Bayerische Staatskanzlei

Bayerische Staatskanzlei
Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, MdL, bei
der Verabschiedung und Amtseinführung des Präsidenten des
Bayerischen Obersten Rechnungshofs am 30. Juni 2016 in der
Residenz
Manuskriptfassung: Es gilt das gesprochene Wort.
- Anrede ein herzliches „Grüß Gott“ im Max-Joseph-Saal – dem schönsten Saal
nördlich der Alpen. Kann ein so prunkvoller Saal der passende Rahmen für
ein Amt sein, bei dem es um Sparsamkeit geht? Kenner der
Landesgeschichte sagen: Ja. König Max I. Joseph hat nicht nur diesen
Saal modernisiert und seinen Namen gegeben, er ist auch der Vater einer
unbequemen bayerischen Institution.
Max I. Joseph wollte die bayerische Staatsschuld zusammenfassen und
binnen 30 Jahren komplett tilgen. Auf Vorschlag von Finanzminister Graf
Montgelas übertrug er 1812 „die Revision und Superrevision dem Obersten
Rechnungshof.“ Die Historiker wissen: Die königlichen Tilgungspläne waren
ebenso ehrgeizig wie erfolglos. Nun haben wir auch einen Plan Bayern
2030 schuldenfrei und ich verkünde hiermit offiziell: Das schaffen wir!
Meine Damen und Herren!
„Für den Staatshaushalt wird es nun ernst.“
Das waren Ihre Worte, Herr Präsident Fischer-Heidelberger, bei der
Vorstellung Ihres Jahresberichts 2016. Darin fahren Sie weiter fort:
„Der anhaltende Zustrom von Asylbewerbern und Flüchtlingen stellt die
Verwaltung vor große Herausforderungen und hinterlässt im Haushalt (…)
tiefe Spuren. (…) Es wird sich schon bald zeigen, ob die Haushaltspolitik
diese Bewährungsprobe besteht“.
Wir schultern für den Asylbereich Ausgaben von über 3,3 Mrd. Euro. Ich
werde ja oft gescholten beim Thema Asyl. Tatsache ist: Kein Land tut so
viel für humane Unterbringung und Integration wie Bayern. Andernorts
müssen Flüchtlinge in Zelten und umgebauten Baumärkten überwintern.
Das hat es in Bayern nie gegeben! Die erste Säule der bayerischen
Flüchtlingspolitik war und ist die Humanität. Das ist gut und richtig so.
Jetzt zeigt sich: Die Bayerische Haushaltspolitik besteht mit Bravour! Die
Kernaussage Ihres Jahresberichts 2016, Herr Präsident, lautet: wir haben
einen „solide finanzierten Haushalt 2016.“ Das kommt aus berufenem
Munde. Das sagt eine unabhängige und kritische Institution, wie der
Bayerische Rechnungshof.
Ich sage: Bayern ist in Deutschland ein Hort an Stabilität und Solidität. Die
weiß-blauen Staats-finanzen sind der Goldstandard in Europa: Seit Jahren
die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung, die niedrigste Zinslast, die höchste
Investitionsquote unter den westdeutschen Flächenländern. Seit 2006
keine neuen Schulden mehr im allgemeinen Haushalt, seit 2012 tilgen wir
Altschulden. In Bayern läuft die Schuldenuhr anders – nämlich rückwärts:
über 3 Milliarden Euro sind bereits getilgt. Das gibt es nirgendwo!
Wir haben die Investitionen auf 6,5 Mrd. Euro gesteigert. Wir haben den
Kommunalen Finanzausgleich auf Rekordniveau gehoben [8,56 Mrd. Euro].
Und wir zeigen uns großzügig beim Länderfinanzausgleich: 5,4 Mrd. Euro.
Auch das Rekordniveau! Wir in Bayern sind solidarisch und solide. Auch
das gibt es sonst nirgendwo!
