedenken vor dem Neuen schwinden. In der Schweiz verursacht der motorisierte Verkehr einen grossen Teil des CO2-Ausstosses. Elektroautos gelten daher als Hoffnungsträger für eine nachhaltige Mobilität. Mit den neuen Fahrzeugen kann die Abhängigkeit von konventionellen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel vermindert werden. Jedoch kommt es darauf an, wie der Strom für die Elektrofahrzeuge produziert wurde. Viele erwarten von der Elektromobilität, dass dadurch der Verkehr umweltverträglicher gemacht wird. Schliesslich stossen elektrisch angetriebene Fahrzeuge keine Schadstoffe aus, und sie zirkulieren beinahe lautlos. Doch werden beim Bau der Batterien wiederum umweltbelastende Stoffe benötigt. Und auch bei deren Entsorgung gibt es noch einige Probleme zu lösen. Es müssen daher viele Bedingungen erfüllt sein, damit die alternativen Antriebsformen ökologisch auch tatsächlich zum Tragen kommen. Chancen und Risiken Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung hat mit «Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz» eine Studie herausgebracht, die sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die Elektromobilität ins Schweizer Verkehrssystem einfügen könnte. Darin wird untersucht, welche Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erwarten sind. In drei Szenarien werden mutmassliche Entwicklungen für die nähere und fernere Zukunft bis 2030 entwickelt. Beispielsweise wird der Frage nachgegangen, wie sich ein Wandel von herkömmlichen Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben auf den Stromverbrauch auswirkt und was dies für den gesamten Stromverbrauch in der Schweiz bedeutet. Auch für breite Kreise gedacht Fragen rund um die Ausgestaltung des Verkehrssystems betreffen viele Menschen, und die Thematik birgt ein gewisses Konfliktpotential in sich. Die aus den Projekten des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung resultierenden Empfehlungen dienen deshalb dem Parlament und dem Bundesrat als Hilfsmittel bei Entscheidungen, besonders bei kontrovers diskutierten Technologie-Themen. Aber auch Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaftler und die Medien sollen angesprochen werden.(chs) www.ta-swiss.ch/elektromobilitaet/ Treibstoffe für die Zukunft finden CHRISTOPH SULSER Wie eine Garage aus der Zukunft wirkt sie – die Demonstrationsund Technologietransfer-Plattform «move», welche kürzlich von der Empa in Dübendorf eröffnet wurde. Doch nicht nur das Aussehen der Anlage wirkt futuristisch, auch der Bestimmungszweck von «move» ist ganz der Zukunft verschrieben. Forscherinnen und Forscher tüfteln hier an neuen Antriebskonzepten für Fahrzeuge, wobei eine Frage entscheidend ist: Wie lassen sich zukünftige Antriebe herstellen, die im Vergleich zu den heutigen Verbrennungsmotoren signifikant weniger CO2Emissionen verursachen? Überschuss an Strom Der mobile Verkehr verursacht in der Schweiz rund 40 Prozent des gesamten CO2-Ausstosses. Um diesen Prozentsatz zu senken, müssen anstatt der fossilen Brennstoffe wie Diesel und Benzin andere Energieträger gefunden werden; namentlich überschüssiger Strom, der aus Sonnen-, Wind- oder Wasserenergie gewonnen wird. Die Produktion dieser erneuerbaren Energien nimmt stetig zu, was besonders in den Sommermonaten zu einem Überschuss führt. Denn der Strom aus Photovoltaikanlagen oder Windrädern wird zusätzlich zu – und nicht an Stelle