analysen Gebietsbetreuung – ein Berufsbild im Wandel Rangerinnen und Ranger sind Sinnbild für den praktischen Naturschutz schlechthin. Noch wird der Beruf meist von Facharbeitern ausgeübt. Doch vielleicht kommt der Nachwuchs bald von den Hochschulen. Text: Laura Danzeisen Ob Nationalparkdienst, Naturwacht, RangerService oder schlichtweg Schutzgebietsbetreuung – all diese Bezeichnungen stehen für einen Beruf, der vor 100 Jahren in den USA entstand. In Deutschland hat sich die hauptamtliche Schutzgebietsbetreuung vor 30 Jahren etabliert. Der bevorstehende Generationswechsel führt nun dazu, dass sich der Beruf langsam für Akademiker/innen öffnet – eine spannende Entwicklung für Hochschulabsolventen/innen mit Interesse an einer Karriere unter freiem Himmel. Seite IV Die Anfänge des Berufs Die Idee, weite Naturlandschaften vor dem Eingriff des Menschen zu schützen, führte in den USA bereits Ende des 19. Jahrhunderts zur Ausweisung von Nationalparks. Um an diesen beliebten Reisezielen den zunehmenden Besucherdruck und die Wilderei einzuschränken, bewachte ab 1916 der „National Park Service“ die Schutzgebiete. Ein neuer Beruf war entstanden. Dass die Einrichtung und Bewachung dieser Gebiete mit der Ver- Bildautoren: Oben links: © Andreas Lauter, oben rechts & unten links: © Frank Schröder, unten rechts: © Naturwacht Brandenburg treibung dort lebender Indigener einherging, darf dabei nicht unerwähnt bleiben. Zeitgleich wurden auch in Deutschland Naturschutzgebiete populär, und Naturschutzvereine und staatliche Organe stellten wertvolle Landschaften unter Schutz. Zuständig für die Schutzgebiete in öffentlicher Hand waren Behörden, die meist von ehrenamt- www.wila-arbeitsmarkt.de analysen lichen Naturschützer/innen unterstützt wurden. Die Ehrenamtlichen waren wichtige Sachkundige vor Ort, die freiwillig oder auch auf vertraglicher Basis Aufgaben der Verwaltung übernahmen. Steigender Betreuungsaufwand Diese Arbeitsteilung bestand in den kommenden Jahrzehnten fort, und in allen Regionen Ost- und Westdeutschlands wurden Gebiete unter Schutz gestellt. Doch ohne aufwändiges Engagement vor Ort waren viele der wertvollen Biotope kaum zu erhalten, geschweige denn zu entwickeln. Zusätzlich gewannen Konzepte sogenannter Großschutzgebiete wie Nationalparke, Biosphärenreservate oder Naturparke an Bedeutung, die im Gegensatz zum kleinflächigen Arten- und Biotopschutz große Schutzkulissen benötigen. Nach der Wende wurden im Rahmen des DDR-Nationalparkprogramms großflächige Landschaften Ostdeutschlands unter Schutz gestellt, und die Bundesländer im Westen folgten mit der Ausweisung weiterer Großschutzgebiete. Schnell war klar, dass die Betreuung dieser Gebiete nur mit genügend Personal sichergestellt werden konnte. Die Naturwachten entstehen Insbesondere in Ostdeutschland wurde deshalb zu Beginn der 1990er-Jahre der Aufbau hauptamtlicher Schutzgebietsbetreuung vorangetrieben. Zwar gab es bis dahin bereits vereinzelt professionelle Gebietsbetreuende, beispielsweise in den Biologischen Stationen in Nordrhein-Westfalen oder im Nationalpark Bayerischer Wald, doch nun wurden in ganz Deutschland personalstarke Dienste eingerichtet. Die Zusammensetzung der neuen Berufsgruppe war vielfältig. Hauptsächlich wurden vormals ehrenamtliche Gebietsbetreuende, Interessierte aus Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Forstwirte umgeschult. Die Ausbildungsinhalte und -intensität variierten dabei je nach Bundesland so stark, dass früh der Ruf nach einer bundesweit einheitlichen Ausbildung laut wurde. Ein Zusammenschluss aus Umweltverbänden setzte das Thema auf die politische