Wir Bayern sind solidarisch, aber nicht blöde. Das wissen alle, die mit uns
am Berliner Verhandlungstisch saßen. Und das zahlt sich für den Freistaat
und seine Kommunen aus: Der Bund übernimmt die nächsten drei Jahre
die Unterkunftskosten für anerkannte Asylbewerber zu 100%. Wir haben
von den im Koalitionsvertrag vorgesehen 5 Milliarden Euro einen Anteil von
650 Mio. Euro nach Bayern geholt. Wir haben die Regionalisierungsmittel
dynamisiert. Damit steigen die Mittel für das „Bahnland Bayern“ von 1,1
Milliarden auf 1,7 Milliarden bis 2031. Wer den Verhandlungstisch nicht
ehrt, ist den ausgeglichenen Haushalt nicht wert. In Berlin gilt: Mund auf
oder Geldbeutel auf!
Weil wir gut verhandeln und gut wirtschaften, können wir uns in Bayern
etwas leisten. Wir nehmen 2016 knapp 56 Mrd. Euro für die Zukunft in die
Hand. Das sind rund 46 Prozent mehr als zu Beginn meiner Amtszeit. Ich
nenne nur zwei Schwerpunkte.
1. Vorfahrt für Bildung. Diese Steigerung kommt in erster Linie unseren
Kindern zugute und damit unserer Zukunft. Wir stecken jeden dritten Euro
in die Bildung. Wir haben über 50.000 zusätzliche Studienplätze
geschaffen. Wir haben Dutzende neue Schulen gegründet und über 10.000
Lehrer-stellen für neue und zusätzliche Aufgaben zur Verfügung gestellt.
Ich kenne kein Land, das so viel leistet.
2. Bayern bleibt das Land der Inneren Sicherheit. Ohne Sicherheit ist alles
nichts. Wir haben fast 2.800 Stellen für die Polizei und 325 für die Justiz
geschaffen. Die Bayerische Polizei hat so viele Stellen, wie nie zuvor. Bis
2025 wollen wir mehr als 10.000 Polizistinnen und Polizisten neu einstellen.
Kein anderes Land hat seine Polizei so gestärkt wie Bayern.
Wir arbeiten derzeit auf Hochtouren am neuen Doppelhaushalt 2017/18. Ja,
für den Staatshaushalt wird es ernst. Ich habe meine Kabinettskollegen
beauftragt, neue Schwerpunkte zu definieren, Kreativität walten zu lassen.
Die Leitgedanken sind: Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit – daraus
erwächst unsere weiß-blaue Zukunft. Wir werden vier Tage in
Kabinettsklausur gehen. Dort wird unter Schmerzen das Neue geboren.
Eine wuchtige Themenoffensive in zehn Punkten.
So viel vorab: Der Markenkern ausgeglichener Haushalt und das große Ziel
„Bayern 2030 schuldenfrei“ bleiben. Wir tilgen Schulden. Wir investieren in
die Zukunft. Unsere bayerische Solidität müssen wir zum Maßstab machen
im Bund und in Europa. Bayern beweist: Die Soliden sind die
Dynamischen. Und wer solide finanziert ist, braucht auch keine
Nullzinspolitik, keine finanzielle Alchemie, keine Voodoo-Ökonomie!
Von einem solch soliden Premium-Haushalt konnten Max I. Joseph und
sein Finanzminister Graf Graf Montgelas 1812 nur träumen! Denen wäre
das Wasser in die Augen getreten, vor lauter Stolz! Aber vielleicht schauen
sie uns jetzt von oben zu und freuen sich über die historisch soliden
bayerischen Staatsfinanzen. Wenn Sie alle ganz leise sind, hören Sie
vielleicht ein königliches Raunen aus dem Gemäuer: „Hund seid´s scho!“
Meine Damen und Herren!
Wer sich mit der Geschichte beschäftigt, erkennt in den aktuellen
Entwicklungen in Europa eine tiefe Vertrauenskrise. Ich nenne nur das
Referendum in Großbritannien. Darauf müssen wir alle als
Verantwortungselite in Politik und Verwaltung Antworten finden. In einer
Welt der Unübersichtlichkeit, des raschen Wandels und der neuen
Bedrohungen zählen Vertrauen, Sicherheit, Verlässlichkeit.