von – herkömmlichem Strom aus Atomkraftwerken produziert. Dies resultiert daraus, dass sich die bestehenden Kraftwerke nur schwer regulieren lassen und mehr oder weniger immer die gleiche Menge an Strom liefern. In der Folge kommt es im Stromnetz zu einem Eng- pass – salopp gesagt: Es hat zu wenig Platz. Der zusätzlich produzierte, erneuerbare Strom kann nicht gespeichert werden. Anstatt den erneuerbaren Strom einfach verpuffen zu lassen, soll er nun zukünftig in Treibstoff für Autos, Nutzfahrzeuge und Arbeitsmaschinen umgewandelt werden. Nach dem Vorbild der Natur Eine Möglichkeit, die überschüssige erneuerbare Energie für die Mobilität nutzbar zu machen, stellt die Umwandlung des Stroms in Wasserstoff dar. Im Vergleich zu einem Elektrofahrzeug, das über eine wiederaufladbare Batterie mit Strom betrieben wird, ist ein mit Wasserstoff angetriebenes Fahrzeug zwar weniger effizient, dafür kann der Wasserstoff länger gespeichert werden. Sicherheitsbedenken, ob Bild: Empa Die Demonstrations- und Technologietransfer-Plattform «move». Fahren mit Wasserstoff gefährlich sei, gibt es heute nicht mehr. Auch die Nachhaltigkeit der neuen Technologie kann positiv be- wertet werden, solange zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff erneuerbare Energie eingesetzt wird. Die Empa-Forscher innen und Forscher untersuchen in «move» jedoch nicht nur den Wasserstoffantrieb. Von Elektroüber Hybrid- bis hin zu Gasfahrzeugen wird eine breite Palette an Antriebstechnologien betrachtet, die entsprechend ihren Vorteilen für unterschiedliche Anwendungen genutzt werden sollen. Neben den ökologischen und energetischen Vergleichen soll auch die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Konzepte zusammen mit Umsetzungspartnern miteinander verglichen werden. Die Plattform «move» dient somit nicht nur der Erforschung der motorisierten Mobilität in der Zukunft, sondern es wird auch ganz allgemein der Umstieg von fossiler zu erneuerbarer Energie betrachtet. Das Fernziel: Nach dem Vorbild der Natur soll einst ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf realisiert werden. Energie 9 Dienstag, 28. Juni 2016 Mobilität als weiterer Schwerpunkt Die Energiestadt St. Gallen richtet ihren Fokus mit Blick auf die Ziele des Energiekonzepts 2050 verstärkt auf die Mobilität. Bis 2020 sollen hier 1000 Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge unterwegs sein. Ob das Ziel erreicht wird, hängt auch von einer genügend guten Infrastruktur ab. MARTIN WIESMANN Lange Zeit waren – einige Spezialfahrzeuge ausgenommen – mit Erdgas betriebene Autos in Sachen «grüne Mobilität» der einzige konkrete Ansatzpunkt in der Praxis. Aber dann kam auch Bewegung in die Szene der Elektromobile: Mit jedem Quartal wurden die Batteriesysteme leistungsfähiger. Verfeinerte hybride Antriebssysteme und Kombiantriebe sorgten für rasch ansteigende Reichweiten bis zur nächsten nötigen «Betankung». Als weitere Komponente für eine erfolgreiche E-Mobilität spielt nun in Zukunft die sich rasch ausbreitende dezentrale Energieproduktion mit. Denn wohin mit dem selber erzeugten Solarstrom, wenn bei einem Sommerhoch die Sonne fast überall gleichzeitig scheint? Ein möglicher Teil der Lösung sind auch Batterien von E-Mobilen. Weitere E-Tankstellen kommen Die St. Galler Stadtwerke (SGSW) befassen sich seit zehn Jahren mit dem Thema Mobilität. Die erste öffentliche E-Ladestation entstand