Agenda, und ab 1995 setzte sich der neu gegründete Bundesverband Naturwacht e.V. für dieses Ziel ein. Nach vielen Jahren der Diskussion und der Planung wurde 1998 deutschlandweit die Prüfung zum/zur „Geprüften Natur- und Landschaftspfleger/in“ (GNL) eingeführt. Es bestanden und bestehen jedoch starke regionale Unterschiede im GNL-Fortbildungsangebot und hinsichtlich der Absolventen/ innenzahlen. In den neuen Bundesländern, wo viele personalstarke Naturwachten etabliert waren, wurde das Angebot stärker angenommen als in Westdeutschland. Bis 2002 absolvierten 650 Menschen die GNLPrüfung: Hauptsächlich Forstwirtinnen und Forstwirte und Schutzgebietsbetreuende, die bereits im Berufsfeld arbeiteten, aber einen anerkannten Titel wünschten. Die Gebietsbetreuenden Eine Studie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) aus dem Jahr 2013 ermittelte, dass in der hauptamtlichen Gebietsbetreuung in Deutschland überwiegend Beschäftigte mit Berufsausbildung arbeiten. Davon sind die meisten Forstwirt/ innen, nur wenige (10 Prozent) besitzen einen Hochschulabschluss. Die Zusatzqualifizierung GNL haben zwei Drittel aller Schutzgebietsbetreuenden abgelegt. Als sich der Beruf Anfang der 1990er-Jahre zu formieren begann, wurden viele junge Mitarbeiter/innen eingesetzt. Heute, über 20 Jahre später, stellt sich die Altersstruktur im Berufsfeld wenig vorteilhaft dar: Mehr als 80 % sind zwischen 40 und 60 Jahre alt, außerdem ist der Anteil an Frauen seit einer ersten Studie zum Beruf aus dem Jahr 1995 stark gesunken. Nach der Wende wurden Gebietsbetreuende unter anderem in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausgebildet, wobei sich auch Frauen für den Beruf umschulen ließen. In manchen Bundesländern gab es jedoch in den folgenden Jahren bei der Neueinrichtung von Großschutzgebieten die politische Vorgabe, frei gestellte Waldarbeiter als Ranger fortzubilden. Da sich wenige Frauen zu Forstwirtinnen ausbilden lassen, sank in der Folge auch der Frauenanteil. Bis heute besteht dieses Problem. Werden Stellen für Naturwachten nicht frei ausgeschrieben, sondern intern vergeben, bestehen geringere Chancen für Frauen, diesen Beruf zu ergreifen. Vermehrter Bedarf Aktuell gibt es laut der Studie der HNEE knapp 500 Einsatzstellen für Schutzgebietsbetreuende in Deutschland. Die meisten liegen in Großschutzgebieten, wobei circa die Hälfte in Nationalparken und um die 200 Stellen in den Biosphärenreservaten und WILA Arbeitsmarkt – Infodienst für Berufe in Umwelt und Natur 23|2016 Naturparken geschaffen wurden. Größter Arbeitgeber sind die Landesbehörden, die für die Verwaltung der Schutzgebiete verantwortlich sind. Ein Zehntel der Gebietsbetreuenden ist außerhalb von Großschutzgebieten bei Kommunen, Landkreisen, Vereinen oder Stiftungen angestellt. Insbesondere die Behörden sehen vermehrt den Bedarf, für größere Naturschutzgebiete und FFH-Gebiete hauptamtliche Betreuende zu engagieren. So soll dem großen Pflegeaufwand entsprochen und gegebenenfalls Gebiete bewahrt werden, die nahe großer Ballungsräume oder in touristischen Regionen liegen. Beispiele sind etwa das Gebietsbetreuungssystem in Bayern, das im vergangenen Jahr aufgestockt wurde, oder die Ranger/innen des Regionalverbands Ruhr, die sich um Naherholungsgebiete kümmern. Die Entlohnung entspricht nach Befunden der HNEE-Studie bei einfachen Mitarbeiter/innen den Entgeltgruppen fünf und sechs des Tarifsystems der Länder, welche sich an Facharbeiter/innen richten. Gebietsbetreuende in leitender Funktion werden in Entgeltgruppe neun, seltener in Gruppe zehn eingestuft. Die Entwicklung auf dem Stellenmarkt