Zeitkunst, 05/2016 - Banksy

6 Zeitkunst I Ausstellungen
05:2016
Kunst – plakativ und politisch
Große Banksy-Schau in der Münchner Galerie Kronsbein / Von Manfred Möller
Banksy kritisiert in „Heavy Weapon“ den Einsatz von Waffen
E
r soll aus Bristol kommen und
Robin Gunningham heißen. Spekuliert wird viel, doch wer genau
hinter dem gefeierten Künstler Banksy
steht, bleibt ein Mysterium. Es wird auch
vermutet, dass ein ganzes Kollektiv unter dem zur Marke gewordenen Namen
arbeitet. Bei Nacht und Nebel sprüht er
an den unterschiedlichsten Orten Graffitis an Wände und nutzt dafür eine uralte Technik, die schon in der Steinzeit in
ähnlicher Weise Anwendung fand. Mithilfe von Schablonen aus Pappe, Kunststoff
oder anderen Materialien entstehen Motive, die der Künstler beliebig oft wiederholen kann. In seinen sogenannten Stencils (engl. für Schablonen) kennt er keine
Tabus. Banksy wählt politische und sozia-
Banksy, „The Girl with the red Balloon“
le Themen, die er raffiniert oder ironisch
hinterfragt, und regt dabei zu einer alternativen Sichtweise an. Oft modifiziert er
bekannte Motive und Bilder und versieht
sie mit seiner ganz eigenen Handschrift.
So kritisiert Banksy zum Beispiel in einem
Graffito an der französischen Botschaft
in London den Einsatz von Tränengas in
einem Flüchtlingslager in Calais. Dafür
wählt er die Figur Cosette aus Victor Hugos weltberühmtem Roman „Les Misérables“, die sich in Wolken aus Tränengas
befindet und Tränen in den Augen hat.
Im Hintergrund erkennt man die französische Flagge. Schon im letzten Sommer
kommentierte er die Flüchtlingskrise in
seinem Anti-Vergnügungspark „Dismaland“, in dem er überladene Flüchtlingsboote ausstellte. Die
Reste dieses mittlerweile geschlossenen
Parks – der eine Parodie auf die DisneyFreizeitparks darstellt
– werden nun als
Bauholz für Flüchtlingsunterkünfte verwendet. Immer wieder
hängt Banksy seine
Werke ungefragt in
Museen auf wie zum
Beispiel im New Yorker
Museum of Modern
Art oder im Louvre,
einige seiner SprühArbeiten
befinden
sich mittlerweile unter Plexiglas. Jetzt ist
die erste umfangreiche Präsentation des
Ausnahmekünstlers in
Deutschland zu sehen.
Unter dem Titel „Banksy – King of Urban Art
Banksy, „Nola (Pink to Yellow Rain)“
@ Munich“ gibt Dirk G. Kronsbein in seiner Galerie noch bis 10. September Einblicke in seine Privatsammlung. Gezeigt
werden circa 40 Originale und Editionen,
darunter die Arbeit „Heavy Weapon“,
die kritisch auf Gewalt und Waffen Bezug nimmt. In schlichtem und düsterem
Schwarz hebt sich in diesem Stencil ein
Elefant vom weißen Untergrund ab, eine
riesige Rakete auf seinem Rücken tragend. Auf die verheerenden Folgen von
kriegerischen Handlungen spielen auch
die zwei Versionen von „Toxic Mary“ an.
Dass Religion auch das Wesen vergiften
und ein Motor für gewaltsame Akte sein
kann, demonstriert die Muttergottes, die
ihrem Knaben ein Fläschchen reicht, auf
dem ein Totenschädel abgebildet ist. Teil
des Bildes sind außerdem Kampfflugzeuge sowie Fadenkreuze – eindeutige
Symbole für den Krieg. Selbst die Queen
bleibt von Banksys Kritik nicht verschont
und erscheint in seinem Stencil „Monkey
Queen“ als Schimpansendame. Poetischer
sind die ebenfalls ausgestellten Werke „Girl with Balloon“, „Kate Moss“ und
„Nola“ – eine Arbeit, die ein Mädchen mit
Schirm zeigt, von dem in langen Schnüren pinkfarbener bis gelber Regen fällt.
