40 KOLPI NGMAGAZI N J U LI–AUGUST 2016 LÄNDLICHE ENTWICKLUNG Wege aus der Armut Ländliche Entwicklung, Bildung und Beratung – damit hilft Kolping den Menschen in Westafrika. Die Kolpingmitglieder wollen ihr Leben verbessern. Dafür arbeiten sie – nicht allein sondern als Gemeinschaft. TEXT I FOTOS: Georg Wahl Schulung im Versuchsfeld der Kolpingsfamilie Ahépé. Landwirtschaftsberater Macolo Dodji (4.v.l.) spricht mit den Bauern über Mögklichkeiten zur Verbesserung des Maisanbaus. 42 M acolo Dodji schraubt die kleine Plastik- Hühnermist über alles zu streuen und das ganze zu dose auf und schüttet das weiße Pulver in durchmischen. Insgesamt bauen die Bauern drei eine Tonschale, die er auf den Ackerbo- Schichten, zubereitet nach dem selben Prinzip, überden gestellt hat. Während er Wasser hin- einander, bis sie einen anderthalb Meter hohen Komzufügt und das Pulver darin auflöst, erklärt er den posthaufen mit einem Durchmesser von drei Metern Männern, die ihm zuschauen, was diese Mischung so errichtet haben. In den kommenden Wochen werden wertvoll macht. Bei dem weißen Pulver handelt es sie den Berg drei Mal umschichten, bis der Kompost sich um ein Pilzsubstrat, das die Kompostierung von nach drei bis vier Wochen ausgereift ist und zur DünPflanzenresten beschleunigt. Im gung und Bodenverbesserung einSchatten niedriger Bäume erklärt gesetzt werden kann. Den KomMacolo Dodji den Kleinbauern post werden die Bauern später auf heute, wie sie mit einfachen Mitdem Versuchsfeld verteilen, das sie teln einen guten Schnellkompost unter Anleitung des Landwirt„Bildung ist der herstellen. Die Bauern sind alle schaftsberaters auf dem Feld eines Schlüssel zu Mitglieder der Kolpingsfamilie Kolpingmitgliedes angelegt haben. Ahépé. Macolo Dodji ist einer der Die Landwirtschaftskurse und einem besseren Landwirtschaftsberater des Instidie Beratung sind Schwerpunkte Leben.“ tutes für Beratung und technische der Kolpingarbeit in Westafrika. Unterstützung IKAT. Das Institut Hier hat jede Familie eine kleine arbeitet mit Kolping und anderen Landwirtschaft, die oft nur reicht, Tay Koku Amédomé Laurent, Geschäftsführer des KolpingNichtregierungsorganisationen um die eigene Familie zu ernähren. werkes Togo zusammen, da diese den direkten Kolping ist auch deshalb für die Kontakt zu den Kleinbauern haMenschen so attraktiv, weil sie in ben. Der Staat bezahlt die Berater, den zahlreich angebotenen Kursen Kolping übernimmt die Kosten für zu verschiedenen Themen der Anfahrt und Essen. Landwirtschaft lernen, wie sie besser wirtschaften Für die Kompostbereitung legen die Männer zu- können. Übereinstimmend berichten die Mitglieder, nächst trockenes Gras auf einen Haufen. Mit Mache- wie sie mit dem Gelernten bessere Erträge erzielen ten zerkleinern sie die sperrigen Halme und Blätter. und mit dem Verkauf der Erzeugnisse mehr Geld verDanach gießt Macolo Dodji die Pilzsubstratlösung dienen als vorher. darüber. Diese Lösung wird den Prozess der KomposDas Versuchsfeld der Kolpingsfamilie wirkt für eitierung erheblich beschleunigen. Anschließend bittet nen Außenstehenden unscheinbar; es ist erklärungsder Berater einen der Bauern, den bereitgestellten bedürftig. Doch die Bauern erfassen mit einem Blick, KOLPI NGMAGAZI N J U LI–AUGUST 2016 LÄNDLICHE ENTWICKLUNG Links: Macolo Dodji besucht regelmäßig die Kleinbauern und begutachtet ihre Felder. was hier das besondere ist: Die in Reihen wachsenden Maispflanzen sehen schon im frühen Wachstumsstadium kräftiger aus, als vergleichbare Pflanzen auf den Nachbarfeldern. Der ausgebrachte Kompost dient als guter Dünger, außerdem verbessert er die Boden struktur und schützt den Ackerboden vor Austrocknung. Die Maispflanzen werden es den Bauern zur Erntezeit mit höheren Kornerträgen danken. Bildung war bei Kolping schon immer der Schlüssel zu einem besseren Leben, in Deutschland und weltweit. Landwirtschaftsschulungen sind in Westafrika die Angebote, welche die Menschen entscheidend weiterbringen. Togo ist ländlich geprägt, die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von rund 48 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der wichtigste Zweig der togoischen Wirtschaft. Dabei dominieren Produkte für die Eigenversorgung: im wesentlichen Hirse, Maniok, Yams, Hülsenfrüchte, Mais. Im Entwicklungsbericht der Vereinten Nationen 2015 nimmt Togo Rang 162 von 188 Ländern ein und zählt damit zu den am niedrigsten entwickelten Ländern auf der Welt. Zum Vergleich: Deutschland steht auf Rang 6. In Togo ist vor allem die Armut der Landbevölkerung groß. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung verfügen über weniger als 1,25 US-Dollar und ungefähr 70 Prozent über weniger als 2 US-Dollar am Tag. Gleichzeitig steigt der Flächenbedarf aufgrund des starken Bevölkerungswachstums. Folgen sind eine verstärkte Brandrodung und eine der höchsten Abholzungsraten in Afrika. Unten: Die Haltung und Zucht von Kleinvieh hilft Kleinbauern. Bei Ernteausfällen können sie Geld mit dem Verkauf von Tieren verdienen. 43 LÄNDLICHE ENTWICKLUNG Oben: Elisabeth Awakesso, ist Mitglied der Kolpingsfamilie Ahépé. Sie hat an Landwirtschaftskursen teilgenommen. Dort hat sie auch gelernt, wie sie aus den getrockneten Blättern des Moringastrauches ein hochwertiges Nahrungsergänzungsmittel (grünes Mehl) herstellen kann. Hinzu kommt, dass die Folgen des Klimawandels immer deutlicher zu spüren sind. Berater des IKAT berichten, dass schon seit 30 Jahren Veränderungen beobachtet werden. Anfangs wurden Verschiebungen der Regenzeiten und die unberechenbare Intensität der Regenfälle noch als Ausreißer gewertet. Erst rückwirkend werden diese Ereignisse mit dem beginnenden Wandel in Verbindung gebracht. Das togoische Landwirtschaftsministerium und die Berater an der Basis sind sich der Herausforderungen längst bewusst, und sie reagieren mit angepassten Konzepten darauf. „Ohne Beratung kommen die Menschen nicht aus der Armut heraus“, sagt Tay Koku Amédomé Laurent, der Geschäftsführer des Kolping-Nationalverbandes Togo. Aus diesem Grund legt Kolping so großen Wert J U L I - A KTI ON 2 0 16 Mit einem Spendenaufruf bittet Kolping International um Unterstützung für Projekte der ländlichen Entwicklung in Afrika. Dort leben mehr als 85 % der Bevölkerung auf dem Land, doch die kargen Böden können die Menschen kaum ernähren. Die Felder sind zu klein, die Ernten mager, und die Bauern leiden schon jetzt unter den Folgen des Klimawandels. Doch die Verteilung von Ziegen und Kühen kann die Situation der Menschen verbessern, denn mit dem Tierdung wird ein hochwertiger Dünger hergestellt, der die Ernten verdreifacht und die Existenz der Menschen auf Dauer sichert. Dafür brauchen wir Eure Unterstützung. Bitte, helft mit Eurer Spende! Spendenkonto } } IBAN: DE97 3706 0193 0015 6400 14 / BIC: GENODED1PAX Stichwort: PM-Togo Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes e.V. Kolpingplatz 5 –11, 50667 Köln 77 880-37 / -38 / -39, Fax (02 21) 77 880-10 } E-Mail: [email protected] / www.kolping.net } } Tel. (0221) 44 KOLPI NGMAGAZI N J U LI–AUGUST 2016 auf die Zusammenarbeit mit den IKAT-Beratern. In diesem Zusammenhang spricht Laurent auch die guten Verbindungen Kolpings zum Landwirtschaftsministerium an. Direktor David M. Gligbe spricht von den Empfehlungen und Strategien, welche die Beratung inzwischen an die Bauern vermittelt. Regenzeiten verschieben sich, oder fallen ganz aus. Für Aussaat und Pflanzungen sind die Bauern aber zwingend auf verlässliche Regenfälle angewiesen. Gleichzeitig sind Bewässerungssysteme zu teuer. Stattdessen empfehlen die Berater den gleichzeitigen Anbau mehrerer verschiedener Kulturen mit unterschiedlichen Ansprüchen. Wenn der Mais vertrocknet, kann es immerhin sein, dass die Bohnen durchkommen. Der Anbau von bodendeckenden Pflanzen zwischen Maisreihen wird empfohlen, um die Austrocknung des Bodens zu verlangsamen und Erosion bei Starkregen zu vermeiden. Ein besonderes Augenmerk legen die Landwirtschaftsexperten und Kolping auf die Förderung und den Ausbau der Tierhaltung. Fallen Ernten aus, dann können die Bauern immerhin Tiere verkaufen. Darüber hinaus ist der anfallende Dung ein wertvoller Grundstoff für einen guten Kompost. Die gezielte Förderung der Kompostbereitung ist charakteristisch für die Veränderungen in der Landwirtschaft der Entwicklungsländer. Früher galten Hochleistungssorten, Kunstdünger und teure Maschinen als die