bei der Fachhochschule. Aktuell sind in der Gallusstadt insgesamt sieben öffentliche E-Ladestationen am Netz, vier davon mit Beteiligung der Stadtwerke. «Der Markt ist noch nicht im Aufbau, sondern eigentlich erst in der Entstehung begriffen», heisst es bei den SGSW. Diese sind seitens des Stadtrates beauftragt, weitere Ladestationen aufzubauen und in der Nachbarschaft dafür Partnerschaften einzugehen. Das ist leichter gesagt als getan, denn: Eine Schnellladestation kostet rund 100 000 Franken an Investitionen, und nicht jeder Standort ist optimal. So sind eine Rund-um-die-Uhr-Zugänglichkeit und eine gute Verkehrserschliessung an günstig frequentierter Lage wichtige Erfolgsfaktoren. Die Stadtwerke prüfen aber jede Anfrage individuell und beraten massgeschnei- nelle Tankstelle nur ihre eigene Kundenkarte akzeptieren würde. Nach heutigen Dienstleistungsvorstellungen undenkbar! Demnächst entscheiden sich die SGSW unter mehreren Anbietern auf dem Markt für ein möglichst benutzerfreundliches System. Ob es das Richtige gewesen sein wird, zeigt sich erst, wenn der Markt spielt. Bis dann braucht es den Mut, mit kalkulierbarem Risiko die Entstehung des Marktes regional gezielt zu fördern. Öffentliche Stromtankstellen in St. Gallen sind noch im Aufbau Zurzeit gibt es in St. Gallen erst ein paar (zurzeit sieben) öffentliche Tankstellen für E-Mobile. Auch sind seit Jahren zwei Gastankstellen installiert. Eine nächste E-Tankstelle kommt im August auf dem Areal der Empa dazu. Weitere werden noch dieses Jahr folgen. A1 St. Gallen Quelle: lemnet.org, Grafik: St. Galler Tagblatt dert. Man ist sich bei den SGSW sicher: «Im laufenden Jahr werden mehrere zusätzliche öffentliche E-Ladestationen realisiert.» Im August installieren SGSW und Empa partnerschaftlich eine weitere öffentliche SchnellLadestation auf dem Empa-Areal. Klar ist für die Stadtwerke, dass die Energie für E-Ladestationen «konsequenterweise aus erneuerbaren Quellen stammt». Ziel: Regional gleicher Standard Dass auf städtischem Gebiet das «Tankstellennetz» bald dichter sein wird, ist aber systemisch betrachtet noch nicht genügend Anreiz, um die E-Mobilität erfolgreich zu fördern, sprich: die Men- schen zum Kauf von EMobilen zu bewegen. Nur wenn man in der gesamten Region ein einheitliches System anbiete, könne man auch einen gewissen Standard setzen, argumentieren die St. Galler Stadtwerke. Man weiss dort aus Gesprächen: «Kleine Gemeinden haben die Ressourcen nicht, um eine eigene Infrastrukturlösung aufzubauen.» Aktuell gibt es bereits Kooperationen mit den Gemeinden Steinach und Roggwil. Weitere Verhandlungen seien am Laufen. Wie wichtig ein mindestens regional einheitliches System ist, zeigt sich etwa beim Zahlungssystem. Man stelle sich zum Vergleich vor, dass jede konventio- Beiträge aus dem Energiefonds Ähnlich den Anreizsystemen in Nachbarländern wird die Stadt St. Gallen Förderbeiträge für den Kauf von Elektro- und Plug-inHybrid-Fahrzeugen leisten. Bis ins Jahr 2020 soll in einer ersten Phase die Anschaffung von 800 Fahrzeugen mit Beiträgen aus dem Energiefonds unterstützt werden. Diese Förderung der EMobilität soll ab Herbst 2016 wirksam sein und ist an Bedingungen geknüpft, welche die Zielerreichungen aus dem städtischen Energiekonzept 2050 unterstützen. Dienstleistungen der St. Galler Stadtwerke Um das Netz der Strombetankungsmöglichkeiten weiter zu verdichten, bieten die Stadtwerke