Tag der Bayerischen Wirtschaft – Festliches

Tag der Bayerischen Wirtschaft –
Festliches Abendessen
Montag, 27.06.2016 um 18:40 Uhr
Vertretung des Freistaats Bayern bei der Europäischen Union
Rue Wiertz 77, 1000 Brüssel
Begrüßung
Alfred Gaffal
Präsident
vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Es gilt das gesprochene Wort.
1
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Merk,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zum Tag der Bayerischen
Wirtschaft, den wir dieses Jahr zum vierten Mal
veranstalten.
Liebe Frau Staatsministerin,
ich danke Ihnen und der gesamten Bayerischen
Staatsregierung für das gute und vertrauensvolle
Miteinander
 nicht nur beim Tag der Bayerischen
Wirtschaft,
 sondern auch in Sachen Europa insgesamt.
Wir sind überzeugte Bayern – und überzeugte
Europäer.
Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen,
das Zukunftsmodell Europa zu bewahren
Nur in einem starken und wettbewerbsfähigen
Europa kann auch Bayern stark sein.
Tag der Bayerischen Wirtschaft – Festliches Abendessen,
Alfred Gaffal, Begrüßung
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Brexit
Deshalb sind auch wir betroffen von der
Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen. Der
letzte Freitag war ein schwarzer Tag für Europa.
Der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ist
eine Katastrophe, die nur Verlierer hinterlässt.
Der Brexit verschärft die politische Krise der EU.
Wir verlieren einen wichtigen Partner bei der
Verteidigung von Freihandel und Marktwirtschaft.
Euroskeptische Kräfte bekommen weiter Auftrieb.
Wirtschaftlich drohen negative Folgen für Europa,
für Großbritannien, für Deutschland und auch für
Bayern.
Schließlich sind die wirtschaftlichen
Verflechtungen Bayerns mit Großbritannien
besonders stark.
Die jüngsten Verwerfungen an den Aktien- und
Devisenmärkten zeigen, welche negativen Kräfte
der Brexit freisetzen kann.
Es droht eine neue Phase der Unsicherheit, weil
der Konsum zurückgeht und Investitionen
zurückgehalten werden.
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Alfred Gaffal, Begrüßung
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Es ist nun die dringende Aufgabe der Politik,
kühlen Kopf zu bewahren und den Schaden für
unsere Wirtschaft und Europa insgesamt so
gering wie möglich halten.
Diese Phase der Unsicherheit muss jetzt so kurz
wie möglich gehalten werden.
Die EU und Großbritannien müssen ihren
künftigen Umgang schnell miteinander definieren,
damit unsere Unternehmen Planungssicherheit
haben und ihr UK-Geschäft nicht einbricht.
Gleichzeitig muss die EU die richtigen politischen
Lehren aus dem Referendum ziehen.
Die EU darf nicht zu „business as usual“
zurückkehren, sondern sie muss sich ehrlich
fragen, warum so viele Europäer kein Vertrauen
mehr in die EU haben.
Vielen Menschen ist der große Beitrag nicht mehr
bewusst, den die EU für Frieden und Wohlstand
auf unserem Kontinent geleistet hat.
Eine aktuelle Umfrage des Pew Research Center
unter 10.000 Europäern zeigt, dass das Ansehen
der EU merklich Schaden genommen hat – auch
außerhalb Großbritanniens.
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Alfred Gaffal, Begrüßung
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Nur noch 51 Prozent der Befragten in zehn EUStaaten haben ein positives Bild der EU.
Das britische Referendum muss ein Weckruf sein.
Die richtige Antwort auf die wachsende
Euroskepsis ist aber nicht der reflexhafte Ruf
nach „mehr Europa“.
Vielmehr brauchen wir ein „besseres Europa“, das
sich auf seine Stärken besinnt und den Menschen
seinen praktischen Nutzen unter Beweis stellt.
Zur Aufarbeitung des britischen Referendums
gehört auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit
den britischen EU-Reformvorschlägen – trotz des
britischen EU-Austritts!
Aus bayerischer Sicht enthielten diese durchaus
Bedenkenswertes,
 wie die Stärkung der europäischen
Wettbewerbsfähigkeit,
 wie die strikte Beachtung der Subsidiarität,
 wie die Zuwanderung in die Sozialsysteme,
die wir wirkungsvoll unterbinden müssen,
um das Vertrauen der Menschen in die EUFreizügigkeit wiederherzustellen.
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Alfred Gaffal, Begrüßung
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Bedeutung der EU für die bayerische Wirtschaft
Meine Damen und Herren,
vor allen Dingen muss Europa wirtschaftlich
wieder zu einer Erfolgsgeschichte werden.
Sechs Jahre nach Beginn der Schuldenkrise
kämpfen viele EU-Mitglieder immer noch mit
hohen Defiziten und massiver Arbeitslosigkeit.