Die Verbundenheit der Bürgerinnen und Bürger mit unserem Staat hängt
von vielen Faktoren ab. Dazu gehört ganz besonders auch das Vertrauen
darauf, dass mit dem hart verdienten Geld der Steuerzahler sorgsam und
verantwortungsbewusst umgegangen wird. Darauf achtet der Bayerische
Oberste Rechnungshof. Er übernimmt damit eine Schlüsselrolle für die
Funktionsfähigkeit unserer politischen Ordnung.
Wenn es um öffentliche Kassen geht, ist Vertrauen gut, Kontrolle besser.
Den Zusammen-hang zwischen fiskalischer Intransparenz und dem
Zusammenbruch öffentlichen Vertrauens kann man in Griechenland zu
unser aller Leidwesen beobachten. Da geht es um mehr als Geld! Niemand
kann sich wünschen, dass sich die Bürger von ihrem Staat abwenden, in
den Zynismus flüchten oder Populisten nachlaufen.
Vertrauen ist die wichtigste Währung für ein Gemeinwesen. Der ORH in
Bayern übt Kontrolle über die Staatsfinanzen aus. Sie stellen durch ihre
Prüftätigkeit die Transparenz her, aus der neues Vertrauen wächst. Sie
sind Hüter unserer Finanzen. Sie prüfen, beraten, mahnen – all das hat
enorm an Bedeutung gewonnen, in einer Zeit, in der sich die Ansprüche der
Bürger an den Staat von Grund auf geändert haben. Sie tun Dienst an der
Demokratie. Sie leisten einen großen Beitrag dazu, dass Bayern heute so
gut dasteht. Dafür ein herzliches Vergelt´s Gott!
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Dr. Fischer-Heidelberger,
„Amtsinhaber Heinz Fischer-Heidlberger erreicht seine zwölf Jahre (…),
Verlängerung unmöglich.“
Das schreibt der Münchner Merkur und was der Münchner Merkur schreibt,
stimmt – leider.
Sie haben sich einen Ruf als unbequemer Prüfer erarbeitet. Das heißt wohl,
Sie haben Ihre Sache gut gemacht.
„Die Geprüften sind anfangs meist wenig einsichtig, der ORH bleibt hart...“
…schreibt die Zeitung weiter und ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung
bestätigen: Das stimmt auch. Der ORH war unter Ihrer Führung eine
unabhängige, unbequeme und leistungsfähige Institution. Sie haben im
Interesse der Bürger, Steuer-zahler und Behörden für einen effizienten
Einsatz öffentlicher Mittel gekämpft. Das verdient höchste Anerkennung.
Dafür meinen Respekt und Dank.
Lieber Herr Dr. Fischer-Heidlberger,
der Blick auf Ihr erfolgreiches Berufsleben zeigt: Bayern ist das Land der
gelingenden Integration. Wir haben auch schon Menschen aus dem
fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs [Tauberbischofsheim]
erfolgreich integriert und im Bayerischen Staatsdienst über Jahrzehnte
hinweg sozialisiert. Kluge Köpfe kommen eben gerne nach Bayern. Hier
kann man gut studieren, arbeiten und leben. Das schreibt nicht der
Münchner Merkur, aber das stimmt trotzdem.
Sie sind über Schweinfurt und Würzburg in das Bayerische
Staatsministerium des Innern gekommen. In der Bayerischen Staatskanzlei
haben Sie sich in diversen Funktionen bewährt, darunter zwei wichtigen
Abteilungsleitungen. Durch Ihren Einsatz und Ihr Können wurden Sie
Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz. Höher geht es nicht mehr.
Aber unabhängiger: Seit dem 01.07.2004 sind Sie Präsident des
Bayerischen Obersten Rechnungshofs. Seit 2009 Vorsitzender der
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rund-funkanstalten. Seit
2014 sind Sie eine Legende, die beinahe weit weg von München verlagert
worden wäre. Doch Staatsregierung und Mehrheits-fraktion wissen
konstruktive Kritik – nicht medial vermittelt, sondern von Angesicht zu
Angesicht - durchaus zu schätzen.