der Schutzgebietsbetreuung deutet darauf hin, dass in den kommenden Jahren nur vereinzelt neue Gebietsbetreuungssysteme aufgebaut werden. Der Arbeitsmarkt bietet Interessierten trotzdem Einstiegsmöglichkeiten, denn die starke Überalterung der bestehenden Naturwachten wird Raum für Berufseinsteiger/ innen bieten. Da sich das Berufsfeld stark gewandelt hat und wissensintensiver geworden ist, wird die Gebietsbetreuung in Zukunft auch für Akademiker/innen mit passender Studienausrichtung interessant werden. Veränderung des Arbeitsalltags Eine Studie der Umweltstiftung WWF aus dem Jahr 1995 stellte die Aufgaben der Ranger/ innen in den ersten Jahren des sich neu formierenden Berufs dar. Damals hatten Bau und Wartung der Infrastruktur zur Besucherlenkung und die Aufsicht in den Schutzgebieten eine große Bedeutung im Arbeitsalltag. Aber auch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und die Weiterbildung der Gebietsbetreuenden nahmen viel Zeit in Anspruch. Die Neuauflage der Studie von der HNEE im Jahr 2013 zeichnete ein verändertes Bild. Führungen und Umweltbildungsprogramme sind zwar weiterhin wichtige Bestandteile des Arbeitsalltags. Doch heute spielen Bau und Instandhaltung von Seite V analysen Infrastruktur eine wesentlich geringere Rolle als noch in den Jahren, als die Schutzgebiete aufgebaut wurden. Stattdessen ist etwa die Datenaufnahme für verschiedene MonitoringProgramme ein regelmäßiger Auftrag. Die Veränderungen liegen in der Weiterentwicklung des Naturschutzes seit der Entstehung des Berufs begründet. Auf internationaler und nationaler Ebene wurden neue Konzepte diskutiert und Vereinbarungen getroffen, und einige dieser Neuerungen hatten unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit im Gebiet. Mehr Management-Aufgaben „Natura 2000“, „Man and Biosphere Programme“, „IUCN Global Protected Areas Programme“ – das sind nur drei der vielen internationalen Vereinbarungen, die sich auf die Naturschutzgesetzgebung und das Schutzgebietsmanagement in Deutschland ausgewirkt men oder Freiwillige an. Auch die Einrichtung einheitlicher Monitoring-Netzwerke hat zu Veränderungen geführt. Der Zustand der Arten und Lebensräume im Schutzgebiet muss regelmäßig erfasst und bewertet werden. Dafür werden Mitarbeiter/innen benötigt, die wissenschaftliche Monitoring-Methoden und Auswertungstools beherrschen. Umfassende Arten- und Ökosystemkenntnisse sind für diese Aufgabe Voraussetzung. Bildungsarbeit ist seit Beginn der Großschutzgebietsarbeit eine wichtige Aufgabe in der Gebietsbetreuung. Dabei hat sich die Umweltbildung in den letzten Jahrzehnten professionalisiert und die „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) hat neue Aspekte und Impulse in die Bildungsarbeit der Schutzgebiete gebracht. Befeuert durch die weltweite Projektförderung während der von den Vereinten Nationen ausgerufenen Weltdekade zielgruppengerecht kommunizieren und für die Ziele des globalen Naturschutzes werben. Große Flächen und Konflikte Die Erweiterung und Neueinrichtung von großflächigen Schutzgebieten erfreut nicht alle Landnutzer/innen. Es sei nur an die vielschichtigen Konflikte bei der Einrichtung des kürzlich gegründeten Nationalparks Schwarzwald erinnert, um den Gegenwind zu verdeutlichen, der Unterstützer/innen eines Schutzgebiets entgegenblasen kann. Die Erfahrung hat gelehrt, dass ein dauerhafter Austausch mit der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft, dem Tourismus und den Kommunen umso wichtiger ist, je stärker ein Schutzgebiet die herkömmliche Nutzung eines Landschaftsraums verändert. Ranger/innen gelten als verlängerter