sogenannte «Mobilitäts-Pakete» für Private und für KMU an. Diese bestehen einerseits aus den eigentlichen Heimladestationen, welche durch Fachleute installiert werden müssen. Anderseits geht es um ein Servicepaket, das die Wartung garantiert. Im Rahmen dieser vertraglichen Pakete sollen die Geräte innert ein paar Jahren amortisiert sein. (wie) Auskünfte gibt es bei den SGSW an der Vadianstrasse 6 oder auch per Mail: [email protected] Bild: pd Ein Elektromobil wird an einer Heimladestation «aufgetankt». Erdgasbetriebene Automobile sollen zukünftig mit Biogas fahren MARTIN WIESMANN So richtig durchgestartet sind die erdgasbetriebenen Automobile von ihrer Anzahl her in den vergangenen Jahren im privaten Sektor nicht. Gas gegeben hat an verschiedenen Orten vor allem die öffentliche Hand. So sind in der Autoflotte der Stadtverwaltung St. Gallen aktuell auch mit Gas betriebene Fahrzeuge unterwegs. Auch wenn die Stadt in ihrer Flotte hauptsächlich die Zahl der Elektroautos erhöhen will, so betont sie doch die Wichtigkeit der «Gasfahrzeuge» im Rahmen des Energiekonzepts 2050. Schritt für Schritt ökologischer Die Energiezukunft definiert sich nicht unwesentlich auch dadurch, dass Energie dezentral erzeugt wird, und dass alles genutzt werden soll, was nachhaltige und saubere Energie hergibt. Hierbei ist die Rolle von Biogas nicht zu unterschätzen. Schon heute enthält das Erdgas, welches an den beiden Tankstellen in St. Gallen gezapft werden kann, einen Biogasanteil von 20 Prozent. Auch das Logo an den Gastankstellen enthält inzwischen auch den Begriff «Biogas». Dessen Anteil im Mix wird steigen und es ist technisch auch problemlos, Erdgasfahrzeuge hundertprozentig mit Biogas zu betanken. Keine Reichweitenprobleme Während es für ein bedeutendes Wachstum der E-Mobilität noch an Infrastruktur fehlt (siehe im oberen Artikel auf dieser Seite), gibt es beim Erdgas kaum mehr solche Hemmnisse. Erdgas/Biogas ist schweizweit bei mehr als 140 Tankstellen erhältlich. Die Betankung erfolgt rasch und kostengünstig. Moderne Fahrzeuge verfügen über zwei vollwertige Tanks. Ist der Erdgastank leer, wird automatisch auf Fahrbetrieb mit Benzin umgestellt. Das ist etwa im Ausland ein Vorteil, wo das Netz an Gastankstellen nicht überall gleich dicht ist. Auch wenn aktuell noch der grösste Teil des Betriebsstoffs Erdgas ist, so sind solchermassen betriebene Autos klar umweltfreundlicher unterwegs als die Bild: Mareycke Frehner In der Stadt St. Gallen gibt es zwei BP-Gastankstellen der Stadtwerke: In Winkeln und in Neudorf. «Benziner» : Der CO2-Ausstoss ist um einen Viertel geringer, es werden zwischen 60 und 90 Prozent weniger Schadstoffe emittiert, und es gibt keine Feinstaubbelastung. CO2-freundliche Erdgasautos sind im Kanton St. Gallen im Inverkehrssetzungsjahr und den drei folgenden Jahren vollständig von der Verkehrssteuer befreit. Zwei Förderaktionen Dass die gasbasierte Mobilität einen neuen Schub bekommen kann, weiss auch die Automobilindustrie. Zurzeit läuft schweiz- weit eine Aktion mit Fiat zu deren Erdgasmodellen. Zusammen mit dem Importeur haben auch die Stadtwerke St. Gallen attraktive Preise gestaltet. Laut Auskunft der SGSW wird im Herbst dieses Jahres eine weitere ähnliche Aktion folgen. 