Ich sehe das wie Sie: „Wir haben nicht gestritten, nur lang diskutiert. (…)
gewonnen hat der Bürger“ Und ich freue mich, dass Sie heute sagen
können: „Ich gehe mit Zufriedenheit in den Ruhestand. Wir haben in den
letzten 12 Jahren viel erreicht.“ Das können Sie mit Fug und Recht
behaupten.
Es freut mich, dass Sie als Träger des Bayerischen Verdienstordens auch
weiterhin den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten im Auge haben. Ihr
guter Ruf, Ihre Erfahrung und Kompetenz sichern Bayern den Vorsitz in der
KEF. Die Ministerpräsidenten der Länder haben Sie erst kürzlich mit 16:0 in
die Verlängerung geschickt. Das wäre doch mal ein Viertelfinale!
Sehr geehrter Herr Hillenbrand,
vom Finale zum Neustart. Meinen Glückwunsch. Sie wissen, was auf Sie
zukommt. Sie bringen hervorragende Voraussetzungen für das Amt des
Präsidenten des Obersten Bayerischen Rechnungshofs mit.
Sie sind seit über dreißig Jahren in der Verwaltung des Freistaats Bayern
tätig und haben dabei alle Behördenebenen durchlaufen. Berufliche
Erfahrung haben Sie in der Obersten Baubehörde, im Landratsamt Dachau
und in diversen Funktionen in den Staatsministerien des Innern sowie für
Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz und in der Bayerischen
Staatskanzlei gesammelt. Dort haben Sie dann die Abteilung Richtlinien der
Politik geleitet und sich ausgiebig mit dem Bayerischen Staatshaushalt
befasst.
Das Amt des Regierungspräsidenten von Oberbayern haben Sie mit viel
Elan angepackt. Wie könnte es anders sein? Chef der bayerischen BoomRegion! Und obendrauf mit Bilderbuchlandschaft, natürlicher Vielfalt und
sozialem Zusammenhalt. Wirtschaft, Verkehr, Verwaltung – der
Regierungsbezirk war bei Ihnen in guten Händen.
Besonderes Lob erhielten Sie für das gute Miteinander aus der
kommunalen Familie - auch von denen, die mit Lob sonst sparsam
umgehen. Als Krisenmanager bei der Hochwasserkatastrophe 2013
konnten Sie Ihr Können erneut unter Beweis stellen. Und als Manager und
Macher während des Flüchtlingsansturms haben Sie sich über Bayern
hinaus einen Namen gemacht. Was Sie während der Notsituation am
Hauptbahnhof in München geleistet haben – organisatorisch, logistisch,
humanitär und ganz persönlich, das war über-menschlich. Das nötigt mir
bis heute größten Respekt ab. Danke!
Sie haben in den zurückliegenden elf Jahren viel für Oberbayern erreicht.
Ich habe Sie als äußerst loyalen, aber auch kritischen Beamten kennen und
schätzen gelernt. Einer, der sich mit seiner Aufgabe identifiziert und seine
ganze Kraft in den Dienst am Allgemeinwohl steckt.
Sie sind bekannt als ein Mann der leisen Töne, der seine Autorität aus
seiner profunden Sach-kenntnis und der Kraft seiner Argumente herleitet.
Das prädestiniert Sie geradezu zum Präsidenten eines Kollegialorgans,
dessen Mitglieder alle mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet sind
und dasselbe Stimmrecht besitzen.
Sie, lieber Herr Hillenbrand, übernehmen an der Spitze des
Rechnungshofes eine verantwortungs-volle Aufgabe. Ich wünsche Ihnen
dazu Gottes Segen, Glück und Erfolg.
Glück auf und alles Gute!
Herr Präsident Dr. Fischer-Heidelberger,
Herr Hillenbrand,
ich darf Sie beide nun zu mir bitten. Ich überreiche Ihnen nun Ihre
Urkunden. Wenn Sie, Herr Hillen-brand – wie Ihr Vorgänger im Amt – mit
Löwenmut über die bayerischen Staatsfinanzen wachen, dann bekommen
Sie auch einmal einem bayerischen Löwen dazu. Ich bin sicher, die Kosten
werden nicht vom ORH kritisiert.