Arm der Schutzgebietsverwaltung, die vor Ort ansprechbar sind. Gesprächs- und Einbindungsangebote für die Schutzgebietsnachbarn und -einwohner/innen haben daher an Bedeutung gewonnen. Die Gebietsbetreuenden müssen sich lokal Akzeptanz verschaffen und einbringen können. Aufgaben im Schutzgebiet So vielfältig wie die verschiedenen Schutzgebiete und Landschaften, in denen Gebietsbetreuende arbeiten, sind auch ihre Aufgaben. Jedoch kann man den typischen Berufsalltag in vier Themenfelder aufteilen: Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit spielen eine große Rolle im Arbeitsalltag der Ranger/innen und verlangen neben dem entsprechenden Talent auch eine Ausbildung in diesem Bereich. Foto: © Naturwacht Brandenburg haben. Das Schutzgebiet zu pflegen reicht schon lange nicht mehr aus, nun spielen auch Regionalentwicklung und Bildung im Gebietsmanagement eine Rolle. Insbesondere das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 hat neue Pflichten definiert, die zu mehr Management- und Kontrollaufgaben geführt haben. Und statt Aufgaben selbst auszuführen, koordinieren und leiten die Gebietsbetreuenden vermehrt Auftragsfir- Seite VI BNE ist die Konzeption von BNE-Angeboten oder zumindest die Berücksichtigung einiger Aspekte fester Teil des Arbeitsalltags. Auch die UN-Dekade Biologische Vielfalt, die Nationale Biodiversitätsstrategie oder der Klimawandel stellen neue Anforderungen an die Bildungsarbeit. Die Ranger/innen dienen als Vermittler/ innen zwischen Mensch und Natur und somit als Botschafter/innen dieser Strategien. Sie müssen komplexe, globale Zusammenhänge Artenschutz, Landschaftspflege und Monitoring Klassische Aufgabe ist die praktische Naturschutzarbeit. Gebietsbetreuende müssen den Zustand von Lebensräumen einschätzen können und das Vorkommen an Tier- und Pflanzenarten kennen. Landschaftspflegemaßnahmen werden durchgeführt oder angeleitet und Artenschutzprojekte umgesetzt. In vielen Gebieten werden regelmäßig Kartierungsarbeiten durchgeführt und weitere Daten erhoben, um gesetzlichen und freiwilligen Monitoring-Pflichten nachzukommen. Bildung, Besucherbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit Gebietsbetreuende werden auch als die „Visitenkarte“ eines Schutzgebietes bezeichnet. Während in der Verwaltung – für die Öffentlichkeit unsichtbar – die naturschutzfachliche Planung erfolgt, arbeiten die Gebietsbetreuenden nahe am Menschen. In öffentlichen www.wila-arbeitsmarkt.de analysen Führungen, Umweltbildungsprogrammen für Schulen oder Exkursionen für Fachpublikum vermitteln sie unterschiedlichsten Zielgruppen die Besonderheiten der Natur. Gebietskontrolle Was in einem Schutzgebiet zulässig ist, regelt die Schutzgebietsverordnung. Deren Einhaltung wird von den Gebietsbetreuenden regelmäßig bei Touren kontrolliert. Ob Wanderer abseits der Wege, illegal Campende oder Hundehalter/innen, die ihre Tiere nicht an die Leine nehmen – Ranger/ innen treffen auf Menschen, die gegen Schutzgebietsregeln verstoßen. Ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten sind für den richtigen Umgang mit diesen verschiedenen Personengruppen enorm wichtig. Zusätzlich wird in vielen Schutzgebieten kontrolliert, ob sich die dortigen Landnutzer/innen, etwa im Vertragsnaturschutz, an die vereinbarten Bewirtschaftungsvorgaben halten. Je nach Bundesland besitzen Gebietsbetreuende hoheitliche Rechte und können zum Beispiel Bußgelder ausstellen. Bau und Instandhaltung der Infrastruktur Das Wegenetz, die Informationstafeln oder Schutzhütten in den Gebieten müssen regelmäßig gewartet werden. Auch der Bau neuer Anlagen ist in einigen