10 Energie Inserenteninfo Know-how für die Gesellschaft der Zukunft Dienstag, 28. Juni 2016 s Mit Stromspeicher den Eigenverbrauch optimieren W zu konzipieren. Sie planen, konstruieren und berechnen Infrastruktur-Anlagen. Sie lernen ebenfalls, die geplanten Anlagen zu realisieren, in Betrieb zu nehmen und sie auch zuverlässig zu betreiben. Fürs Studium kann man sich im Internet anmelden. (pd) er heute eine Photovoltaikanlage auf seinem Hausdach plant, denkt nicht an die Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz, sondern vor allem an seine Nutzung im eigenen Haushalt. Mit einem Batteriespeicher holt man das Maximum aus der eigenen Solaranlage. Ein grosser Teil der selbst erzeugten Energie wird im Privathaushalt meist morgens und abends verbraucht, während Solarstrom tagsüber erzeugt wird. Das Batterie-System optimiert die Nutzung der selbst erzeugten Sonnenenergie, indem überschüssige Energie für den Verbrauch zu einem späteren Zeitpunkt gespeichert wird. Sobald die Batterie voll und der Verbrauch im Haus gedeckt ist, wird der überschüssige Strom ins öffentliche Netz eingespeist. Ziel ist es jedoch, so viel Energie wie möglich selbst zu nutzen. Das Ergebnis: maximaler Eigenverbrauchsanteil und maximale Unabhängigkeit bei der Energieversorgung. So kann ein Überschuss an Solarstrom zu Zeiten geringer oder keiner Erzeugung genutzt werden. Die Heizplan AG zeigt auf, wie man Eigenstromproduzent wird. Ihre Fachleute beraten individuell für eine massgeschneiderte Speicherlösung, die zur Steigerung des Eigenverbrauchsanteils führt. (pd) HSR Hochschule für Technik Rapperswil www.hsr.ch FHO Fachhochschule Ostschweiz Heizplan AG 9473 Gams Telefon 081 750 34 50 www.heizplan.ch Bild: pd Power-to-Gas-Anlage an der HSR. Sie ermöglicht es, Kraftstoff CO2-neutral zu gewinnen. J eden Tag brauchen die Menschen Strom, Trinkwasser, Treibstoffe, Heizung. Die Art, wie die Gesellschaft diese Bedürfnisse deckt, wird sich ändern. An der HSR lernen Bachelor-Studierende, wie sie als Ingenieurinnen und Ingenieure die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien und Rohstoffen mitgestalten können. Der Wunsch der Gesellschaft nach sauberen, erneuerbaren Rohstoffen und Energien fordert Lö- sungen aus der Industrie. Viele Unternehmen suchen deshalb nach entsprechend ausgebildeten Fachleuten. Der Studiengang EEU Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil bildet junge Ingenieurinnen und Ingenieure aus, um den Wandel der aktuellen Infrastruktur hin zu erneuerbaren Rohstoffen und Energien zu meistern. EEU-Absolventinnen und -Absolventen lernen deshalb nicht nur Bild: pd Batteriespeicher von Fronius mit einer nutzbaren Speicherkapazität von 4,5 bis 12,0 Kilowattstunden. NEU M VIDEO IT -CLIP S AN M E L DE N, LAGER ANM BLOGGEN BLO GGEN U ND P R OFITI ER E N ! Der Lagerblog ist der direkte Draht in die Ostschweizer Lager. Das Tagblatt, Ramseier und Migros Kulturprozent unterstützt auch dieses Jahr während den ganzen Sommerferien euer Lager. Jetzt anmelden und von attraktiven Angeboten profitieren: www.tagblatt.ch/lagerblog VIDEOS UND FOTOGALERIE Für jedes angemeldete Lager steht eine eigene Fotogalerie zur Verfügung. Neu können auch Videos hochgeladen werden, so dass Daheimgebliebene dank eurer Schnappschüsse und Clips nah am Geschehen sind. VERANSTALTER: TELEGRAMME Übermittelt eure Telegramme online und lasst Eltern, Geschwister und Götti zu Hause an euren Erlebnissen teilhaben. Eine Auswahl an Telegrammen wird zudem regelmässig in der Zeitung abgedruckt. 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