Neben seiner plakativen Kunst ist
durchaus auch Banksys soziales Engagement bemerkenswert. So rettete er jüngst
einen Boxclub seiner Heimatstadt, indem
er diesem sein Werk „Mobile Lovers“ vermachte. Motiv des Bildes: zwei Liebende,
die bei ihrer Umarmung jeweils auf ihr
Smartphone schauen. Ein Bild, das viel
Wahrheit enthält – und dem in Finanznot
geratenen Jugendclub einen sechsstelligen Betrag einspielte. Inspiriert durch
diesen selbstlosen Einsatz veranstaltete
auch die Galerie Kronsbein eine CharityAktion. Am Abend der Vernissage wurde
Geld für die Münchner Initiative Sport
Chance gesammelt, die gegenüber der
Galerie beheimatet ist. Das Sportstudio,
das Jugendliche in schwierigen Situationen über den Sport unterstützt, konnte
sich über 7150 Euro freuen, die die Gäste gespendet hatten. Der Erlös der Aktion
war aber nur ein Highlight der Vernissage. „Der uneingeschränkte Höhepunkt
des Abends war die Eröffnungsrede von
unserem ehemaligen Oberbürgermeister
Christian Ude. Sein Vortrag über Banksy
und die Urban Art im Allgemeinen war
sehr überzeugend. So konnte er rund 300
Gäste in seinen Bann ziehen“, freut sich
Kronsbein. Auch das Catering vom Restaurant des renommierten Hotels Vier
Jahreszeiten stieß bei den Besuchern auf
sehr positive Resonanz. Unter den Gästen waren prominente Banksy-Liebhaber
wie Komponist Harold Faltermeyer, Mike
Kraus, Model Geraldine Golz, Max von
Thun und Modedesignerin Susanne Wiebe. Dass die Straßenkunst des Briten gefragt ist, wissen auch berühmte Sammler
seiner Werke wie Brad Pitt und Angelina
Jolie, Kate Moss und Leonardo DiCaprio. Die Beliebtheit von Banksys Werken
wird noch steigen, schließlich sind Originale des Künstlers derzeit kaum noch
zu finden. Auch Kronsbein spekuliert
auf Preissteigerungen, weshalb seine Privatsammlung derzeit nicht zum Verkauf
steht. Doch nicht nur die Preise steigen,
sondern auch die Einstellung gegenüber
Street Art hat sich dank Banksy in den vergangenen Jahren verändert.
Banksy – King of Urban Art @ Munich
bis 10.9.
Galerie Kronsbein
Wurzerstraße 12
80539 München
Di-Fr 11-18 h, Sa 11-16 h
www.galeriekronsbein.com
Ausstellungen I Zeitkunst 7
05:2016
„Banksy ist eine Marke“
Interview mit Galerist Dirk G. Kronsbein / Von Manfred Möller
D
ie Münchner Galerie Kronsbein hat sich auf Popund Urban Art spezialisiert. Der erfolgreiche Unternehmer und Kunstmäzen Dirk G. Kronsbein
gründete den privaten Kunstsalon 2009 unter dem Namen
ArtConsult, jetzt leitet Tochter Sarah Kronsbein die Galerie.
Die aktuelle „Banksy“-Schau zeigt, dass vergleichsweise junge Galerien mit viel Herzblut und hochkarätigen Künstlern
in die Liga der Top-Galerien aufsteigen können. In einem
Interview mit ZEITKUNST erzählt der Galerist, was ihm an
dem Künstler Banksy und dessen Werk gefällt und wie seine
Sammlung entstanden ist.
Mit der Ausstellung „Banksy – King of Urban Art @ Munich“
hat die Galerie Kronsbein kürzlich die erste umfangreiche
Banksy-Schau in Deutschland eröffnet. Was fasziniert Sie persönlich an Banksy?
Dirk G. Kronsbein: Banksy ist für mich der Robin Hood unserer Zeit. Sein soziales Engangement ist beispiellos. Immer
wieder veranstaltet er große Charity-Aktionen zugunsten der
Armen und Kranken. Und als Künstler sehe ich ihn als Warhol unserer Zeit. In seinen Bildern, in denen er aktuelle soziale und politische Themen aufgreift, trifft er den Puls der
Zeit. Sein englischer Humor und seine Ironie sind einfach
genial. Um ihn wird es niemals langweilig. Ich bin gespannt
auf seine nächste Ausstellung. Seine letzte Schau „Dismaland“ in Weston-super-Mare, einem ehemaligen englischen
Badeort in der Nähe von Bristol, war ein Riesenerfolg mit
170 000 Besuchern.
ich mich umfangreich informieren und sofort beginnen, Werke zu kaufen um meine Kollektion aufzubauen. Derzeit umfasst meine Privatsammlung 45 Werke. Verkauft wird nicht.