Das schadet nicht nur den betroffenen Staaten,
sondern auch Bayern und Deutschland:
 Im Jahr 2015 gingen 55 Prozent der
bayerischen Exporte in EU-Länder.
 Sieben der zehn größten Exportmärkte
Bayerns sind EU-Staaten.
USA (1), UK (2), China (3), Österreich (4), Frankreich (5), Italien (6),
Niederlande (7), Tschechien (8), Polen (9) und Schweiz (10).
Ein vermeintliches Rezept, um der EU wieder auf
die Beine zu helfen, führt jedoch nicht zum Ziel.
Eine Reduzierung der bayerischen und deutschen
Exportüberschüsse würde in Europa niemandem
nützen – ganz im Gegenteil.
Das zeigt unsere aktuelle Studie Die Bedeutung
der bayerischen Wirtschaft für Europa:
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6
Demnach führt die Nachfrage Deutschlands nach
Importen in den anderen EU-Staaten zu
insgesamt fünf Millionen Arbeitsplätzen.
Allein die Nachfrage der deutschen Industrie nach
Vorleistungs- und Investitionsgütern sorgt für 3,5
Millionen Jobs in anderen EU-Mitgliedsländern.
Bei einer verschlechterten Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands würde der negative Effekt für die
anderen EU-Staaten spürbar überwiegen.
Sie sehen, dass die gesamte Europäische Union
von der Stärke der deutschen Industrie profitiert.
Anstatt einzelne Mitglieder zu schwächen, sollte
die EU daher alles tun, um ihr gemeinsames
wirtschaftliches Gewicht zu steigern.
Die EU muss die richtigen Lehren aus der
Schuldenkrise ziehen und mehr Arbeitsplätze und
nachhaltiges Wachstum in ganz Europa schaffen.
Das bedeutet für uns:
 Mehr Wettbewerbsfähigkeit statt Bürokratie.
 Mehr Industriepolitik statt DeIndustrialisierung.
 Mehr Eigenverantwortung statt Umverteilung.
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Was Europa jetzt anpacken muss
Auf dem Weg aus der Krise steht die EU vor
mehreren Herausforderungen.
Um den Euro zu stabilisieren, führt an Spar- und
Reformmaßnahmen kein Weg vorbei.
Aus diesem Grund betrachten wir auch die Politik
des ultrabilligen Geldes der EZB mit Skepsis.
Das Reformtempo zu drosseln, wie es in
manchen EU-Staaten derzeit der Fall ist, ist
eindeutig der falsche Weg.
Das gilt selbstredend auch für Deutschland!
 Beim Bürokratieabbau muss die EU noch
deutlich besser werden – die Verhinderung
überflüssiger Regulierung ist der erste
Schritt, um unsere Wirtschaft zu stärken.
 Der Energiebinnenmarkt für eine sichere
und wirtschaftliche Energieversorgung muss
vollendet werden.
 Ein wichtiger Wachstumsimpuls ist der
Abschluss des Freihandelsabkommen
TTIP.
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Zur Stärkung der Wirtschaft gehört auch eine
Verbesserung des Verhältnisses zu Russland.
Die EU sollte den Brexit als Weckruf verstehen,
um ihre Russland-Politik zu überdenken.
Die EU-Sanktionen gegen Russland sind ein
Fehler. In diesen wirtschaftlich und politisch
unsicheren Zeiten müssen wir auf Dialog mit
Russland setzen, und nicht auf Konfrontation.
Im Sinne eines „besseren Europa“ gibt es
allerdings auch Bereiche, in denen sich die EU
zurückhalten sollte.
Manche Entscheidungen können vor Ort einfach
besser und nachvollziehbarer getroffen werden.
So muss die Sozialpolitik Sache der einzelnen
Mitgliedsländer bleiben.
Gedankenspiele wie die europäische
Arbeitslosenversicherung sind ein Irrweg.
Stattdessen sollte die EU konsequent die
Zukunftschancen der Digitalisierung nutzen.
Mit ihrer Digitalen Agenda ist die EU hier auf dem
richtigen Weg – von zusätzlichen Investitionen in
die Netze zur vereinheitlichten Datensicherheit.
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Das umzusetzen, ist wirklich eine
Mammutaufgabe – genauso wie die Lösung der
Flüchtlingskrise.
Die bayerische Wirtschaft leistet viel, um die zu
uns gekommenen Menschen in Arbeit und
Ausbildung zu integrieren.
Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums
müssen eine Ausnahme bleiben.
Eine Abkehr vom Schengen-System hätte
dramatische Folgen für ganz Europa.
Schluss
Um unseren Wohlstand und Arbeitsplätze zu
bewahren, brauchen wir eine erfolgreiche EU.
Die Bayerische Wirtschaft wird sich weiterhin in
die europäische Debatte einbringen – kritisch,
aber immer konstruktiv und zum Wohle Europas.
Ich wünsche uns einen angenehmen Abend und
gute Gespräche.
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Alfred Gaffal, Begrüßung