Gebieten die Aufgabe der Gebietsbetreuenden. Handwerkliche Fähigkeiten sind hierbei natürlich von Vorteil. Je nach Größe eines Schutzgebiets, Umfang des Personalstamms oder Zielsetzung im Gebiet sind die Aufgaben in den Einsatzstellen unterschiedlich: Einige Schutzgebietsbetreuende übernehmen viele der dargestellten Aufgaben, andere konzentrieren sich auf wenige Aufgabenfelder. Der Ranger als Tausendsassa Die Gebietsbetreuenden sind die Alleskönner des praktischen Naturschutzes. Vielfältige Anforderungen an ihre Arbeit führen zur Frage, wie der Nachwuchs in diesem Berufsfeld zukünftig ausgebildet wird. Bislang wurde neuen Entwicklungen durch entsprechende Weiterbildungsangebote begegnet. Doch wenn in den nächsten Jahren ein Großteil der Ranger/innen in den Ruhestand tritt, ist anzunehmen, dass Neueinsteiger/innen die meisten Fähigkeiten und Kenntnisse bereits bei Berufseintritt besitzen sollen. An der HNEE wurde im Rahmen einer Masterarbeit versucht, die von Bewerbern und Bewerbe- rinnen tatsächlich geforderten Kompetenzen durch eine Analyse von Stellenanzeigen für Gebietsbetreuung (u.a. des WILA Arbeitsmarkts) aus den Jahren 2010 bis 2015 zu ermitteln. Die Ergebnisse dieser Auswertung zeigen vier wichtige Aspekte: • Branchenwissen im Sinne von biologischen Grundkenntnissen und ausgeprägten Artenkenntnissen ist erwartungsgemäß Einstiegsvoraussetzung für den Beruf. Jedoch wurde in vielen Anzeigen zugleich didaktisches bzw. pädagogisches Fachwissen von den Bewerber/innen gewünscht. • (Berufs-)Erfahrung wird in der Naturschutzarbeit, etwa in praktischer Landespflege verlangt. Erfahrungen in Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sind ebenfalls gerne gesehen. • Ein Studium in Biologie, Forstwissenschaften, Umweltwissenschaften und ähnlichen Disziplinen wird in 70 Prozent der untersuchten Stellenanzeigen gefordert. Einige dieser Anzeigen akzeptieren zugleich eine berufliche Ausbildung, doch der überwiegende Teil richtet sich nur an akademische Bewerber/innen. • Kommunikative und soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Verhandlungsgeschick oder Durchsetzungsvermögen werden in allen Anzeigen gewünscht und deuten darauf hin, dass man in diesem Beruf nicht nur ein Naturliebhaber sein darf, sondern mit seinen Mitmenschen gut auskommen und zusammenarbeiten muss. Natürlich gilt auch in dieser Berufssparte, dass in den Stellenanzeigen mehr Wissensund Erfahrungsanforderungen an Bewerber/ innen gestellt werden, als ein/e Berufsanfänger/in im Laufe der Ausbildungsjahre sammeln kann. Trotzdem zeigt die Tendenz, von Neueinsteiger/innen neben Wissen und Erfahrung in Ökologie und Naturschutz insbesondere pädagogische Kompetenzen zu verlangen, dass Berufsinteressierte eine vielseitige und interdisziplinäre Bildung vorweisen müssen. Die zuvor erwähnte Studie von 2013 ergab, dass über zwei Drittel der befragten Einsatzstellen einen Fachhochschulabschluss für Gebietsbetreuende neben dem bereits etablierten Fortbildungsberuf GNL begrüßen würden. Akademiker oder Facharbeiter? In welchen Anteilen sich Schutzgebietsbetreuung als Akademiker/innenberuf durch- WILA Arbeitsmarkt – Infodienst für Berufe in Umwelt und Natur 23|2016 setzen wird, ist nicht eindeutig zu beantworten. Aktuell entspricht die durchschnittliche Entlohnung bei Weitem nicht dem Profil, das in den Stellen gefordert wird. Indes ist die Akademisierung wissensintensiver Ausbildungsberufe bereits seit Jahren in vollem Gange. Die Zunahme an Hochschulabgänger/innen, die Popularität berufsorientierter Hochschulen und die allgemeinen Veränderungen der kognitiven Anforderungen innerhalb