Ich möchte sie mit weiteren Originalen erweitern. Leider ist
die Nachfrage sehr groß und das Angebot überschaubar.
wurde versteigert und erzielte 1,8 Millionen Euro. Unsignierte Drucke liegen bei rund 10 000 bis 20 000 Euro, signierte zwischen 80 000 und 200 000 Euro, Originale um die
500 000 Euro. Gute Kunst hat seinen Preis und die Nachfrage ist sehr groß.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, die Werke zunächst
nicht zu verkaufen? Auf welche Preise würden Sie die Arbeiten
aktuell schätzen?
Kronsbein: Ich möchte meine Sammlung an BanksyWerken in ganz Deutschland zeigen. Angedacht ist
eine Art Roadshow mit Ausstellungen in Düsseldorf, Hamburg und Berlin. Die Preise sind vergleichbar mit denen von
Warhol-Arbeiten oder von Bildern von Keith Haring. Sie steigen jedes Jahr, weshalb sie eine gute Geldanlage darstellen,
insbesondere bei dem derzeitigen niedrigen Zinssatz. Eines
Banksys Identität ist nach wie vor ein Mysterium. Inwiefern trägt
dies zu seiner Berühmtheit bei?
Kronsbein: Nicht zu wissen wer er wirklich ist macht die Sache spannender. Ursprünglich musste er sich schützen um
nicht Gefahr zu laufen, ins Gefängnis zu kommen. Heute ist
das eher ein cleveres Marketing-Mittel.
„Nicht zu wissen wer
er wirklich ist macht die Sache spannender.“
eine bessere Welt und weist auf einfache Art, die jeder versteht, auf politische und soziale Missstände hin. Er sucht nicht
die Anerkennung für sich, sondern seine Message macht ihn
so anders als die Künstler, die mehr auf persönlichen Erfolg
ausgerichtet sind. Auf jeden Fall ist Banksy ein großer Künstler unserer Zeit und einer, der schon zu Lebzeiten zu den hundert besten ernannt wurde.
Banksys Stencils sind mal ironisch, scharfsinnig und auch mal
poetisch. Haben Sie ein Lieblingswerk von Banksy?
Kronsbein: Mein Lieblingsmotiv ist „The Girl with the red Balloon“. Aber diese Arbeit gibt es auch in anderen Farben, zum
Beispiel in Pink und Gold. Allerdings sind nur wenige Exemplare
verfügbar und die sind entsprechend teuer. Das Thema ist Hoffnung. Wir alle hoffen doch auf eine bessere Welt, auf Frieden,
soziale Gleichheit oder Gerechtigkeit und mehr Umweltschutz.
Wann und wie entstand Ihre umfangreiche Sammlung an
Banksy-Werken und wie viele Arbeiten umfasst die Kollektion?
Kronsbein: Angefangen habe ich vor einigen Jahren ohne
wirklich zu wissen, wer Banksy ist und welche Bedeutung er
in der Kunstszene hat. Auf einer Messe im letzten Jahr konnte
Banksy ist mittlerweile zu einer Marke geworden. Was zeichnet
ihn im Vergleich zu anderen Künstlern der Urban Art aus?
Kronsbein: In der Tat, Banksy ist eine Marke. Banksy ist selbstlos, er stellt sich nicht in den Vordergrund. Ihm geht es um das,
was er der Welt zu sagen hat. Er will einen Beitrag leisten für
Die Ausstellung begleitet eine Charity-Aktion zu Gunsten der Initiative Sport Chance. Warum wurde diese ins Leben gerufen?
Kronsbein: Sport Chance gibt jungen Menschen eine Möglichkeit, wieder in die Gesellschaft zurückzufinden. Es handelt sich quasi um einen Sozialisierungsprozess um wieder
ein normales Leben führen zu können. Der Verein befindet
sich gegenüber von unserer Galerie – da liegt es nahe, ihn zu
unterstützen. Ich meine, wir müssen auch mehr tun für Bedürftige in unserer Nachbarschaft und dafür sorgen, dass das
Geld direkt ankommt.
Galerist Dirk G. Kronsbein mit Tochter Sarah Kronsbein
06.03. —26.06.2016
SCHATTEN UND LICHT
FOTOGRAFIE UND FILM
Fullmoon@Eifel 2, 2010, © Darren Almond, courtesy of Galerie Max Hetzler, Berlin
DARREN ALMOND
BAD HOMBURG V. D. HÖHE
Löwengasse 15
www.museum-sinclair-haus.de