richtigen Antworten auf Armut und Hunger. Mittlerweile wird eine an den Standort angepasste Landwirtschaft gelehrt, die man durchaus als ökologisch bezeichnen kann. Den Einsatz von Kunstdüngern sehen Ministerium und Berater inzwischen kritisch. Obwohl Landwirte stark subventionierte Düngemittel kaufen können, sind die Erträge im Landesdurchschnitt niedrig. Direktor David M. Gligbe fasst die aktuelle Meinung so zusammen: „Kunstdünger verschlechtert die Boden- Landwirtschaftsberater Macolo Dodji erklärt im Feld, wie die Bauern mit einfachen Mitteln einen hochwertigen Schnellkompost herstellen können. fruchtbarkeit, Kompost verbessert sie.“ Kunstdünger der Notizen können wir die Bauern besser beraten“, liefert nämlich nur Nährstoffe, während Kompost sagt Yves Laurent, „und die Bauern sehen, was die auch das Bodengefüge verbessert. Langfristig soll nun Tierhaltung kostet und wo sie vielleicht Kosten einbei den Kleinbauern der Einsatz von Kunstdüngern sparen können.“ Seit kurzem bieten IKAT und Kolreduziert und die Verwendung von Kompost ausge- ping Kurse für die Fischzucht an. Sie setzen dabei zuweitet werden. Der Direktor berichtet von ersten Er- nächst auf den Einsatz anspruchsloser Fische. folgen: Mittlerweile würden in einzelnen Dörfern nur Afrikanische Raubwelse (Clarias) haben sich als geeigmit Kompostdüngung beim Maisanbau Kornerträge nete Anfängerfische erwiesen. Sie gelten als sehr gevon 3 000 kg pro Hektar erzielt. Vorher seien es oft we- nügsam. Für die Fischzucht reichen oben offene niger als 500 kg pro Hektar geweHolzkisten. Diese werden mit eisen. ner dicken Folie wasserdicht ausDas Kolpingwerk Togo vergibt gekleidet. Ein Netz über dem BeTiere als Kredite an seine Mitgliecken verhindert, dass die Fische „Wir wollen die der. Mittlerweile halten viele Mitherausspringen. glieder Schafe, Ziegen, Hühner In Kpalimé erzählt Yves Laurent Bauern unabund Puten. Voraussetzung ist allerauch von den Anstrengungen, ein hängig vom dings, dass die Mitglieder vorher funktionierendes Genossenan Schulungen zur Tierhaltung schaftswesen aufzubauen. Kolping Kunstdünger mateilnehmen. Dort lernen sie, wie und das IKAT unterstützen gesie kostengünstig einen guten Stall meinsam den Zusammenschluss chen.“ bauen können. Yves Laurent leitet von Kleinbauern in Kooperativen. das IKAT-Büro in Kpalimé. „Die Die ersten Gruppen haben sich beDavid M. Gligbe, LandwirtBauern sollen ihre Tiere keinesfalls reits zusammengeschlossen. In der schaftsministeium Togo im Freien halten“, sagt er und erErntezeit kauft die Kooperative gänzt: „In einem Stall sind die Tieden Bauern ihre Erträge zum akture besser vor Krankheiten und vor ellen Marktpreis ab und lagert sie Viehdieben geschützt.“ Den Kredit zahlen die Bauern ein. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Preise mit den ersten Nachkommen der von Kolping erhal- steigen, verkauft die Kooperative die eingelagerten Ertenen Tiere zurück. Kolping gibt diese Tiere als neuen träge und beteiligt die jeweiligen Bauern zu 50 ProKredit an andere Mitglieder weiter, so kann der Ver- zent am Gewinn. Die anderen 50 Prozent verbleiben band ohne weitere Investitionen andere Mitglieder bei der Genossenschaft. Damit finanziert sie die Laam Tierhaltungsprogramm beteiligen. gerhaltung, und sie kann Kredite an ihre GenossenAls Starthilfe bezahlt Kolping allen Bauern die er- schaftsmitglieder vergeben. Damit können diese zum forderlichen Tiermedikamente für die ersten drei Mo- Beispiel hochwertiges Saatgut kaufen. nate. Die Teilnahme an Schulungen zur TiergesundGrundsätzlich gilt in den Genossenschaften und in heit ist verpflichtend. Außerdem müssen die Bauern den Kolpingsfamilien: Die Menschen wollen ihr Leben über jedes Tier ihres Bestandes Buch führen. „Anhand verbessern. Nicht allein, sondern in der Gemeinschaft. 1 Getrocknetes Gras und Pflanzenreste liefern die Struktur für einen guten Kompost. 2 Pilzsubtrat wird als Kom Kompostierungsbeschleuniger mit Wasser vermengt. 3 Geflügelmist liefert wert wertvolle Nährstoffe. 4 Geflügelmist und die Pilzlösung werden hinzugefügt und mit den Pflanzenresten vermischt. KOLPI NGMAGAZI N J U LI–AUGUST 2016 45
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