vieler Berufsfelder führen dazu, dass Akademiker/innen in fachverwandte Ausbildungsberufe drängen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in dieser Wandlungsphase eines Berufbildes Höherqualifizierte bevorzugt eingestellt werden, bevor dieser als „typischer“ Akademiker/innenberuf gilt. Im englischsprachigen Ausland, wo der Berufsstand großes gesellschaftliches Prestige genießt, gehört eine Bachelorausbildung bereits zum Standard für Ranger/innen mit Gebietsverantwortung. Doch die GNL-Aufstiegsfortbildung wird damit nicht hinfällig. In Einsatzstellen mit überwiegend praktischer und handwerklicher Arbeit sind die Facharbeiter/innen mit .................................................. Anforderungen an Schutzgebietsbetreuende Kompetenzen, die in Anzeigen für Schutzgebietsbetreuende häufig gefordert wurden (nach absteigender Häufigkeit): Bewerber/innen sollten • Naturschutzfachliche, Arten- und didaktische Kenntnisse besitzen • kommunikativ und teamfähig sein • Erfahrung in Landschaftspflege und in Bildungsarbeit vorweisen • sichere EDV-Kenntnisse in Microsoft Office und Arc GIS besitzen • sicher auftreten, flexibel und belastbar sein • ein Hochschulstudium in der Fachrichtung Biologie, Landespflege, Forstwissenschaften, Umweltwissenschaften oder in einer vergleichbaren Disziplin abgeschlossen haben • den Führerschein Klasse B besitzen • Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsvermögen besitzen • Eigeninitiative zeigen • einen eigenen PKW für Dienstfahrten einsetzen • selbstständig arbeiten • Organisationsgeschick besitzen Seite VII analysen zusätzlicher GNL-Qualifikation geeignete Kandidaten/innen. Sie punkten durch Erfahrungswissen, Routine bei der Aufgabenausführung auf dem jeweiligen Fachgebiet und eventuell auch mit höherer Akzeptanz bei Landnutzer/innen. Welche Bewerber/innen eingestellt werden, hängt von den Prioritäten der Arbeitgeber/innen ab. Die Analyse der Stellenanzeigen und die allgemeine Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt lassen jedoch vermuten, dass sich hier ein neues Feld für Akademiker/innen mit Leidenschaft für die Arbeit in der freien Natur öffnet. .................................................. Weiterbildungsmöglichkeiten Geprüfte/r Natur- und Landschaftspfleger/in Die Prüfung als GNL können Erwachsene mit Berufsausbildung in einer „grünen“ Branche, etwa Forst- und Landwirtschaft oder Gartenbau ablegen. Im Einzelfall werden auch Personen mit großer Erfahrung in Naturschutz und Landschaftspflege durch die zuständige Prüfungskommission zugelassen. Weiterbildungsakademien bieten meist sechsmonatige Vorbereitungslehrgänge an, darin werden Kurse zu Grundlagen und Methoden des Naturschutzes und der Landespflege, zu Öffentlichkeitsarbeit im Naturschutz oder zu rechtlichen Rahmenbedingungen angeboten. Bachelor Schutzgebietsbetreuung An der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE), bereits 1830 als Höhere Forstlehranstalt gegründet, werden Studierende in grünen Disziplinen wie Forstwirtschaft, Ökolandbau oder Naturschutzmanagement ausgebildet. Der Bachelorstudiengang „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ bietet seit 1993 jährlich circa 50 Studierenden die Möglichkeit, sich mit umweltverträglichen Landnutzungsformen auseinanderzusetzen. Die zahlreichen Absolvent/innen des Studiums sind weltweit tätig. Seit dem Wintersemester 2014/15 können die Studierenden zusätzlich die Vertiefung „Schutzgebietsbetreuung“ wählen. In Modulen wie „Schutzgebietsbetreuung“, „Spezielle Artenkenntnis“ oder „BNE/Umweltbildung“ werden Wissen und Methoden zu der Arbeit in einem