Prof. Christian Leumann, Vizerektor Forschung

Corporate Communication
Medienkonferenz Humanmedizin 100+
1.Juli 2016, 10h, Staatskanzlei Kanton Bern
Prof. Christian Leumann, Vizerektor Forschung Universität Bern
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Universität Bern bietet gegenwärtig die ersten 2 von insgesamt 3 Jahren des Bachelorstudiums
in Pharmazie an. Danach müssen die Studierenden die Universität Bern verlassen und an einen
der drei Standorte mit Pharmazie-Vollstudium wechseln, nämlich entweder nach Basel, Genf oder
an die ETH Zürich. Diese Situation ist für Studierende und Universität nicht nur unbefriedigend,
sondern es besteht auch die Gefahr, dass Änderungen in den Studienplänen an den Zielstandorten
dazu führen können, dass die Studierenden wertvolle und teure Zeit verlieren, was im Extremfall
zur Folge hätte, dass der Standort Bern wegen mangelnder Anschlussfähigkeit geschlossen
werden müsste.
Das Pharmaziestudium erfreut sich grosser Beliebtheit. Die Apotheke spielt in der medizinischen
Grundversorgung der Bevölkerung eine wichtige Rolle. Dies wird unterstrichen durch die kürzlich
vom Bund beschlossenen Erweiterungen der Kompetenzen, etwa in der selbstverantwortlichen
Vergabe von definierten, rezeptpflichtigen Medikamente durch Apothekerinnen und Apotheker
sowie in der Durchführung von Impfungen in der Apotheke.
Die Pharmazie spielt ausserdem eine wichtige Rolle in der Forschung. Sie bildet die Brücke
zwischen Naturwissenschaften und Medizin, indem sie sich exklusiv mit Fragen zwischen
chemischer Struktur und Wirksamkeit von neuen Arzneistoffen sowie deren idealer ‘Verpackung’
im Sinne der Verabreichungsformen befasst. Des Weiteren untersucht sie die Toxikologie sowie
die Verarbeitung der Wirkstoffe durch den menschlichen Körper. Die Entwicklung eines neuen
Medikaments ohne Einbezug pharmazeutischer Kenntnisse ist undenkbar.
Eine im Jahr 2015 vorgelegte Studie von PharmaSuisse belegt bei gleichbleibender
Ausbildungsquote mittelfristig einen Mangel an Fachkräften in der Pharmazie, was zu vermehrter
Rekrutierung von ausländischen Fachkräften führen wird, sollte die Schweiz nicht genügend
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Studienplätze anbieten können. Ein Blick vor allem nach Basel oder Genf zeigt, dass dort die
Kapazitätsgrenzen bereits erreicht sind.
Aus den genannten Gründen plant die Universität Bern den Wiederaufbau eines Bachelor- und
Masterstudiengangs in Pharmazie. Sie reagiert mit der Schaffung neuer Ausbildungsplätze auf den
prognostizierten Mangel an qualifizierten Fachkräften ab 2020. Bis 2025 müssten gemäss
vorgenannter Studie die Zahl von Studienanfängern gesamtschweizerisch von 400 auf zirka 630
erhöht werden. Sollte der Mehrbedarf vornehmlich durch inländisches Personal gedeckt werden,
steigt der Bedarf auf 750 an.
Ziel des neuen Studiengangs ist der Aufbau eines forschungsorientierten Vollstudiums im
Pharmazie für zirka 50 Studienanfängerinnen und Studienanfänger. Damit reiht sich die Ausbildung
in Pharmazie nahtlos in die Initiativen zur Stärkung des biomedizinischen Forschungsstandorts
Bern ein.
Die Forschungsaktivitäten der Universität Bern und des Inselspitals in diesem Bereich wurden in
den letzten Jahren stark ausgebaut. Zeichen dafür sind das strategische Forschungszentrum
ARTORG, das im Aufbau begriffene translationale Forschungszentrum SITEM-insel, sowie die
beiden nationalen Forschungsschwerpunkte des Schweizerischen Nationalfonds, die sich mit
biomedizinischer Forschung befassen und an der Uni Bern angesiedelt sind, nämlich den NCCRs
Transcure und RNA&Disease.
Der Zeitpunkt des Wiederaufbaus des Pharmaziestudiums ist günstig, da der parallel erfolgende
Ausbau des Medizinstudiums Synergien schafft. So kann neu benötigte Infrastruktur gemeinsam
geplant werden und aufzubauende Lehrleistungen in der Medizin können auch für das
Masterstudium in Pharmazie genutzt werden.
Der Aufbau des Pharmaziestudiums sieht die Schaffung von 3 neuen Strukturprofessuren sowie
die Anstellung von entsprechendem wissenschaftlichem Personal vor. Die Kosten werden sich auf
jährlich zirka 3 Millionen CHF belaufen. Sie werden sich auf die naturwissenschaftliche und
medizinische Fakultät sowie auf neu einzubringende Mittel verteilen.
Die Universität Bern mit Ihrer medizinischen und philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät
leisten damit einen Beitrag zur Sicherung des Bestandes von Pharmazeutinnen und Pharmazeuten
in der Schweiz und hilft indirekt, die medizinische Grundversorgung zu verbessern. Sie erhöht die
Attraktivität des Studienplatzes Bern, insbesondere des Pharmazie Grundstudiums. Insgesamt wird
dadurch auch die Insel als Universitätsspital und der Medizinalstandort Bern gestärkt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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