Attraktiv für alle Lebensphasen

Aus der Forschung
Attraktiv für alle
Lebensphasen
Foto: © FHWien der WKW
Philipp Tomsich
Um auch ältere Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, ist es wichtig,
eine generationenübergreifende Kultur zu schaffen.
Gastautorin Barbara
Covarrubias Venegas
ist Forscherin und
Lektorin am Institut für
Personal und
Organisation,
FHWien der WKW.
barbara.covarrubias@­
fh-wien.ac.at
Im Zuge des demografischen Wandels wird
der Kampf um die besten Köpfe immer stärker. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung einer Überalterung der Belegschaft
bei gleichzeitigem Rückgang der (Führungs-)
Nachwuchskräfte. Da der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern nicht alleine durch neue Kräfte
ersetzt werden kann, ist es besonders wichtig,
auch die älteren Mitarbeiter zu motivieren und
länger an das Unternehmen zu binden. Hierfür
ist es notwendig, eine generationenübergreifende, konfliktfreie, sogenannte »Employer-ofChoice«-Kultur zu schaffen. Das bedeutet, dass
die Kultur die unterschiedlichen Interessen
und Werte der verschiedenen Generationen bedienen kann und damit sowohl für potenzielle
neue Bewerber als auch für bestehende Mitarbeiter attraktiv ist.
Lebensphasenorientierte
Personalpolitik
Gastautorin
Sabine Groblschegg
ist Fachbereichsleiterin
Personalwirtschaftliche Maßnahmen müssen
daher gezielt auf die verschiedenen Altersgruppen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen
und Werten abgestimmt sein – man spricht in
diesem Zusammenhang auch von einer »lebensphasenorientierten Personalpolitik«.
für Betriebswirtschaft
und Strategie & Organisation am Institut für
Personal & Organisation,
FHWien der WKW.
sabine.groblschegg@
fh-wien.ac.at
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Jutta Rump (2014) beschreibt Lebensphasenorientierung als ein alle Phasen, also vom beruflichen Einstieg bis zum beruflichen Ausstieg,
umfassendes Personalmanagement. Hierdurch
wird einerseits berücksichtigt, dass nicht alle
wichtigen privaten und beruflichen Entscheidungen in der Zeit zwischen 20. und 45. Lebensjahr getroffen werden müssen, wie dies im
klassischen Personalmanagement vorgesehen
ist. Andererseits berücksichtigt das lebensphasenorientierte Personalmanagement auch die
unterschiedlichen privaten und beruflichen
Hintergründe der jeweiligen Lebensphase wie
beispielsweise Partnerschaft, Familie/Kinderbetreuung, Familie/Pflege, Um- und Neuorientierung, Krankheit, sowie Vorbereitung auf den 3.
Lebensabschnitt.
Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die
Entwicklung und Erhaltung der nachhaltigen
Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit aller
Mitarbeiter, auf die Vereinbarkeit von Lebensund Berufssituationen sowie den Umgang mit
unterschiedlichen Erwartungs- und Wertehaltungen der Generationen.
Work-Life-Balance – Freizeit über alles? – Was wollen die Generationen?
Work-Life-Balance ist ein für alle Generationen
zentrales Thema, allerdings nicht in derselben
Ausprägung. Für die Generation Y (Geburtsjahre
1981 bis 1995) hat Freizeit einen hohen Stellenwert. Flexible Arbeitszeitmodelle und örtliche
Unabhängigkeit sind sehr wichtig. Auch die
Möglichkeit einer Bildungskarenz oder eines
Sabbaticals z. B. für einen »All-around-theWorld«-Trip, stellen für diese Generation eine
besondere Motivation dar. Jungfamilien wünschen sich stattdessen lieber tatkräftige Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und
Familie. Im Gegensatz dazu präferieren »Silver
Ager« (Generation Baby Boomer, Geburtsjahre
1956 bis 1970) wiederum die Möglichkeit, stufenweise die Arbeitszeit zu reduzieren, ohne
dabei das Unternehmen zu verlassen (Cogin,
2014). In einer Studie des Instituts für Personal
& Organisation der FHWien der WKW zum Thema »Das Neue Arbeiten«, die 2015 gemeinsam
mit der Plattform »Das Neue Arbeiten DNA«
durchgeführt wurde, stimmten bereits über
50 % der Befragten eher oder völlig zu, dass
ihnen je nach Lebensphase flexible Beschäftigungsmöglichkeiten (z. B. Job Sharing, Teilzeit,
Auszeit/Sabbatical, Karenz) im Unternehmen
geboten werden.