Schutzgebiet vermittelt. Das praktische Studiensemester wird bei einer Naturwacht in In- oder Ausland absolviert und Projektarbeiten und Bachelorthesis werden zu aktuellen Themen des Berufs verfasst. Seite VIII Prof. Dr. Vera Luthardt hat die Vertiefung „Schutzgebietsbetreuung“ an der Hochschule in Eberswalde konzipiert. Sie sieht den beruflichen Nachwuchs von den Fachhochschulen kommen. Foto: © Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde WILA Arbeitsmarkt: Frau Luthardt, seit wann sehen Sie den Bedarf, eine Hochschulspezialisierung für die Schutzgebietsbetreuung anzubieten? In meinen vielen Begegnungen mit Naturwächtern in den letzten Jahren wurde verstärkt das auf uns zukommende Problem der zahlreichen Altersausstiege und der immer höher gesetzten Anforderungen an das Wissen und die Kompetenzen der Ranger benannt. Die heute im Beruf Tätigen haben die vielen neuen Befähigungen im Rahmen von Weiterbildungen während ihrer Berufstätigkeit Schritt für Schritt mit aufgesattelt – von Neueinsteigern wird erwartet, dass sie das alles als Grundwissen mitbringen. Unsere Studierenden kommen zum Teil von vorne herein mit diesem Berufswunsch zu uns und die Ausbildung im Bachelor ist gut auf dieses Tätigkeitsfeld zugeschnitten. So lag es nahe, hier im Zuge der Reakkreditierung des Studiengangs eine Vertiefung auszubauen. Mit wem haben Sie bei Konzeption des Studienangebots zusammengearbeitet? Wir haben von Beginn an einen engen Schulterschluss mit allen Akteuren gesucht. An erster Stelle sei die Naturwacht Brandenburg mit ihrem Leiter Herrn Manfred Lütkepohl benannt. Die Studie zur derzeitigen Situation der hauptamtlichen Schutzgebietsbetreuung wurde mitgetragen von dem Bundesverband Beruflicher Naturschutz e.V., dem Bundesverband Naturwacht e.V., Europarc-Deutschland e.V. und dem Verband Deutscher Naturparke e.V. Natürlich mussten wir für den Bachelor werben, aber die Ergebnisse der Studie haben uns dabei sehr unterstützt. Wie haben die ersten Studierenden das Angebot angenommen? Die erste Studierendengruppe ist mit 17 Teilnehmern maximal besetzt. Kurse wie Mediation, Außendarstellung im Naturschutz oder Monitoring stoßen auf rege Beteiligung. Bald geht es in diesem Semester auf Exkursionen zu Gebietsbetreuer/innen in verschiedenen Naturwachtstationen. Wir sind gespannt auf den Austausch zwischen Jung und Alt, der dort entsteht. Wer kann sich bewerben? Das Angebot richtet sich in erster Linie an die Studierenden des Bachelorstudiengangs. Jedoch gibt es auch schon Interessenten aus den forstlichen Studiengängen an der HNEE. Wir sind grade dabei die Voraussetzungen zu schaffen, auch für Quereinsteiger/innen mit einer Ausbildung als GNL das Studium in verkürzter Form zu ermöglichen. .................................................. Links Bundesverband Naturwacht e.V. Die Interessenvertretung der Berufsszene www.bundesverband-naturwacht.de International Ranger Federation Der internationale Verband vernetzt alle Ranger/innen weltweit und lädt regelmäßig zu Berufstreffen ein www.internationalrangers.de Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde Informationen über den Studiengang Landschaftsnutzung und Naturschutz mit Profil Schutzgebietsbetreuung www.hnee.de/sgb Berufsbildungswerk des Sächsischen Garten-, Landschafts- und Wasserbaus Weiterbildungsakademie für „grüne“ Berufssparten www.natur-und-landschaftspfleger.de Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ein weiteres Institut, das aktuell GNL-Lehrgänge anbietet www.stmelf.bayern.de/berufsbildung www.wila-arbeitsmarkt.de
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