Karrierestau?
Mit dem Wort Karriere wird nach wie vor häufig eine erfolgreiche Berufslaufbahn im Sinne
eines hierarchischen Aufstiegs verbunden, also
mehr Verantwortung, Gehalt und in weiterer
Folge auch Status. Modelle, die für die Gene-
TRAiNiNG 04 | 2016
ration der Baby Boomer sehr attraktiv sind, da
dieses Karriereverständnis auch deren Arbeitsalltag prägte. Vielfach geht mit diesem Modell
jedoch auch das Verständnis einher, dass eine
mögliche Karriere mit ca. 45 Jahren bereits zu
Ende ist und ab Mitte 50 ein Rückzug aus der
Berufstätigkeit beginnt. Die Unternehmensrealität bestätigt dieses Bild. Dies wird sich aber in
den nächsten Jahren ändern (müssen). Einerseits müssen Mitarbeiter länger arbeiten und
damit ist es wichtig, auch bei den Weiterbildungsmaßnahmen umzudenken. Wurden diese
bisher vor allem für Mitarbeiter unter 45 Jahren
konzipiert, wird es zunehmend notwendig sein,
die Mitarbeiter bis zum Ausscheiden aus dem
Unternehmen zu qualifizieren und darüber hinaus auch ihr Wissen zu sichern. Vielen Unternehmen beschäftigen bereits »ihre« Pensionisten wieder als Senior Experts oder Konsulenten,
um das verloren gegangene Wissen ins Unternehmen zurückzuholen.
Andererseits sieht das Karrierestreben der
jüngeren Generationen anders aus. So streben
diese z. B. nicht im selben Ausmaß eine Führungslaufbahn an. Die Etablierung von Fachund Projektlaufbahnen wird daher für Unternehmen immer wichtiger. Essenziell für die
Etablierung unterschiedlicher Karrierewege ist
es, eine Gleichwertigkeit zwischen Führungs-,
Fach- und Projektlaufbahn zu gewährleisten.
Karrierewege werden damit aber auch immer
bunter, sie haben oft keinen roten Faden mehr,
sondern setzen sich aus unterschiedlichen,
teils bunt zusammengewürfelten Stationen
zusammen. Dies entspricht der von der Generation Y präferierten Flexibilität und Vielfältigkeit. Die oben angeführte Studie zum Thema
»Das Neue Arbeiten« zeigt, dass Unternehmen
hier noch einen großen Handlungsbedarf haben. Nur 30 % stimmen eher oder völlig zu, dass
ihr Unternehmen je nach Lebensphase und
Interesse flexible Karrieremöglichkeiten (z. B.
Führungskarriere, Expertenkarriere, Projektkarriere) anbietet.
Fazit für das Personalmanagement
Auch wenn die Grenzen zwischen Generationen und Lebensphasen fließend sind und nicht
immer exakt abgegrenzt werden können, ist
eines klar: mit einem »One-fits-all«-HR-Instrumentarium ist es nicht mehr getan. Nur wer
sich der Komplexität der Altersstrukturen und
der unterschiedlichen Lebensphasen stellt und
individuell zugeschnittene Maßnahmen anbieten kann, wird letztlich auch im Wettbewerb
um den besten Kandidaten oder Mitarbeiter die
Nase ganz weit vorne haben.
TRAiNiNG 04 | 2016
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handeln.
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handeln zu wollen.
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Referenzen und Literaturempfehlungen
Cogin, Julie (2014): Are generational differences in work values fact or fiction? Multi-country
evidence and implications, The International
Journal of Human Resource Management, 23:11.
Rump, Jutta & Silke Eilers (2014): Lebensphasenorientierte Personalpolitik. Strategien, Konzepte und Praxisbeispiele zur Fachkräftesicherung, Verlag: Springer Gabler.
Nehmen Sie teil an
der DNA Reifegradstudie 2016: http://
www.unipark.de/uc/
DNA_Reifegradstudie/
Informationen über
unseren Forschungsschwerpunkt:
http://bit.ly/1T43GNZ
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